Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 59. Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten. 675 
zu entheben sei, und über die Verhängung von Ordnungsstrafen find für die Be- 
urtheilung der vor dem Gerichte geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche 
maßgebend (§ 155). Darüber, ob überhaupt die Behörde das Recht der Kündigung 
oder des Widerrufs hat, ist der Rechtsweg gestattet. In allen anderen Fällen als 
in den durch § 155 aufgezählten ist der Rechtsweg gestattet, auch z. B. wegen 
unzureichender Bemessung der Amtskostenentschädigung und Umzugskosten #H 
Schlußbemerkungen. 
Das Reichsbeamtenrecht ist nahezu vollständig dem preußischen Rechte nach- 
gebildet. Die Vorschriften über die Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche 
correspondiren mit dem Gesetze, betreffend die Erweiterung des Rechtsweges, vom 
24. Mai 1861 (Preuß. G.-S. 1861, S. 241). 
Reichstagsbeamte find zwar Beamte des Reiches?, aber nicht Reichsbeamte. 
Sie haben aber nach der Vorschrift in § 156 des Reichsbeamtengesetzes die Rechte 
und Pflichten der Reichsbeamten. Ihre Anstellung erfolgt durch den Reichstags- 
präfidenten, welcher oberste und unmittelbar vorgesetzte Behörde in einer Person ist, 
sie vereidigt, ihre Dienstbezüge festsetzt, die Disciplin über sie ausübt und über 
ihre Suspension wie über ihre Pensionirung entscheidet. Ihr Gehalt beziehen sie 
aus der Reichskasse. Ueber ihre vermögensrechtlichen Ansprüche ist nach den für 
Beamte gegebenen Maßnahmen der Rechtsweg offen. 
Ein Eheconsens bezw. die Zustimmung der Vorgesetzten zur Eheschließung ist 
bei Reichs-Civilbeamten nicht erforderlich §.8 
Die Beamten der Reichsbank unterstehen den Vorschriften für Reichsbeamte; 
s. z. B. auch Verordnung vom 26. Juli 1897 (R.-G.-Bl. 1897, S. 613). Titel, 
Rang und Uniform der Reichsbeamten werden durch Kaiserliche Verordnung bestimmt 
(§ 17). Allerdings betrifft diese Bestimmung unmittelbar nur Ehren-, nicht Ver- 
mögensrechte, sie ist aber, da z. B. Umzugs= und Reisekosten von der Rangstellung 
abhängen, von vermögensrechtlicher Bedeutung. Es ist anzunehmen, daß der Kaiser 
Rangerhöhungen auch bei ganzen Beamtenklassen allein und ohne Gesetz vornehmen 
kann, trotzdem daraus für die Reichskasse Mehrkosten entstehen. Titel und Rang aber 
verbleiben auch dem pensionirten und dem auf seinen Antrag in Ehren entlassenen 
Beamten"; dagegen entfällt mit dem Amte die Berechtigung zum Tragen der Uniforméö. 
Auf die Rechtsverhältnisse der activen und der aus dem Dienste geschiedenen 
Reichsbeamten, über welche nicht durch Reichsgesetz Bestimmung getroffen ist, finden 
diejenigen gesetzlichen Vorschriften Anwendung, welche an ihren Wohnorten für die 
activen bezw. für die aus dem Dienste geschiedenen Staatsbeamten gelten (§ 19), 
also z. B. die Steuerprivilegien. Für Preußen kommt namentlich in Betracht die 
das Recht in den älteren Provinzen wiedergebende" Verordnung, betreffend die 
Heranziehung der Staatsdiener zu den Kommunal-Auflagen in den neu erworbenen 
Landestheilen, vom 23. September 1867 (Preuß. G.-S. 1867, S. 1648), welche 
durch das Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 (Preuß. Ges.-S. 1893, 
S. 152) nicht verändert ist. Die Gemeinden dürfen danach das Diensteinkommen 
der activen, servisberechtigten Militärbeamten überhaupt nicht und das Dienst- 
einkommen der activen Civilbeamten nur zur Hälfte zu allen directen communalen 
Abgaben heranziehen und ferner bei Diensteinkommen unter 750 Mark nicht über 1, 
unter 1500 nicht über 1½ und sonst nicht über 2 Procent des gesammten Dienst- 
einkommens. Dieselben Vorschriften gelten für Wartegeldempfänger und Pensionirte. 
Ueber die Communalbesteuerung der Dienstwohnungen der Reichsbeamten ist das 
Gesetz vom 31. Mai 1881 (R.-G.-Bl. 1881, S. 99) ergangen. 
Für die Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb des Reiches sich befindet, 
kommen hinsichtlich der durch Reichsrecht nicht geregelten Verhältnisse von deutschen 
  
1 Vgl. auch Erk. des Neichszer. vom 24. März 4 . Min.-Bl. für die innere Verwaltung 
1882. (#ussch. in Cboilf, Bd. VI, S. 106. 189, *— Pieper S. 87 
en S. 115. . .. 
2 VBal. Min.-Bl. für die * innere Ver- 2# S. oben S. 606. 
waltung 1875, S. 115, 1880, S. 27. D. 
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