Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

602 Achtes Buch. Reichskriegswesen. 
Letztwillige Verfügungen. 
In Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes können die Militär- 
personen des Friedensstandes, die aus dem Beurlaubtenstande zum Dienst ein- 
bezogenen Officiere, Aerzte, Militärbeamten und Mannschaften, ferner die zum 
Dienst eingestellten Civilbeamten der Militärverwaltung, ferner der sog. Kriegstroß 
(§§ 155 bis 158 des Militär-Strafgesetzbuchs) privilegirte letztwillige Verordnungen 
unter besonders erleichterten Formen gültig errichten. Die Vorrechte dieser Per- 
sonen in Beziehung auf die letztwilligen Verordnungen bestehen allein darin, daß 
sie nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen den für ordentliche letztwillige 
Verfügungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht unterworfen sind (§ 44 des Reichs- 
Militärgesetzes). Die früher bestandenen anderen (materiellen) Bevorzugungen 
des testamentum militare sind durch das Reichs-Militärgesetz ausgehoben. Privi- 
legirte militärische letztwillige Verfügungen sind gültig: a) wenn fie von dem 
Testator eigenhändig geschrieben und unterschrieben find, bö) wenn sie vom Testator 
eigenhändig unterschrieben und von zwei Zeugen oder einem Auditeur mit- 
unterzeichnet sind, c)h wenn sie von einem Auditeur oder Officier, unter Zu- 
ziehung zweier Zeugen oder noch eines Auditeurs oder Officiers, über die münd- 
liche Erklärung des Testators eine schriftliche Verhandlung aufgenommen und diese 
dem Testator vorgelesen, sowie von dem Auditeur oder Officier und den 
Zeugen bezw. von den Auditeuren oder Officieren unterschrieben ist. Bei ver- 
wundeten oder kranken Militärpersonen können die unter b) und c) erwähnten 
Auditeure und Officiere durch Militärärzte oder höhere Lazarethbeamte oder 
Militärgeistliche vertreten werden. Die Zeugen sind Beweiszeugen; sie brauchen 
nicht die Eigenschaft von Instrumentszeugen zu haben, und es kann die Aussage 
eines derselben für vollständig beweisend angenommen werden. Pridvilegirte mili- 
tärische letztwillige Verfügungen verlieren ihre Gültigkeit mit dem Ablauf eines 
Jahres von dem Tage ab, an welchem der Truppentheil, zu dem der Testator ge- 
hört, demobil gemacht ist, oder der Testator aufgehört hat, zu den mobilen Truppen 
zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes 
entlassen ist. Der Lauf dieser Frist wird durch anhaltende Unfähigkeit des Testators 
zur Errichtung einer anderweiten letztwilligen Verordnung suspendirt. 
Diese Vorschriften (des § 44 des Reichs-Militärgesetzes) finden nach Art. 44 des 
Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch entsprechende Anwendung auf Per- 
sonen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes der Kaiserlichen Marine 
gehören, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet oder 
die Personen als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes find, 
ingleichen auf andere an Bord eines solchen Schiffes genommene Personen, solange 
DSchif sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet und die Personen an 
ord sfind 7. 
  
Beurkundung des Personenstandes. 
§ 71 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe- 
schließung vom 6. Februar 1875 (R.-G.-Bl. 1875, S. 28) bestimmt: „In welcher 
Weise die Verrichtungen der Standesbeamten in Bezug auf solche Militärpersonen 
wahrzunehmen sind, welche ihr Standquartier nicht innerhalb des Deutschen Reichs, 
oder dasselbe nach eingetretener Mobilmachung verlassen haben, oder welche sich auf 
den in Dienst gestellten Schiffen oder anderen Fahrzeugen der Marine befinden, 
wird durch Kaiserliche Verordnung bestimmt.“ Auf Grund dieser Ermächtigung 
verordnete der Kaiser, daß Sterbefälle von Militärpersonen auf den in Dienst ge- 
stellten Schiffen und anderen Fahrzeugen der Kaiserlichen Marine von dem zu- 
ständigen Marine-Stationscommando unter Uebersendung der darüber von dem 
Commando des Schiffes oder Fahrzeuges ausgenommenen Urkunden dem Standes- 
  
  
1 Vgl. hierzu Laband, II, S. 695 foeichsgeeh S. 584, v. Seydel, in Hirth's 
Mandry, Der eivilrechtliche Einfluß der Annalen 1875, S. 1485.
	        
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