§ 59. Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten. 647
Die Genehmigung zu einem Nebenamt, einer Nebenbeschäftigung oder zum
Eintritt in den Vorstand, Verwaltungs= oder Auffichtsrath einer Erwerbsgesellschaft
ist jederzeit widerruflich. Auf Wahlkonfsuln und einstweilen in den Ruhestand ver-
setzte Beamte finden diese Bestimmungen keine Anwendung, auch nicht auf die nicht-
ständigen Mitglieder des Patentamtes und des Reichs-Versicherungsamtes, da diese
nicht oder insoweit nicht Beamte im Sinne des Reichsbeamtengesetzes find.
Haftung der Reichsbeamten und Haftung des Reiches
für Reichsbeamte.
l 13 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom
31. März 1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 61): „Jeder Reichsbeamte ist für die Gesetz-
mäßigkeit seiner amtlichen Handlungen verantwortlich“, welcher sich auch auf die
nur mittelbaren Reichsbeamten bezieht, legt für alle amtlichen Handlungen wie Unter-
lassungen die volle dienstliche, privat= und strafrechtliche Verantwortlichkeit auf. Beie
der privatrechtlichen Verantwortlichkeit bleibt es sich gleich, ob der Benachtheiligte der
Fiskus oder eine Privatperson ist 1. Der Beamte haftet jedoch nur für eine gesetzwidrige,
nicht für eine bloß unzweckmäßige Amtsführung 2. Führt der Beamte lediglich den
Befehl seines Vorgesetzten aus, so ist er nicht verantwortlich, wenn der Befehl in
gehöriger Form erlassen ist und in abstracto innerhalb der Zuständigkeit des Be-
fehlenden liegt5. Unfähigkeit und Unwissenheit befreien nicht von der Ver-
antwortung". Doch kann Rechtsirrthum ausnahmsweise von der Verhaftung be-
freien, wenn die Rechtsvorschriften selbst an Unklarheiten oder Zweideutigkeiten
leiden oder ungewöhnlich verwickelte Thatbestände die richtige Gesetzesanwendung
behindert habens.
Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt die Haftung des Beamten sowohl dem Staate
wie jedem Dritten gegenüber durch folgende Vorschriften:
§ 839: „Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit
zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der
Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Verletzt ein Beamter bei dem Urtheil in einer Rechtssache seine Amts-
pflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verant-
wortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen
Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Auf eine
pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet
diese Vorschrift keine Anwendung.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verrletzte vorsätzlich oder
fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels
abzuwenden.“ «
8 841: „Ist ein Beamter, der vermöge seiner Amtspflicht einen
Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche
Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von Rechts-
geschäften bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung dieser Pflichten neben
dem Anderen für den von diesem verursachten Schaden verantwortlich, so ist
in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein verpflichtet.“
1 Vgl. Erk. des Reichsgerichts vom 19. März zur Verwaltung des Amtes gehören. Der
1889, Entsch. in Civilf., Bd. XXIII, S. 326. angel an Bildung schließt die Haftung wegen
* S. das in Anm. 1 cit. Erk. des Reichs- Versehen, welche er als Beamter zu vertreten
gerichts. hat, nicht aus.“
3 S. oben S. 643. 5 Erk. des Reichsgerichts vom 24. September
4 Erk. des Reichsger. in Gruchot's Bei1855 und 26. November 1888 in Gruchot's
trägen, Bd. XXVIII, S. 970: „Wer ein Amt Beiträgen, Bd. XXX, S. 137, und Bd. XXXIII,
übernimmt, muß dafür aufkommen, daß er dieS. 1117.
jenigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, welche