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lichen adler und die Kaiserliche Krone enthalten (v. Rönne, Reichsstaatsrecht, 1,
45).
Der Kaiser hat nicht das Recht, Reichsorden oder einen Reichsadel ein-
zuführen, weil die Regelung der Ordensfrage und der Standesverhältnisse von den
Einzelstaaten dem Reiche nicht abgetreten, auch nicht in einem Reichsgesetze dem
Kaiser zugestanden ist (ebenso v. Mohl, Reichsstaatsrecht, S. 287 f., v. Rönne,
Reichsstaatsrecht, I. S. 227, Seydel, Comm., 2. Aufl., S. 158, anderer Ansicht
Bornhak im Archiv für öffentliches Recht, Bd. VIII, S. 477). Bis auf
Weiteres würden daher Orden und Standeserhöhungen, welche der Kaiser verleiht,
in den nicht preußischen Staaten so anzusehen sein, als ob sie nur der König von
Preußen verliehen hat, d. h. sie dürfen z. B. in Bayern nur mit Genehmigung
des bayerischen Staates geführt werden. Die durch den kaiserlichen Erlaß vom
20. Mai 1871 angeordnete Stiftung einer Kriegsdenkmünze für die bewaffnete
Macht zur Erinnerung an den Krieg mit Frankreich von 1870 und 1871 hat die
reichsgesetzliche Anerkennung durch das Reichsgesetz vom 24. Mai 1871 (RN.-G.-Bl.
1871, S. 103) gefunden, durch welches die Kosten der Anfertigung dieser Ehren-
zeichen vom Reiche übernommen worden sind (v. Rönne, I. S. 227). Indeß ist
zu behaupten, daß die Prägung und Verleihung von Denkmünzen in kein Hoheits-
recht der Einzelstaaten eingreist, und dem Kaiser auch ohne reichsgesetzliche Ermäch=
tigung nicht verwehrt ist.
Zufolge § 17 des Gesetzes, betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom
31. März 1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 61) werden Titel, Rang und Uniform der
Reichsbeamten durch Kaiserliche Verordnung bestimmt (val. hierüber weiter unten).
Pekuniäre Vortheile, insbesondere eine Civilliste oder Dotation, find mit der
Kaiserlichen Würde nicht verbunden, doch wird dem Kaiser durch die Etatsgesetze
ein Dispositionsfonds für Gnaden= und ähnliche Bewilligungen ausgeworfen.
Regierungsrechte des Kaisers sind die Befugnisse, welche der König von
Preußen in seinen Beziehungen zum Deutschen Reiche hat.
1. Der Kaiser ist nicht Gesetzgebungsfactor; seine Stimme giebt indeß bei
Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine und die in Art. 35,
Abs. 1 der Reichsverfassung bezeichneten Abgaben den Ausschlag, wenn sie sich für
die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht (Art. 5, Abs. 2 der
Reichsverfassung und weiter unten). Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Ver-
kündigung der Reichsgesetze und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu
(Art. 17 der Reichsverfassung und weiter unten).
2. Der Kaiser ernennt die Mitglieder in den Bundesrathsausschüssen für das
Landheer und die Festungen wie für das Seewesen (Art. 8 und weiter unten).
3. Der Kaiser vertritt das Reich völkerrechtlich (Art. 11, Abs. 1 und
weiter unten). Der Kaiser vertritt das Reich auch vermögensrechtlich, wenn
und soweit die Vertretungsbefugniß nicht einem Anderen durch Reichsgesetz über-
tragen ist (vgl. hierzu Laband, Reichsstaatsrecht, I. S. 308 f. und weiter unten).
4. Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu be-
rufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen (Art. 12). Ohne Zustimmung des
Kaisers kann der Reichstag nicht aufgelöst werden (Art. 24).
5. Der Kaiser ernennt den Reichskanzler (Art. 15, Absf. 1). Im liegt die
Regierung des Reiches ob (Laband, 1, S. 201). Er ernennt die Reichsbeamten,
läßt dieselben für das Reich vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren
Entlassung (Art. 18, Abf. 1).
6. Die Beschlüsse des Bundesraths können nur im Namen des Kaisers und
nicht ohne seinen Willen an den Reichstag gebracht werden.
7. Der Kaiser ist Vollstrecker des Bundesexecution (kArt. 19).
8. Der Kaiser hat ein Veto gegen jede Veränderung der Verwaltungs-
vorschriften und Einrichtungen, welche zur Ausführung der gemeinschaftlichen Zoll-
und Steuergesetzgebung dienen (Art. 37 in Verbindung mit Art. 35, Abf. 1).
9. Dem Kaiser gehört die obere Leitung der Post= und Telegraphen-
verwaltung an. Ihnm steht der Erlaß der reglementarischen Festsetzungen und
allgemeinen administrativen Anordnungen, sowie die ausschließliche Wahrnehmung
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