724 Zehntes Buch. Answärtige Verwaltung.
un die Gesetze und Gewohnheiten ihres Amtsbezirks gebotenen Schranken ein-
alten“ 1.
Es besteht Streit darüber, ob die Staatsverträge, also sowohl die sog.
Konsular= wie die Freundschafts-, Handels= und Schiffahrtsverträge, als Special=
gesetze dem Konsulatsgesetze vom 8. November 1867 vorgehen oder ob dieses Gesetz
ihnen vorgeht. Ersteres behauptet Zorn, Annalen des Deutschen Reichs 1875,
S. 417, Staatsrecht, II, S. 452 f., Letzteres Laband, Reichsstaatsrecht, II. S. 14,
Reitz, Konsularverträge, in Hirth's Annalen 1872, S. 1284, 1289, Anm. 1,
G. Meyer, Verwaltungsrecht, II. S. 19, Anm. 6. Als das Richtige erscheint,
daß die deutschen Konsuln einerseits nur Dasjenige rechtswirksam thun dürfen, was
zu thun ihnen die deutsche Gesetzgebung gestattet und bezw. befiehlt, und anderer-
seits auch nur Dasjenige, was nach den Gesetzen des Aufenthaltsbezirks ihnen zu
thun gestattet ist. Weder gehen grundsätzlich die Reichsgesetze im Allgemeinen oder
das Konsulatsgesetz im Besonderen den Konsular-, Freundschafts-, Handels= und
Schiffahrtsverträgen vor, noch gehen umgekehrt diese Verträge grundsätzlich den
Reichsgesetzen vor; vielmehr beantwortet sich nur aus beiden Rechtsquellen, was
der deutsche Konsul thun darf. Falls also z. B. in einem Vertrage bestimmt ist,
daß die Konsuln Verträge ihrer Staatsgenossen abschließen dürfen, wenn sie sich
auf Grundeigenthum oder Vermögensstücke beziehen, welche im Absendestaate gelegen
find, oder auf Verträge, die dort verhandelt werden sollen, so bedeutet dies nur,
daß der Staat des Amtsbezirks ihnen den Abschluß solcher Verträge gestattet; es
entscheidet aber noch nicht die Frage, ob nach den Gesetzen des Heimathstaats solche
Verträge, wenn sie ein Konsul (anstatt z. B. des Gerichts der belegenen Sache)
abäschließt, rechtsgültig seien; es sei denn, daß Sinn, Inhalt und Wille des als
Gesetz zu Stande gekommenen Vertrages die Rechtswirksamkeit solcher Geschäfte zu-
gleich im Heimathstaate auch gegenüber dem sonst abweichenden Rechte besonders
und ausnahmsweise festsetzen wollten. Ganz zutreffend enthält die doppelte
Vorausfetzung der Konsulargeschäfte der Erlaubniß sowohl vom Heimaths= wie
auch vom Empfangsstaate der Schlußsatz in § 1 des Konsulatsgesetzes: „Sie (die
Konsuln) müssen hierbei nach den Bundesgesetzen und den ihnen ertheilten Instruk-
tionen sich richten und die durch die Gesetze und Gewohnheiten ihres Amtsbezirks
gebotenen Schranken einhalten."
Was nun die Aufgaben der Reichskonfuln anlangt, so werden diese viel zu
eng aufgefaßt, wenn die Konsuln als „die staatlichen Organe für Förderung und
Schutz des internationalen Privatverkehrs“ bezeichnet werden :. Die Konsuln haben
auch rein nationale Interessen wahrzunehmen und nicht blos solche, welche sich auf
den Privatverkehr beziehen. Mit Recht schreibt § 1, Satz 1 des Konsulatsgesetzes vor:
„Die Bundeskonsuln find berufen, das Interesse des Bundes, namentlich
in Bezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt thunlich zu schützen und zu
fördern, die Beobachtung der Staatsverträge zu überwachen und den An-
gehörigen der Bundesstaaten, sowie anderer befreundeter Staaten in ihren
Angelegenheiten Rath und Beistand zu gewähren.“
Organisation.
Die Konsuln find unmittelbare Reichsbeamte im Sinne des Artikels 18 der
Reichsverfassung 2. Sie unterstehen dem Gesetze, betreffend die Rechtsverhältnisse der
Reichsbeamten. Sie werden unmittelbar vom Kaiser im Namen des Deutschen
Reichs ernannt, erhalten eine kaiserliche Bestallung " und beziehen ihre Besoldung,
1 Val. auch Kannegießer in den Sten. II, S. 448.
Ber. des Reichst. 1867, S. 650;: „Theoretisch * G. Meyer, Verwaltungsrecht, II, S. 11.
fejatt enthält die Einräumung jeder obrigkeit- 2 Oben S. 637. ·
ichen Thätigkeit und nament id die der Ge- 4 Kaiserliche Verordnung, betreffend die Zu-
richtsbarkeit an die Konsuln eine theilweise ständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des
Abdication der auswärtigen Souveränetät zul Gesetzes vom 31. März 1873 und die Anstellung der
Gunsten der Souveränetät desjenigen Staates,] Reichsbeamten, vom 23. November 1874(R.-G.--Bl.
welcher den Konful hält.“ Vgl. auch Zorn,1874, S. 135), § 2, Reichsbeamtengesetz § 4.