Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

& 53. Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 573 
Beurlaubtenstand angehörenden Offieciere, Sanitätsofficiere und Ingenieure des 
Soldatenstandes wegen Zweikampfes mit tödtlichen Waffen, wegen Herausforderung 
oder Annahme einer Herausforderung zu einem solchen Zweikampf und wegen 
Cartelltragens; 3) die in § 1, Nr. 6 bezeichneten Personen, auch wenn fie nicht 
zur Dienstleistung zugelassen find, wegen der in Militäruniform begangenen Zu- 
widerhandlungen gegen die militärische Unterordnung; 4) Ausländer und Deutsche 
wegen der in §§ 160 1, 1611 der Militär-Strafgesetzbuchs bezeichneten strafbaren 
Handlungen. 
Die Militärpersonen des activen Heeres und der activen Marine find wegen 
der vor dem Diensteintritte begangenen strafbaren Handlungen der Militärstraf- 
gerichtsbarkeit unterstellt (§ 6), außer bei den nur ihrer Dienstpflicht genügenden, 
wenn vor dem Diensteintritt ein Urtheil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen war 
oder die Entlassung aus dem activen Dienst erfolgt (§ 7); letztere findet statt, 
wenn eine Verurtheilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen zu 
erwarten ist. Die zum Dienste einberufenen Personen des Beurlaubtenstandes treten 
wegen der Zuwiderhandlungen, die sie vor dem Tage, zu welchem sie einberufen 
sind, gegen die allgemeinen Strafgesetze begangen haben, nicht unter die Militär- 
strafgerichtsbarkeit (§ 9). Sie können wegen einer während der Dienstleistung be- 
gangenen strafbaren Handlung den bürgerlichen Gerichten übergeben werden, sofern 
lediglich eine Zuwiderhandlung gegen die allgemeinen Strafgesetze in Frage steht. 
Durch die Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Verhältnisses 
wird hinsichtlich der vorher begangenen strafbaren Handlungen die Zuständigkeit 
der Militärgerichte nicht ausgehoben (§ 10, Abs. 1). Die Militärgerichtsbarkeit 
wird in den Fällen verlängert, wo Militärpersonen des activen Heeres oder der 
activen Marine innerhalb eines Jahres nach Beendigung des die Militärgerichts- 
barkeit begründenden Verhältnisses wegen der ihnen während der Dienstzeit wider- 
fahrenen Behandlung sich einer Beleidigung im Verkehr mit den früheren Vor- 
gesetzten oder mit einer Militärbehörde, oder einer Körperverletzung oder Heraus- 
forderung zum Zweikampf gegenüber einem früheren militärischen, noch im activen 
Dienst stehenden Vorgesetzten schuldig machen (§ 11). Diese Vorschrift bezieht sich 
nicht auf die Kritik in der Presse oder auf Aeußerungen, die zu Dritten, z. B. in 
einem Freundeskreise, gemacht werden, welche Fälle der Aburtheilung durch das 
Civilgericht unterliegen. Eine ausdrückliche Vorschrift über die örtliche Zu- 
ständigkeit fehlt in der Militärstrafgerichtsordnung. In Betracht kommt dabei 
§ 39, Abfs. 2 des Reichs-Militärgesetzes: „Den allgemeinen Gerichtsstand haben die 
Militärpersonen bei dem Gerichte des Garnisonortes . Das erstinstanzliche 
Gericht wird durch den Gerichtsherrn in seinem Befehlsbereich bestimmt (§8§ 25, 27). 
Die Militärstrafgerichtsbarkeit ist in die höhere und die niedere ein- 
getheilt. Letztere erstreckt sich nur auf Personen, welche nicht Officiersrang haben 
(§ 14), und umfaßt die nur mit Arrest bedrohten militärischen Vergehen und die 
Uebertretungen (§ 15), wobei jedoch der höheren Gerichtsbarkeit außer im Felde 
und an Bord diejenigen Fälle vorbehalten sind, in denen die Verhängung einer 
Ehrenstrafe zu erwarten steht. Der niederen Gerichtsbarkeit bleiben außerdem die 
in § 16 bezeichneten Vergehen überlassen, sofern nach dem Ermessen des Gerichts- 
herrn neben einer etwaigen Einziehung keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis 
zu 6 Wochen oder Geldstrafe bis zu 150 Mark, allein oder in Verbindung mit 
einander zu erwarten steht. Die höhere Gerichtsbarkeit erstreckt sich auf alle unter 
der Militärstrafgerichtsbarkeit stehenden Personen und umfaßt alle strafbaren Hand- 
lungen (§ 17). 
Die Militärstrafgerichtsbarkeit wird durch die Gerichtsherren und die er- 
kennenden Gerichte ausgeübt (§ 12). Gerichtsherren im Sinne der Strafprozeß- 
ordnung sind die Befehlshaber, welchen die niedere oder die höhere Gerichtsbarkeit 
nach Maßgabe der Militärstrafprozeßordnung zusteht. Den Gerichtsherren der 
niederen Gerichtsbarkeit stehen Gerichtsofficiere zur Seite. Denen der höheren 
  
1 S. oben S. 565. 2 Sten. Ber. des Reichstages 1897/98, S. 2176.
	        
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