Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

4 51. Der Militärdienst. 533 
endgültig entschieden werden: a) wenn fie durch glaubhafte ärztliche Zeugnisse nach- 
weisen, daß fie dauernd untauglich oder b) nur bedingt tauglich find, oder c) daß 
ihnen nach glaubhaften obrigkeitlichen Zeugnissen Reklamationsgründe aus be- 
sonderen bürgerlichen Verhältnissen zur Seite stehen 1. Militärpflichtige der see- 
männischen und halbseemännischen Bevölkerung dürfen im Auslande durch die 
Commandanten deutscher Kriegsschiffe und Fahrzeuge zum activen Dienst in der 
Marine eingestellt werden; desgleichen Freiwillige der Landbevölkerung, welche sich 
zu vierjährigem activen Dienst verpflichten. 
Die Aushebungs erfolgt entweder zum Dienst mit der Waffe oder zum 
Dienst ohne Waffe oder zum Dienst als Arbeitssoldat. Als Arbeitssoldaten find 
Militärpflichtige nur dann auszuheben, wenn fie zum Dienst mit der Waffe tauglich 
find. Eine versuchsweise Aushebung zur Waffe oder als Arbeitssoldat darf statt- 
finden, wenn die Militärpflichtigen angeben, an Gebrechen zu leiden, deren Vor- 
handensein bei der Gestellung nicht oder nicht in dem behaupteten Grade nach- 
gewiesen werden kann. 
III. Ersatz= und Controlverwaltung. 
Ersatzvertheilung. 
Die Berechnung des Ersatzbedarfs der Truppen geschieht auf Grund der alljährlich 
gegebenen Rekrutirungsbestimmungen. Der Kaiser bestimmt alljährlich die Zahl der 
in das Heer und in die Marine einzustellenden Rekruten (Reichsverfassung Art. 3, 
Abs. 4, Kriegsdienstgesetz § 9). Hiernach wird bei allen Truppen= und Marinetheilen 
der Ersatzbedarf — unter Anrechnung der zum drei= oder vierjährigen Dienst frei- 
willig eintretenden Mannschaften — ermittelt, wobei die Volksschullehrer und 
Candidaten des Volksschulamtes außer Betracht bleiben 3. Der festgestellte Ersatz- 
bedarf wird dem Ausschuß des Bundesraths für das Landheer und die Festungen 
bis zum 1. Mai jedes Jahres mitgetheilt. Die Mittheilung geschieht durch das 
preußische Kriegsministerium, mit Ausnahme der bayerischen Truppen. Der Ersatz= 
bedarf wird durch den Ausschuß des Bundesraths für das Landheer und die 
Festungen auf die einzelnen Bundesstaaten nach dem Verhältniß ihrer Bevölkerung 
vertheilt. Hierbei werden die Reichsausländer und die im activen Dienst befind- 
lichen Militärpersonen nicht gerechnet (Reichs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874, 8 9). 
Die innerhalb des verflossenen Kalenderjahres aus ihren Gebietstheilen freiwillig ein- 
getretenen Mannschaften werden den Bundesstaaten in Anrechnung gebracht. Die 
Vertheilung des Ersatzbedarfs erfolgt nach Land= und see= bezw. halbseemännischer 
Bevölkerung getrennt. Auf diejenigen Bundesstaaten, welche besondere Armeecorps 
bilden, wird nur der Bedarf für diese Armeecorps vertheilt. Die hiernach auf- 
gestellte Bedarfs-(Ersatz= Vertheilung wird den Kriegsministerien, der Admiralität 
und den in der Ministerialinstanz fungirenden obersten Civil-Verwaltungsbehörden 
umgehend mitgetheilt. Tritt später ein unvorhergesehener Ersatzbedarf ein, so wird 
derselbe nachträglich angemeldet und seitens des Bundesrathsausschusses für das 
Landheer und die Festungen auf diejenigen Bundesstaaten vertheilt, aus welchen 
die Truppen= oder Marinetheile sich ergänzen, bei denen dieser unvorhergesehene 
Ersatzbedarf entstanden war. Die hiernach im Verhältniß zu den übrigen Bundes- 
staaten zu viel gestellten Ersatzmannschaften werden jenen Staaten bei der Ersatz- 
vertheilung des nächsten Jahres angerechnet. Die Kriegsministerien vertheilen die 
aufzubringenden Bedarfszahlen auf die Ersatzbezirke ihres Bereichs nach dem Ver- 
hältniß ihrer Bevölkerung und unter Anrechnung der eingetretenen Freiwilligen. 
Darauf vertheilen die Generalcommandos im Einverständniß mit den in dritter 
Instanz fungirenden Civil-Verwaltungsbehörden den aus den Ersatzbezirken ihres 
Bereichs aufzubringenden Ersatzbedarf auf die Infanterie-Brigadebezirke“. Vermag 
— — 
1 Wehrordnung Abschnitt IV, § 42. 4 In Hessen vertheilt das Ministerium des 
* Wehrordnung "7 43. Innern im Einverständniß mit dem Divifions- 
* Wehrordnung §& 51. commando (Wehrordnung § 54, Abs. 2).
	        
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