Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

718 Zehntes Buch. Answirtige Verwaltung. 
In Preußen find alle Gesandten, die außerdeutschen wie die deutschen, freie 
von der Einkommensteuer (§ 3, Ziff. 38 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 
1891, G.-S. 1891, S. 175): „Die bei dem Kaiser und Könige beglaubigten Ver- 
treter fremder Mächte und die Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten zum Bundes- 
rathe, die ihnen zugewiesenen Beamten, sowie die in ihren und ihrer Beamten 
Diensten stehenden Personen, soweit sie Ausländer find“ und Ziff. 4 die, „denen 
sonst nach völkerrechtlichen Grundsätzen oder nach besonderen, mit anderen Staaten 
getroffenen Vereinbarungen ein Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer 
zukommt“, z. B. Berufskonsuln, nicht Wahlkonsuln. Diese Befreiungen erstrecken 
sich nicht auf das Einkommen: a) aus den von der preußischen Staatskasse ge- 
zahlten Besoldungen, Penfionen und Wartegeldern, b) aus preußischem Grundbesitz, 
c) aus preußischen Gewerbe= oder Handelsanlagen oder sonstigen gewerblichen 
Betriebsstätten; es müßte denn die Befreiung besonders und wechselseitig ver- 
einbart sein. 
Die gleichen Personen find von der Ergänzungssteuer befreit (Ergänzungssteuer- 
gesetz vom 14. Juli 1893, G.-S. 1893, S. 134). Keine Befreiung besteht 
von der Gewerbesteuer; vgl. §§ 8 ff. des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891 
(G.-S. 1891, S. 205), auch nicht, sofern diese Steuer noch besteht, von der 
Bergwerkssteuer. 
Was die Gemeindesteuern anlangt, so bestimmt § 24 des Kommunalabgaben- 
gesetzes vom 14. Juli 1893 (G.-S. 1893, S. 152), daß den Steuern vom Grund- 
besitze nicht unterworfen find b) die einem fremden Staate gehörigen Grundstücke, 
auf denen Botschafts= oder Gesandtschaftsgebäude errichtet find, einschließlich der auf 
ihnen errichteten Gebäude, sofern von dem fremden Staate Gegenseitigkeit geleistet 
wird. Privatbesitzungen find also unter keinen Umständen von den Steuern befreit. 
§ 40, Ziff. 3 des Kommunalabgabengesetzes schreibt vor, daß von der Gemeinde- 
einkommensteuer diejenigen Personen befreit find, denen nach völkerrechtlichen Grund- 
sätzen oder nach besonderen, mit anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen ein 
Anspruch auf Befreiung zukommt, sofern in den betreffenden Staaten Gegenseitigkeit 
gewährt wird. Die Steuerbefreiung bleibt ausgeschlossen bezüglich des Ein- 
kommens aus Grundvermögen, Handel und Gewerbe, einschließlich des Bergbaues 
oder aus der Betheiligung an dem Unternehmen einer Gesellschaft mit beschränkter 
Haftung. 
Die vorbezeichneten Rechte genießen die Gesandten schon beim Betreten des 
fremden Staates und behalten sie, solange fie Gesandte bleiben, d. h. nicht von 
ihrem Heimathstaate abberufen find; es sei denn, daß sie vom Empfangsstaate aus- 
gewiesen werden. Ob Vertretern nicht souveräner Staaten gleiche Vorrechte und 
überhaupt Vorrechte gewährt werden, hängt von dem Rechte des Empfangsstaates 
ab. Das Reichsrecht versagt fie den Vertretern halbsouveräner Staaten nicht 
(Bulgarien, Transvaal u. s. w.), soweit es diese Vertreter als solche annimmt. Ge- 
sandten von Privatpersonen mit Einschluß von den vormals Reichsunmittelbaren 
räumt das Deutsche Reich keinerlei Sonderstellung und Vorrechte ein. Es find dies 
nicht Gesandte im Sinne des Staats= noch des Völkerrechts. 
Daß beim Deutschen Reiche Gesandte beglaubigt werden können, folgt aus 
Art. 11 der Reichsverfassung. Es besteht staatsrechtlich kein Bedenken, daß das 
Deutsche Reich einen Gesandten des Papstes bei sich beglaubigt; in solchem Falle 
würde dieser Gesandte alle Privilegien genießen, welche das Reich einem Gesandten 
einräumt. Ebenso ist das Reich befugt, beim Papst einen Gesandten zu bestellen, 
der sich alsdann nach dem italienischen „legge sulle prerogative del Sommo 
Pontefice e sulla relazione dello Stato colla Chiesa, articolo 11“ erfreut „di tutte le 
prerogative ed immunitaà che spettano agli agenti diplomatici secondo f diritto 
internazionale“. Alle Beleidigungen gegen die beim Papst beglaubigten Gesandten 
werden ebenso wie solche gegen die beim König Italiens beglaubigten geahndet. 
  
1 Diese werden seit 1. April 1895 in Preußen nicht mehr vom Staate, sondern nur noch 
von den Gemeinden erhoben.
	        
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