!* 52. Besondere Arten des Militärdienstes, besonders der Officiersdiensft. 551
nunmehr auf Grund der Wahl durch die ortsanwesenden Seeofficiere und des vom
Director der Marineschule erhaltenen Zeugnisses dem Kaiser zur Beförderung zum
Unterleutnant zur See in Vorschlag gebracht.
Seeleute der Handelsmarine, welche sich über ihre geistige und körperliche Be-
fähigung und außerdem durch günstige Zeugnisse der Schiffsführer über eine auf
Kauffahrteischiffen zurückgelegte Fahrt von 12 Monaten ausweisen und eine Eintritts-
prüfung bestehen, können als Matrosen angestellt und den Seecadetten im Wesent-
lichen gleich behandelt werden.
Die Ergänzung der (Maschinen-)Ingenieur-Officiere der Marine ist
durch Kaiserliche Verordnung vom 7. Mai 1872 (Marineverordnungsblatt 1872,
S. 85, abgeändert ebendort 1878, S. 211) geregelt. Sie müssen, wenn sie zum
Maschinenunteringenieur vorgeschlagen werden, von den Officieren und Mitgliedern
des Maschineningenieurcorps des Stationsortes gewählt sein. Sie werden später
zu Maschineningenieuren und Maschinenoberingenieuren befördert.
Die Ernennung zum Militärarzt setzt die Befähigung als einjährig frei-
williger Arzt! voraus. Nach Ablauf einer sechsmonatlichen Dienstzeit mit der
Waffe und einer vierwöchentlichen Dienstzeit im Sanitätscorps kann die Ernennung
zum Unterarzt im Range eines Degenfähnrichs erfolgen, wenn der Anrzt sich ver-
pflichtet (capitulirt), außer seiner allgemeinen einjährigen Dienstpflicht noch min-
destens ein Jahr weiter zu dienen. Der Unterarzt kann nach einer Dienstleistung
von mindestens drei Monaten, wenn er die medicinische Staatsprüfung bestanden
und ein Zeugniß des Regimentsarztes über seine Befähigung beigebracht hat, nach
Wahl durch die im Offieierrang stehenden Militärärzte der Division zum Asfistenz-
arzt vorgeschlagen werden. Die näheren Bestimmungen über die Sanitätsofficiere
find in der Verordnung vom 6. Februar 1873 (Armeeverordnungsbl. 1873,
S. 103) enthalten, welche auch in Württemberg und in Bayern als württem-
bergische und bezw. bayerische am 13. Juni bezw. 7. Juli 1878 eingeführt find .
Die Verordnung vom 6. Februar 1873 gilt auch für die Kriegsmarine.
Es wird in der Theorie darüber gestritten, ob die Ernennung der Officiere
ein Act der Verwaltung" oder des Oberbefehls ist. Der Streit läßt sich nicht
nach allgemeinen Begriffen, sondern nach dem pofitiven Recht beantworten. Praktisch
bedeutet die Frage, ob die Ernennung eine ministerielle Gegenzeichnung erfordert.
Eine solche mag nach bayerischem Staatsrecht erforderlich sein In Preußen ist
fie nicht erforderlich; wenigstens fand sie thatsächlich nicht statt und sollte nicht
stattfinden, weil Niemand dem Landtage für Ernennungen oder Entlassungen von
Officieren Rede und Antwort zu stehen brauchte. Es ist dies in der Cabinetsordre
vom 18. Januar 18617 zum Ausdruck gebracht. Nun ist das preußische Recht,
nicht so wie es Dieser oder Jener wünschte, sondern wie es thatsächlich geübt
wurde, in das Reichsrecht übernommen 5, und daraus folgt, daß nach wie vor
Ernennungen und Entlassungen (auch Zur-Dispositionstellungen und Penfionirungen)
von Officieren des stehenden Heeres oder der Marine keine Gegenzeichnung brauchen
noch erhalten.
Nach dem allgemein üblichen und dem Sprachgebrauche der Gesetze wie nach dem
Wesen der Sache sind die Officiere nicht Beamte, sondern Soldaten, „Personen
des Soldatenstandes“, und üben sie kein Amt, sondern Dienst (Militärdienst) aus.
Die entgegenstehende Ansicht herrscht allerdings in der Theorie vor?. Der sachliche
1 Oben S. 525; ferner v. Marck, in ! Oben S. 464.
v. Stengel's Wörterbuch, I. Ergänzungsband, s Oben #§ 46.
S. 170# * Siehe Laband, II, S. 656, Zorn, II,
2 Doctortitel ist nicht erforderlich. S. 618 a. a. O. In der Praxis ist die Frage
2 Laband, II, S. 655, Anm. 2. namentlich nach drei Richtungen behandelt: der
4 Dies nehmen an G. Meyer, Verwaltungs= Gerichtshof zur Entscheidung der Competenzcon=
recht, II, S. 103, v. Kirchenheim, in v. Stengel's fslicte nahm an (Justizmin.-Bl. 1870, S. 310),
Wörterbuch, Bd. II, S. 191. daß Ofsiciere Beamte im Sinne des preußischen
* Dies nehmen u. A. an Laband, II, Gesetzes vom 24. Mai 1861 (G.-S. 1861, S. 241);
§ 107, Bornhak. bagegen nimmt die Praxis an, daß fie nicht Be-
" Val. Seydel, Bayer. Staatsrecht, Bd. II, amte seien im Sinne des § 11 des Einführungs-
S. 506. gesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze. Endlich