Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

738 Zehntes Buch. #####tige Berwaltung. 
gesetz und die Prozeßordnungen den Landgerichten in erster Instanz, sowie den 
Schöffengerichten zugewiesenen Sachen, wobei die Beisitzer nur um der mündlichen 
Verhandlung theilnehmen, während die außerhalb derselben erforderlichen Ent- 
scheidungen vom Konful allein erlussen werden, und 2) für die Verhandlung und 
Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidungen des 
Konsuls in Strassachen. 
Die Beisitzer und Hülfsbeisitzer werden vom Konful für die Dauer eines jeden 
Geschaftsjahres aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in Ermangelung solcher 
aus sonstigen achtbaren Einwohnern seines Bezirkes ernannt (§ 12). Sie haben der 
un sie ergehenden Berufung Folge zu leisten und find bei ihrer ersten Dienstleistung 
für das Geschäftsjahr entsprechend den Schöffen zu vereidigen und auch sonst in 
Bezug auf Ablehnung, Vergütung und Bestrafung wie Schöffen (nämlich nach den 
88 53, 55, 56 des Gerichtsverfaffungsgesetzes) zu behandeln. 
Die Zuständigkeit der Schwurgerichte und des Reichsgerichts (des letzteren bei 
Anklagen wegen Hoch= und Landesverraths gegen Kaiser und Reich) ist den Konfuln 
nicht beigelegt (S§ 53 des Gesetzes). Der Konful hat in diesen Fällen nur die 
nPthigen Sicherheitsmaßregeln und dringenden Untersuchungshandlungen vorzu- 
nehmen. Das Reichsgericht ist (§ 14) zuständig für die Verhandlung und end- 
gültige Entscheidung über die Rechtsmittel: 1) der Beschwerde und der Berufung 
in den vor dem Konsul oder dem Konfulargericht verhandelten bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten und in Konkurssachen; 2) der Beschwerde und der Berufung gegen die 
Entscheidung des Konfulargerichts in Straffachen; 3) der Beschwerde gegen die 
Entscheidungen des Konfuls in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 
Das Reichsgericht ist also nicht, wie sonst in der Regel, Nevisionsgericht. Der 
Konful verkehrt durch Vermittelung des Reichskanzlers mit dem Reichsgericht. Er 
ernennt die Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher. 
Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft sindet, soweit nicht im Gesetz ein 
Anderes vorgeschrieben ist, in den vor den Konful wder das Konfulargericht ge- 
hdrenden Sachen nicht statt (§ 15). Der Konful übt in Straksachen im Allgemeinen 
deren Funktionen aus (5§ 56, 65, 71, Abs. 2). Eine Voruntersuchung findet 
nicht statt (§ 57). Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne 
hierbei durch Anträge, Verzichte vder frühere Beschlüsse gebunden zu sein (§ 60). 
Der Konsul kann in Straffsachen Zeugen und Sachverständige vernehmen und be- 
eidigen, wenn die Voraussetzungen des § 65, Abs. 2 der Strafprozeßordnung vor- 
liegen (§ 69). Der Angeklagte kann in der Hauptverhandlung dor dem Berufungs- 
gericht erscheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vrr- 
theidiger vertreten lassen. Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat 
keinen Anspruch auf Anwesenheit (§ 69). Der Konsul kann widerruflich Personen 
hur Ausühnng der Nechtsamwaltschaft vor den Konsulargerichten zulassen. Gegen 
die Ablehnung eines Antrages um Zulaffung oder den Widerruf der Zulassung 
findet Beschwerde an den Reichskanzler statt. Der Konsul übt in Strassachen 
im Allgemeinen aber nicht blos die Funktionen eines Staatsamwalts, sondern vor 
Allem die Berrichtungen des Amtsrichters, Untersuchungsrichters und des Vor- 
fitzenden der Strafkammer (§§ 52, 56) aus. Die Zustellungen, die Ladungen, die 
Vollstreckung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die Strafoollstreckung 
werden in Strafsachen durch ihn veranlaßt (§ 58). Die Frist zur Einlegung 
der Beschwerde, der weiteren Beschwerde, Berufung und Wiedereinsetzung in den 
vorigen Stand (88§ 45, 358, 355, 358, 360, 449) beträgt in Strafsachen stutt 
sonst einer Woche zwei Wochen (§58 62, 66). Gegen die wegen Uebertretungen 
erlasfenen Entscheidungen sindet, sofern die Verurtheilung auf Grund von § 61, 
Nr. 38 bis 8 des Strafgesetzbuchs (Landstreicherei, Betteln, selbstverschuldete Hülflosigkeit, 
Hurerei, Arbeitsschen, Unterkommensmangel) erfolgt oder nur auf Geldstrafe oder 
auf Geldstrafe und Einziehung erkannt ist, ein Rechtsmittel nicht statt. Im Uebrigen 
kann in Strafsachen gegen die Urtheile des Konsulargerichts sowohl von dem An- 
geklagten wie von dem Konsul (auch zu Ungunsten des Angeklagten) das Rechts- 
mittel der Berufung eingelegt werden (§ 68). Jedes in den Konsulargerichtsbezirken 
 
	        
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