§ 59. Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten. 665
Sinne dieser Vorschrift find nicht die Erben als solche, sondern nur die Wittwe,
eheliche Kinder und Enkel (diese auch, wenn sie die Erbschaft ausgeschlagen haben
oder enterbt find). Den ehelichen Kindern sind gleich zu achten die durch nach-
folgende Ehe legitimirten, nicht aber adoptirte Kinder, Pflegekinder, Pflege-
eltern u. s. w., auf welche §5 8 Anwendung findet. Ob sich die Ehefrau, die Kinder
und Eltern in der Hausgemeinschaft des Verstorbenen befunden haben, ist un-
erheblich; auch die Hinterbliebenen eines Selbstmörders haben auf das Gnaden-
quartal Anspruch. War die Ehe vor dem Tode rechtskräftig geschieden, so entfällt
der Anspruch. Das Reichsgesetz beschränkt den Anspruch, auch wenn die Besoldung
vierteljährlich im Voraus gezahlt war, auf das Vierteljahr, welches dem Sterbe-
monat folgt, während das preußische Recht das Gnadenquartal erst nach dem Ab-
laufe des Vierteljahres beginnen läßt, in welchem der Tod erfolgte. Das
Reichsrecht gewährt sonach nur einen Sterbemonat, das preußische Recht ein
Sterbeguartal. Was für den Sterbemonat an dessen ersten Tage dem Ver-
storbenen gebührte, gehört zum Nachlaß und unterliegt ganz der Beschlagnahme 1.
Der Anspruch der Hinterbliebenen umfaßt (§ 7) außer dem Gehalt auch die
sonstigen, aus Reichsmitteln gewährten Dienstemolumente (auch Naturalbezüge,
Wohnungs= und Miethsentschädigung, Repräsentationsgelder), soweit die Emolumente
nicht als Vergütung für baare Auslagen zu betrachten sind. Auf Gehaltszulagen
oder bei Beförderung auf das höhere Einkommen der neuen Stelle haben die Hinter-
bliebenen keinen Rechtsanspruchs, wenn der Beamte vor dem Empfange der
Verfügung oder vor dem ausdrücklich festgesetzten Bezugstermine der neuen Stelle
gestorben ist 5. Der Anspruch der Hinterbliebenen besteht unverkürzt, wenn ein
suspendirter Beamter vor der Rechtskraft des die Amtsentsetzung aussprechenden
oder gesetzlich nach sich ziehenden Erkenntnisses stirbt", wenn ein Beamter, dem ge-
kündigt ist, vor Ablauf der Kündigungsfrist stirbt, wenn ein Beamter zwar nach
Empfang der Entscheidung, aber doch vor dem Termine, mit welchem er in den
einstweiligen Ruhestand treten sollte, in dem einstweiligen oder dauernden Ruhe-
stand oder während einer längeren, mit theilweiser oder gänzlicher Einbehaltung des
Gehaltes verbundenen Beurlaubung 5 oder auch während unerlaubter Entfernung
vom Dienste verstirbt ", weil sich der Beamte in allen diesen Fällen zur Zeit des
Todes noch im Besitze seiner Beamtenrechte befunden hat. Was dem Verstorbenen
im Voraus für das Gnadengquartal gezahlt ist, müssen die Hinterbliebenen sich an-
rechnen lassen. An wen von den Hinterbliebenen die Zahlung des Gnadenquartals
zu leisten ist, bestimmt nach ihrem Ermessen die vorgesetzte Dienstbehörde. Für die
Pfändung des Sterbe= und Gnadengehaltes kommen die Vorschriften in § 850,
Abs. 1, Ziff. 8 und Abs. 3 der Civilprozeßordnung zur Anwendung ?7.
Im Falle der Bedürftigkeit kann (§ 8), ohne daß ein Rechtsanspruch darauf
besteht, mit Genehmigung der obersten Reichsbehörde auch anderen Hinterbliebenen,
und zwar Eltern (nicht Stiefeltern), Geschwistern (nicht Stiefgeschwistern), Geschwister-
kindern oder Pflegekindern (auch Adoptivkindern), wenn der Verstorbene ihr Er-
nährer war, oder jedem Dritten, der den Verstorbenen verpflegt oder die Kosten der
letzten Krankheit und des Begräbnisses bestritten hat, das Gnadenquartal gewährt
werden.
Reise= und Umzugskosten.
Das Reichsbeamtengesetz erkennt in § 18 das Recht der Reichsbeamten auf
Ersatz der baaren Auslagen bei dienstlicher Beschäftigung und Verwendungen, bei
dienstlich veranlaßten Umzügen an. Derjenige, welcher zum Antritte des ersten
Amtes reist, ist noch nicht „bei dienstlicher Beschäftigung“ und hat auf Reise= und
Umzugskosten keinen Anspruch. Die Höhe der Entschädigung soll durch eine im
1 Pieper, S. 37. ung 1841, S. 149 und 204.
2 S. jedoch oben S. 642. Oben S. 644.
2 Pieper, S. 39. " Lieper: S. 39 f.
4 Vgl. Min.-Bl. für die ges. innere Verwall S. oben S. 650.