*65. Elsaß-Lothringen. 749
Organisation wird und ist durch Kaiserliche Verordnung bestimmt 1. Der Staats-
sekretär (§ 6), die Unterstaatssekretäre und die Räthe des Ministeriums werden vom
Kaiser unter Gegenzeichnung des Statthalters, die übrigen höheren Beamten des
Ministeriums werden vom Statthalter, die Subaltern= und Unterbeamten vom
Staatssekretär ernannt. Auf den Staatssekretär und die Unterstaatssekretäre finden
die Bestimmungen der §§ 25, 35 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der
Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Ges.-Bl. f. Els.-Lothr. 1873, S. 479) An-
wendung 2. Sämmtliche Beamte des Ministeriums find Landesbeamte im Sinne
des die Rechtsverhältnisse der Beamten und Lehrer betreffenden Gesetzes vom
23. Dezember 1873 (G.-Bl. f. Elf.-Lothr. 18783, S. 479). Die Landesbeamten in
Elsaß-Lothringen haben den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten; folglich
wären fie nach § 1 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten,
vom 31. März 1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 61) Reichsbeamte, wenn dieses Gesetz
für Elsaß-Lothringen gelten würde. Dies ist aber nicht der Fall. Deshalb find
sie auch im staatsrechtlichen Sinne nicht Reichsbeamte, obgleich der Kaiser ihr
Dienstherr ist und zwar in seiner Eigenschaft als Organ des Reiches v. Unerheblich
wäre, daß die Landesbeamten in Elsaß-Lothringen ihr Gehalt nicht aus Reichs-
sonds beziehen"; denn auch die Beamten der Reichsbank beziehen ihr Gehalt nicht
aus Reichsmitteln, und ferner find ja die Mittel von Elsaß-Lothringen Reichs-
sonds. Entscheidend ist einzig und allein der positive Wille des Reichsgesetzgebers,
nämlich der Umstand, daß das Reichsbeamtengesetz nicht auf Elsaß-Lothringer An-
wendung finden sollte. Zwar gilt sein Inhalt auch für Elsaß-Lothringen, aber
nur weil und soweit er in dem elsaß-lothringischen Gesetze vom 23. Dezember 1873
(meist wortgetreu) anbefohlen ist. Auch alle Nachträge und Abänderungen des
Reichsbeamtengesetzes finden als solche auf die Landesbeamten in Elsaß-Lothringen
keine Anwendung, so z. B. die Relicten- 5 und Pensionsgesetze" wie das Gesetz über
Betriebsunfälle der Beamten 7. Auf der anderen Seite find zahlreiche elsaß-
lothringische Gesetze zur Ergänzung und Abänderung des Beamtenrechts ergangen.
Nach Vorstehendem ist das Ministerium in Elsaß-Lothringen keine oberste
Reichsbehörde, die vollkommen auf gleicher Stufe mit dem Reichsamt des Innern
steht, sondern überhaupt keine Reichsbehörde im Sinne des Reichsbeamtenrechts.
Dies ist anerkannt in den Verzeichnissen der Reichsbehörden (R.-G.-Bl. 1899, S. 731).
Die sog. Landesbeamten in Elsaß-Lothringen sind von der Reichsgewalt angestellte
Beamte; sie find im weiteren Sinne dieses Wortes Reichsbeamte, sie find aber
nicht Reichsbeamte in dem Sinne, wie dieses Wort in der Reichsbeamtengesetz-
gebung gebraucht wird.
Gesetzgebung und Verordnungsbefugniß.
Während der Occupation von Elsaß-Lothringen im Kriege übte zunächst der
Oberbefehlshaber der deutschen Heere und später, soweit der Oberbefehlshaber nicht
selbst eingriff, der von diesem mittels Cabinetsordre vom 14. August 1870 ein-
gesetzte „Generalgouverneur im Elsaß“ die Staatsgewalt mit Einschluß der Gesetz-
gebung aus. Zwar ist in der Proclamation des Generalgouverneurs vom
30. August 1870 ausgesprochen, daß in den ihm zugewiesenen Gebieten die kaiserlich
französische Staatsgewalt außer Wirksamkeit gesetzt und die Autorität der deutschen
Mächte an deren Stelle getreten sei, zwar bestimmte sich Umfang und Inhalt der
Regierungsrechte, soweit nicht Kriegs= bezw. Völkerrecht in Frage kam, nach dem
1 Vgl. insbesondere die Kaiserl. Verordnungen, Hirth's Annalen 1885, S. 72; anderer Ansicht
betreffend die Einrichtung des Ministeriums für Laband,l, S. 714, Hänel, I, S. 81, G. Meyer,
Elsaß-Lothringen, vom 23. Juli 1879 (Ges.-Bl. v. Stengel u. A. m.
für Elsaß-Lothr. 1879, S. 85), vom 29. Juli 4 Hierauß legt Pieper, S. 5, Werth.
1881, 5. Juni 1882 und 25. April 1887 (eben- 5 Oben S. 672.
dort 1881, S. 95, 1882, S. 81, 1887, S. 43). ( Oben S. 667 f.
2 Oben S. 650. 7 Hben S. 596 und 669.
# Ebenso Leoni, S. 128 ff., Rehm, in #8s Ansicht von Laband, I, S. 712.