Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

622 Achtes Buch. Reichskriegswesen. 
Das Gesetz (§5 5) bestimmt nur den Mindestbetrag der Unterstützung. 
Dieser beläuft sich: a) für die Ehefrau während der Monate Mai, Juni, Juli, 
August, September, Oktober auf je 6, in den übrigen Monaten je 9 Mark, b) für 
jedes Kind unter 15 Jahren, sowie für jede der in § 2b1 bezeichneten Personen 
auf monatlich 4 Mark. In den Fällen, wo der Lieferungsverband zu einer Unter- 
stützung (z. B. an Schwiegereltern und Stiefkinder) nur berechtigt, nicht verpflichtet 
ist, wird weder ein Maximum noch ein Minimum vom Gesetz vorgeschrieben. 
Anstatt eines Theils des Baargeldes kann nach Ermessen des Lieferungsverbandes 
Lieferung von Brodkorn, Kartoffeln, Brennmaterial u. s. w. eintreten. Unter- 
stützungen, welche Privatpersonen (z. B. der Arbeitgeber) oder Privatvereine (Unter- 
stützungskassen) gewähren, dürfen auf die im Gesetze vorgeschriebenen Mindestbeträge 
nicht angerechnet werden. Ob Unterstützungen, welche aus öffentlichen Mitteln 
fließen, angerechnet werden dürfen, ist fraglich, indeß zu verneinen 2. Wenn die 
Unterstützungen aus Armenverbänden fließen, kann der Armenverband in Höhe des 
von ihm Geleisteten Erstattung vom Lieferungsverband beanspruchen ?. Die be- 
bewilligten Unterstützungen sind in halbmonatlichen Raten vorauszubezahlen (§8 10, 
Abs. 1). Rückzahlungen von vorausbezahlten Beträgen finden auch dann nicht 
statt, wenn der in den Dienst Eingetretene vor Ablauf des halben Monats zurück- 
kehrt. Der Hin= und Rückmarsch gilt mit als Zeit der Einberufung, ebenso die 
Zeit, während welcher der Eingetretene als krank oder verwundet in die Heimath 
beurlaubt ist. Wenn der Eingetretene vor seiner Rückkehr verstirbt oder vermißt 
wird, so werden die Unterstützungen so lange gewährt, bis die Formation, welcher 
er angehörte, auf den Friedensfuß zurückgeführt oder aufgelöst wird. Insoweit 
jedoch den Hinterbliebenen auf Grund des Gesetzes vom 27. Juni 1871 Be- 
willigungen" gewährt werden, fallen die durch das Gesetz vom 28. Februar 1888 
geregelten Unterstützungen fort 5, also der Eingetretene fällt z. B. im Kriege oder 
erleidet einen Unfall im Kriege oder im Frieden . Die bewilligte Unterstützung 
wird (§ 11) wieder eingestellt, falls der Eingetretene nach seinem Eintritt in den 
Dienst a) der Fahnenflucht sich schuldig macht oder b) durch gerichtliches Er- 
kenntniß zu Gefängnißstrafe von länger als sechsmonatlicher Dauer oder zu einer 
Briten Strafe verurtheilt wird, und zwar bis zu seinem Wiedereintritt in den 
ienst 7. 
In jedem Lieferungsverbande entscheidet „#endgültig“, d. i. unter Ausschluß des 
Rechtsweges und der Beschwerde, eine Kommission sowohl über die Unterstützungs- 
bedürftigkeit als auch unter Beachtung der gesetzlichen Mindestbeträge über Umfang 
und Art der Unterstützungen. Die Kommission fällt zusammen mit der gesetzlich 
anerkannten corporativen Vertretung des Lieferungsverbandes; wo eine solche Ver- 
tretung fehlt, wird diese durch die Landesregierung bestellt, wo eine solche Ver- 
tretung zwar vorhanden, ihr Vorsitzender aber von der Landesregierung weder er- 
nannt oder bestätigt ist, darf sie den Vorsitzenden mit Stimmrecht ernennen. Die 
Kommission kann nur beschließen, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder an- 
wesend ist. Sie kann Auskunft von der Gemeindebehörde erfordern, diese auch zu 
ihren Verhandlungen zuziehen. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit ge- 
faßt, bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende; der etwa zur Hülfsleistung 
vom Bezirkscommando beigeordnete Officier und die zugezogene Gemeindebehörde 
nehmen an der Abstimmung nicht Theil. In einem Lieferungsverbande können 
auch mehrere Kommissionen gebildet werden. Bei nicht genügender Sicherstellung 
der zur Gewährung der Unterstützungen erforderlichen Mittel durch die Verfassung 
des Lieferungsverbandes kann die Landesregierung für den Verband die nöthigen 
  
1 Oben S. 621. stützung aus öffentlichen Mitteln erfolgt, der An- 
2 Anderer Ansicht auf Grund des arg. e spruch aus dem Gesetze vom 28. Februar 1888 
contrario Laband, II, S. 770; siehe weiter fortbesteht. 
—— 
  
unten. · Oben S. 596. 
* Oben ô 29. 7! Solche Fälle find vom Truppenbefehls- 
4 Oben § 54. haber daher den betheiligten Kommissionen schleu- 
  
5 Durch argum. e contrario folgt, daß in nigst mitzutheilen. 
allen 7 Fällen, auch wenn die Unter-
	        
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