Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

IIEMIEIIIIIIIIt 621 
Zur Beschaffung und Erhaltung des kriegsmäßigen Pferdebedarfs der 
Armee find alle Pferdebesitzer verpflichtet, ihre zum Kriegsdienst für tauglich er- 
klärten Pferde gegen Ersatz des vollen, von Sachverständigen unter Zugrundelegung 
der Friedenspreise! festzustellenden Werthes an die Militärbehörde zu überlassen 7. 
Befreit hiervon find nur: 1) Mitglieder regierender deutscher Familien; 2) die Ge- 
sandten fremder Mächte und das Gesandtschaftspersonal; 3) Beamte im Reichs- 
oder Staatsdienste hinsichtlich der zum Dienstgebrauch, sowie Aerzte und Thierärzte 
hinsichtlich der zur Ausübung ihres Berufs nothwendigen Pferde; 4) die Posthalter 
hinsichtlich derjenigen Pferdezahl, welche von ihnen zur Beförderung der Posten 
contractmäßig gehalten werden muß (§ 25). Uebertretungen der von den Landes- 
regierungen hinsichtlich der Anmeldung und Stellung der Pferde zur Vormusterung, 
Musterung oder Aushebung getroffenen Anordnungen werden mit einer Geldstrafe 
bis zu 150 Mark bestraft (§ 27). Der ermittelte Werth ist aus den bereitesten 
Beständen der Kriegskasse baar zu vergüten. Die Kosten des Aushebungs= und 
Abhebungsgeschäfts trägt das Reich. 
Unterstützung von Familien in den Dienst eingetretener 
Mannschaften. 
Die Familien der Mannschaften der Reserve, Landwehr, Ersatzreserve, Seewehr 
und des Landsturms erhalten, sobald diese Mannschaften bei Mobilmachungen oder 
sonstigen Verstärkungen 3 des Heeres oder der Flotte in den Dienst eintreten, im 
Falle der Bedürftigkeit Unterstützungen nach näherer Bestimmung des Gesetzes, be- 
treffend die Unterstützung von Familien in den Dienst eingetretener Mannschaften, 
vom 28. Februar 1888 (R.-G.-Bl. 1888, S. 59). Familien der Personen des 
Friedensstandes haben keinen Anspruch. Doch besteht der Anspruch auch bezüglich 
der Familien derjenigen Mannschaften, welche zur Disposition der Truppen- 
(Marine-heile beurlaubt sind, sowie derjenigen Mannschaften, welche das wehr- 
pflichtige Alter überschritten haben und freiwillig in den Dienst treten, selbstredend, 
sobald diese Mannschaften bei Mobilmachungen oder nothwendigen Verstärkungen 
in den Dienst eintreten. Der Anspruch aus dem Gesetze vom 28. Februar 1888 
ist im Rechtswege nicht verfolgbar (§ 6 dieses Gesetzes) und auch nicht als gesetz- 
licher Anspruch im Sinne des § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen". 
Der Ausdruck „Mannschaften" schließt die Angehörigen der Officiere und Militär- 
beamten aus. Der Anspruch besteht (§ 2) nur zu Gunsten a) der Ehefrau des 
Eingetretenen und dessen ehelichen und den ehelichen gesetzlich gleichstehenden Kindern 
unter 15 Jahren, sowie b) dessen Kindern über 15 Jahren, Verwandten in auf- 
steigender Linie und Geschwistern, insofern sie von ihm unterhalten wurden oder 
das Unterhaltungsbedürfniß erst nach erfolgtem Diensteintritt desselben hervor- 
getreten ist. Unter den unter b) bezeichneten Voraussetzungen kann den Ver- 
wandten der Ehefrau in aufsteigender Linie und ihren Kindern aus früherer Ehe 
eine Unterstützung gewährt werden. Entfernteren Verwandten, geschiedenen Ehe- 
frauen und unehelichen Kindern steht ein solcher Unterstützungsanspruch nicht zu. 
Die Verpflichtung zur Unterstützung liegt den nach § 17 des Gesetzes Über 
die Kriegsleistungen gebildeten Lieferungsverbänden obs, und zwar dem 
Verbande, innerhalb dessen der Unterstützungsbedürftige bei Beginn des Unter- 
stützungsanspruchs seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§§ 8, 4). Sind mehrere 
Bedürftige vorhanden, die in verschiedenen Lieferungsverbänden ihren gewöhnlichen 
Aufenthalt haben, so hat jeder Verband für die in seinem Bezirk sich Aufhaltenden 
zu sorgen. x 
  
1 D. h. die durch Krieg bezw. Kriegsgefahr oder noch zu erlassenden Reglements. 
lesborgeruftne Werthsveränderung soll unberück- *s Es handelt sch also nicht um eine sog. 
chtigt bleiben. Kriegsleistung; vgl. Laband, II, S. 769. 
Die Ausführungsverordnung vom 1. April 4 S. Planck, Comm. zu § 616 des Bürgerl. 
1876, I, verweist hierbei bezüglich des Verfahrens Gesetzbuchs. 
auf die von einzelnen Bundesstaaten erlassenen 5 Oben S. 620.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.