§ 59. Die Rechtsverhältuisse der Reichsbeamten. 671
Monate ununterbrochen gedauert hat und nicht bereits als Kriegsjahr (§ 49) zu
erhöhtem Ansatz kommt. Seereisen außerhalb der Nord= und Ostsee rechnen hierbei
der Verwendung in Afrika gleich 1.
Die Dienstzeit, welche vor den Beginn des 21. Lebensjahres fällt, bleibt außer
Berechnung (Gesetz vom 21. April 1886, R.-G.-Bl. 1886, S. 80). Nur die in
die Dauer eines Krieges fallende und bei einem mobilen oder Ersatz-Truppentheile
abgeleistete Militärdienstzeit kommt, ohne Rücksicht auf das Lebensalter, zur An-
wendung. Als Kriegszeit gilt in dieser Beziehung die Zeit vom Tage einer an-
geordneten Mobilmachung, auf welche ein Krieg folgt, bis zum Tage der Demobil-
machung (§ 48). Für jeden Feldzug, an welchem ein Reichsbeamter im Reichsheere,
in der Kaiserlichen Marine oder in der Armee eines Bundesstaates derart theil-
genommen hat, daß er wirklich vor den Feind gekommen oder in dienstlicher
Stellung den mobilen Truppen in das Feld gefolgt? oder auf einem zur Ver-
wendung gegen den Feind bestimmten Schiffe oder Fahrzeuge der Keiserlichen
Marine eingeschifft gewesen ist , wird ihm zu der wirklichen Dauer der Dienstzeit
ein Jahr hinzugerechnet. Ob eine militärische Unternehmung in dieser Beziehung
als ein Feldzug anzusehen ist und inwiefern bei Kriegen von längerer Dauer
mehrere Kriegsjahre in Anrechnung kommen, darüber wird in jedem einzelnen Falle
durch den Kaiser Bestimmung getroffen 5. Für die Vergangenheit bewendet es bei
den hierüber in den einzelnen Bundesstaaten getroffenen Bestimmungen. In Preußen
gelten als Kriegsjahre die Kämpfe 1848, 1849 und 1850 in Schleswig-Holstein,
der Pfalz, Baden, Posen und Sachsen, 1864“" gegen Dänemark, 1866 gegen Oester-
reich s und 1870/71 gegen Frankreich“.
Inwieweit Festungsarrest oder Kriegsgefangenschaft auf die Dienstzeit an-
gerechnet werden kann, bestimmt sich (§ 50) nach § 24 des Gesetzes, betreffend die
Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und der Kaiser-
lichen Marine, sowie die Bewilligungen für die Hinterbliebenen solcher Personen,
vom 27. Juni 1871 (R.-G.-Bl. 1871, S. 275), d. h. es hängt dies bei Angehörigen
des stehenden Heeres vom Ermessen des Contingentsherrn, bei Angehörigen der
Kaiserlichen Marine vom Kaiser ab.
Den gesandtschaftlichen und den befoldeten Konsulatsbeamten, welche in außer-
europäischen Ländern eine längere als einjährige Verwendung gefunden haben, wird
die daselbst zugebrachte Dienstzeit bei Verwendung in Ost= und Mittelafien, Mittel-
und Südamerika bei der Pensionirung doppelt in Anrechnung gebracht (§ 51).
Bei Verwendung in anderen außereuropäischen Ländern bestimmt der Bundesrath,
ob eine doppelte Anrechnung erfolgt. Solche Bestimmungen find am 18. November
1880 (Centr.-Bl. für das Deutsche Reich 1880, S. 773, Südsee) und am
21. Januar 1886 (ebenda 1886, S. 55, Togo, Kamerun, Südwestafrika, Sansibar)
getroffen 7.
Mit Genehmigung des Bundesraths kann auch die Zeit angerechnet werden
(§ 52)8, während welcher ein Beamter 1) im In= oder Auslande als Sachwalter
oder Notar fungirt, im Gemeinde-, Kirchen= oder Schuldienst oder im Dienste einer
landesherrlichen Haus= oder Hofverwaltung sich befunden, oder 2) im Dienste eines
dem Reiche nicht angehörigen Staates gestanden hat, oder 3) außerhalb des Dienstes
des Reiches oder eines Bundesstaates praktisch beschäftigt gewesen ist, insofern und
1 § 11 des Gesetzes, betreffend die Kaiser-
liche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, vom
.März 1891 (R.-G.-Bl. 1891, S. 53) und
2 des Eesehes, betreffend die Kaiserlichen
chutztruppen
run, vom 9. Juni 1895 (R.-G.-Bl. 1895, S. 258);
s. auch oben S. 591.
21 S. hierzu das Erk. des Reichsger. v. 21. März
1893 bei Pieper S. 173.
#s Solche Bestimmungen ergingen im Min.=
Bl. für die innere Verwaltung 1885, S. 102,
1889, S. 83, 1891, S. 265, 1892, S. 195,
ür Südwestafrika und für Kame-S
1892, S. 267, 1893, S. 81, 1894, S. 172,
1895, S. 227. Der Straßenkampf in Berlin
gilt nicht als Feldzug.
4 Min.-Bl. für die innere Verwaltung 1864,
. 21.
S Austiz. Minist. Bl. 1871, S. 150, 1875,
Min.-Bl. f. die innere Verwaltung 1871,
S. 159.
7 S. auch Pieper S. 179 ff.
6# Selbstverständlich auch sonst vom vollendeten
21. Lebensjahre an.