Erstes Buch.
Entstehung des heutigen Deutschen Reiches.
* 1. Geschichte und Verfassung des heiligen Römischen Reiches
deutscher Nation.
H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1 u. II. Lei
zig 1887, 1892. — Waitz, Deutsche
Becdaffungsgeschichte. 3. Aufl. 1880 ff. — O. Mejer, ae.
2. Aufl. .
itung in das deutsche Staatsrecht.
Der geschichtliche Ursprung des heutigen Deutschen Reiches, der zu ihm ge-
hörigen Staaten, sowie mancher noch heute gültigen Rechtsnormen und Einrich-
tungen, z. B. Souveränetätserwerbungen, Mediatifirungen, Regalien, reicht lange
zurück. Durch den Vertrag zu Verdun i. J. 843 und endgültig i. J. 887 wurde
Deutschland ein vom großen Frankenreiche losgelöster selbstständiger Staat. Durch
die Kaiser aus dem Sachsengeschlechte (919—1024) wurde es vor der Romani-
firung bewahrt, welcher der bis dahin herrschende Frankenstamm bereits zu ver-
sallen anfing. Oberhaupt des Reiches war der König. Ihm hatten sämmtliche
freie Volksgenossen Treue zu schwören. Er hatte u. A. den Heerbann, die oberste
Gerichtsbarkeit, das Münz-, Zoll-, Jagd-, Fischerei-, Berg= und Salzregal, die
öffentlichen Flüsse und das Eigenthum an dem unaufgetheilten Boden (Almende).
Diese Rechte hießen nach ihrem Träger Regalient, und Niemand, weder Laien-=
oder Pfaffenfürst, konnte sie anders wie durch königliche Gewalt erwerben 2. Die
königliche Gewalt nimmt allmählich, aber unaufhaltsam ab. Schon damals (1158), als
Kaiser Friedrich I. Barbarossa auf den Ronkalischen Feldern die Regalien auf-
zeichnen ließ, waren sie weit geringer als zur Zeit der Franken= und Sachsenkaiser,
geschweige denn als zur Zeit der Karolinger= und Merovingerkönige, welche letztere
numinis expeditionem, potestas constituen-
1 Vgl. Arndt, Deprepal und Bergbau- »
. darum magistratuum ad justitiam expe-
freiheit. Halle 1879. S. 37. ib. a. a. O. „Liber
Feudorum II, 56: Regalia sunt haec: arman-
diae, viae publicae, flumina navigabilia et ex
quibus fiunt navigabilia, portus, ripatica,
vectigalia, quae vulgo dicuntur thelonea,
moneta, mulctarum poenarumque compendia,
bona vacantia et quse ut ab indignis legibus
auferuntur, nisi quae specialiter quibusdam
conceduntur, et bona contrahentium incestas
nuptias et condemnatorum et proscriptorum
secundum quod in novis constitutionibus
cavetur, angariarum, parangiarum et plau-
storum et navium praestationes et ezxtra-
ordinaria collatio ad felcissimam regalis
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Neiches.
diendam, argentariae et palatia in civitatibus
consuetis, piscationum raditus et salinarum,
et bona committentium crimen majestatis,
et dimidium thesauri inventi in loco Caesaris
— vel loco religioso.“
2 Vgl. Schwabenfpiegel (Ausgebe von Geng-
ler), Cap. CCCIV, § 1, 2: „Wir sprechen,
daz alle zolle und alle münzen, die in dem
romischen riche sint, die sint eines romischen
künings, und swer si will haben, der si
Platenkürste oder leienfürste, der muz sie
aben von dem romischen künige. Und swer
daz nicht tut, der frevelt an dem riche.“
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