8 55. Sonstige Rechtsverhältnisse der Militärpersonen. 605
betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873, R.-G.-Bl.
1873, S. 61). Die ertheilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich. Eine gericht-
liche oder militärgerichtliche Strafandrohung schützt die Befolgung dieser Vorschriften
nicht; diese wird durch die Disciplinarstrafgewalt gesichert. Nach außen hin und
Dritten gegenüber find die ohne die vorgeschriebene Genehmigung vorgenommenen
Gewerbshandlungen gültig.
Vormundschaften.
„Die Militärpersonen des Friedensstandes und die Civilbeamten der Militär-
verwaltung können die Uebernahme von Vormundschaften ablehnen und find zu
deren Uebernahme nur mit Genehmigung ihrer Vorgesetzten berechtigt“ (§ 41 des
Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874). Obwohl nach § 1785 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs die Ablehnung einer Vormundschaft nur aus den in den §§ 1780 bis
1784 daselbst bestimmten Gründen erfolgen darf, muß doch die Vorschrift in § 41
des Reichs-Militärgesetzes noch als gültig gelten, da nach Art. 32 des Einführungs-
gesetzes zum Bürgerl. Gesetzbuch die Vorschriften der Reichsgesetze in Kraft bleiben
und nur insoweit außer Kraft treten, als sich aus dem Bürgerl. Gesetzbuch oder
dem Einführungsgesetz zum Bürgerl. Gesetzbuch die Aufhebung ergiebt.
Politische Rechte.
„Für die zum activen Heere gehörigen Militärpersonen, mit Ausnahme der
Militärbeamten, ruht die Berechtigung zum Wählen sowohl in Betreff der Reichs-
vertretung als in Betreff der einzelnen Landesvertretungen. Eine Vereinigung der
hiernach wahlberechtigt bleibenden Militärpersonen zu besonderen Militär-Wahl-
bezirken für die Wahl der auf indirektem Wahlrecht beruhenden Landesvertretungen
darf nicht stattfinden. — Die Theilnahme an politischen Vereinen und Versamm-
lungen ist den zum activen Heere gehörigen Militärpersonen untersagt“ (§ 49 des
Reichs-Militärgesetzes). Wegen des Reichstages und überhaupt der Frage, welche
Militärpersonen vom Wählen ausgeschlossen sind, ist das Nähere oben S. 117
bemerkt. Bei Berechnung der Seelenzahl für die Feststellung der Urwahlbezirke in
Preußen find die Militärpersonen mitzurechnen, da ihr Wahlrecht nicht aufgehoben
ist, sondern nur ruht 1.
Was vom activen Heere in § 49 des Reichs-Militärgesetzes vorgeschrieben ist,
gilt zweifellos auch von der activen Marine . Bezüglich der Berechtigung, zu
Communalämtern zu wählen und gewählt zu werden, gilt das Landesrecht. Jeden-
salls bedürfen active Militärpersonen zur Annahme von Aemtern in der Verwaltung
und Vertretung von kirchlichen und politischen Gemeinden und weiteren Communal=
W’ml der Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten (§ 47 des Reichs-Militär-
gesetzes).
Das Verbot, an politischen Versammlungen und Vereinen theilzunehmen, war
schon vorher den Angehörigen des altiven Heeres und der activen Marine auf-
erlegt. So bestimmte § 22 der Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche
Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs= und Ver-
einigungsrechtes vom 11. März 1850 (G.-S. 1850, S. 277): „Zuwiderhandlung
gegen die Vorschrift des Artikels 38. der (preußischen) Verfassungs-Urkunde vom
31. Januar 1850, welcher lautet:
„Die bewaffnete Macht darf weder in noch außer dem Dienst berath-
schlagen, oder sich anders, als auf Befehl versammeln. Versammlungen
und Vereine der Landwehr zur Berathung militairischer Einrichtungen, Be-
fehle und Anordnungen find auch dann, wenn dieselbe nicht zusammenberufen
ist, untersagt",
— —
1 Siehe Arndt, Preuß. Verfass., 3. Aufl., 2 S. auch § 2 des Reichstagswahlgesetzes
Anm. 1 zu ⅜ 9 der Wahlordnung vom 30. Mai vom 31. Mai 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S. 145), La-
1849 (S. 232). band, II, S. 688.