Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 16. Der Keiser. 77 
Bundesfeldherr und Krone (König von) Preußen. Hänel, Organisatorische 
Entwicklung, II, S. 9 ff., und ihm folgend Laband, Reichsstaatsrecht, I. S. 182 ff., 
meinen, daß diese „Dreitheilung“ überlegt und beabsichtigt war. Dies steht in 
directem Widerspruch zu den im Jahre 1867 abgegebenen Erklärungen (vgl. Ver- 
handlungen des verfassungberathenden Reichstages 1867, S. 103, 354 und 358) 
und ist unrichtig. Man war sich vielmehr stets allerseits darüber klar, daß nur 
drei verschiedene Beziehungen desselben Subjects gemeint waren, etwa so, wie 
man vom Könige als Kriegsherrn, Gerichtsherrn, Bergherrn, als vollziehender Ge- 
walt oder als (Mit.)Gesetzgeber spricht. Man konnte nun zwar sagen, das „Prä- 
sidium“ bringt die Vorlagen des Bundesraths vor den Reichstag, aber man pflegt 
nicht zu sagen, daß „ein Präsidium den Oberbefehl im Kriege führt“ oder man 
dem Präsidium schwört“ und sagte deshalb befser, der König von Preußen oder 
der Bundesfeldherr führe den Oberbefehl, ihnen, dem Könige und dem Bundes- 
feldherrn, leiste man den Eid (vgl. auch Arndt, Comm. zur Reichsverfassung, 
S. 124, Derselbe, Das Verordnungsrecht des Deutschen Reiches auf der Grund- 
lage des preußischen, unter Berücksichtigung des fremdländischen Verordnungsrechts 
systematisch dargestellt, Berlin und Leipzig 1884, S. 124, und zustimmend 
v. Seydel, Comm. zur Reichsverfassung, S. 125, 126). Da die „Dreitheilung“ 
jetzt fortgefallen ist, so hätte die Frage keine praktische Bedeutung, wenn nicht 
Hänel (Organisatorische Entwicklung, II, S. 69 a. a. O.) behauptete, daß „inner- 
halb der Sphäre seiner Hegemonie“ Preußen die ihm durch die Bundesverfassung 
zugewiesenen Befugnisse nur „mittelst seiner eigenen Staatsgewalt und nur durch 
seine eigenen Organe ausüben (s. auch Laband, Reichsstaatsrecht, 1. S. 183, 
Anm. 5) und innerhalb dieser Sphäre (namentlich auf dem Gebiete der Kriegs- 
marine und der Post) seine Verordnungen nur als „preußische“ erlassen sollte"“. Dies 
ist aber das gerade Gegentheil des Richtigen (uvgl. Arndt, Verordnungsrecht, 
S. 124, Seydel in Hirth's Annalen 1875, S. 1428, Thudichum, S. 428 ff., 
Zorn, Staatsrecht, § 17). Die Haltlosigkeit der Hänel'schen Ansicht ist offenbar, 
wenn man nur die Verordnungen, die angeblich als preußische erlassen sein 
sollen, liest, z. B. Postreglement vom 11. December 1867 (im preuß. Ministerialbl. 
für die gef. innere Verwaltung 1868), S. 7, vom 30. November 1871 (daselbst 
1872, S. 6), da diese Verordnungen stets Namens des Norddeutschen Bundes, 
später Namens des Deutschen Reiches unter Gegenzeichnung des Bundes-(Reichs-) 
Kanzlers erlassen find. Der Zweck von Hänel's Ausführungen war, zu beweisen, 
daß der Norddeutsche Bund und das Deutsche Reich zwar eine Gesetzgebungs-, aber 
keine unmittelbare Verordnungsbefugniß haben und haben sollen. Dies ist offenbar 
falsch und kann heute als eine ganz verlassene und zwar nunmehr wohl von Hänel 
selbst (Staatsrecht, § 44) verlassene Theorie gelten. 
Die norddeutsche Bundesverfassung bestimmt in Art. 5, Abs. 2: „ein Veto 
des Präsidiums gegen Aenderungen im Militairwesen und in der Kriegsmarine“; 
in Art. 7, Abs. 2 die Verpflichtung des Präsidiums, Vorschläge der Bundes- 
glieder der Berathung zu übergeben, und daß die Präsidialstimme bei Stimmen- 
gleichheit den Ausschlag giebt; in Art. 8, Abs. 2, daß in jedem Bundesrathsaus- 
schusse das Präsidium vertreten sein muß, und daß die Mitglieder des 
Bundesrathsausschusses für das Landheer und die Festungen und diejenigen des 
Bundesrathsausschusses für das Seewesen „von dem Bundesfeldherrn“ er- 
nannt werden; in Art. 10: „Dem Bundespräsidium liegt es ob, den Mitgliedern 
des Bundesrathes den üblichen diplomatischen Schutz zu gewähren“; in Art. 11, 
Abs. 1: „Das Präsidium des Bundes steht der Krone Preußen zu, welche in 
Ausübung desselben den Bund völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Bundes 
Krieg zu erklären und Frieden zu schließen u. s. w. berechtigt ist“; Art. 12 schreibt 
vor: „Dem Präsidium steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu be- 
rusen“ u. s. w. Art. 15, Abs. 1: „Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung 
der Geschäfte steht dem Bundeskanzler zu, welcher vom Präsidium zu ernennen 
is.“ Art. 16: „Das Präsidiunm hat die erforderlichen Vorlagen nach Maaßgabe 
der Beschlüsse des Bundesrathes an den Reichstag zu bringen . . . Art. 17: 
„Dem Präsidium steht die Ausfertigung und Verkündigung der Bundesgesetze
	        
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