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fangen genommen. 1807 übertrug ihm der König die Leitung des Kriegswesens.
Scharnhorst bestimmte nun, 1) daß nicht nur Adelige, sondern auch tapfere
Bürgerliche Offiziersstellen erhalten könnten, und 2) daß die Soldaten nicht mehr
durch Handgeld geworben würden, sondern jedes Landeskind verpflichtet sein
sollte, für das Vaterland die Waffen zu tragen. (Allgemeine Wehrpflicht.) Bei
Beginn des Kampfes übernahm Scharnhorst die Leitung des Blücherschen General=
stabes. In der Schlacht bei Gr.-Gröschen (1813) wurde er am Knie ver-
wundet. Er hätte nun der Ruhe bedurft. Aber schon nach wenigen Tagen
begab er sich auf die Reise nach Wien, um den Kaiser von Osterreich zu be-
wegen, dem russisch-preußischen Bündnisse beizutreten. Auf der Rückreise ver-
schlimmerte sich die Wunde, und in Prag starb der edle Mann.
2. Gneilsenau. Sein Vater diente zur Zeit des Siebenjährigen Krieges
als Offizier in der sächsischen Armee. Als der kleine Gneisenau sechs Tage alt
war, mußte seine Mutter (nach der Schlacht bei Torgau) mit ihm flüchten.
Der Vater brachte beide auf einen Bauernwagen. Auf der Fahrt wurde die
Mutter vom Schlafe übermannt, und während sie schlummerte, fiel das Kind
vom Wagen. Ein Soldat fand den Knaben und nahm ihn mit nach der Stadt
Schilda. Die Eltern des Kindes verstarben bald darauf. In bitterster Armut
verlebte der Knabe in Schilda die ersten neun Jahre seines Lebens. Im Sommer
mußte er die Gänse hüten. Da erinnerte sich ein Schneider der vornehmen Ab-
kunft des Knaben und schrieb an dessen Großeltern in Würzburg. Bald darauf
erschien eine Kutsche und holte den Verlassenen ab. Bei den Großeltern erhielt
er eine gute Erziehung. Später wurde er Offizier in der preußischen Armee.
Da er kein Vermögen besaß, mußte er sich viele Entbehrungen auferlegen. Nicht
einmal eine Flasche Bier konnte er sich gönnen. Wenn seine Kameraden dem
Vergnügen nachgingen, dann zog er sich auf sein Zimmer zurück und lernte.
Daher wurde er von seinen Kameraden bald der „Herr Magister“ genannt. Nach
dem Tode des Generals Scharnhorst übernahm er die Leitung des Blücherschen
Generalstabes. Bei jeder Gelegenheit ehrte Blücher seinen gelehrten Gneisenau.
Als sie einst an festlicher Tafel beisammen saßen, erklärte der Fürst: „Ich will tun,
was keiner mir nachmachen kann; ich will meinen eigenen Kopf küssen.“ Alle waren ge-
spannt, wie er das anfangen werde. Er aber stand auf, ging zu Gneisenau und umarmte
und küßte ihn. — Als man in England dem Fürsten die Doktorwürde verlieh, sagte er
scherzend: „Ja, dann müßt ihr den Gneisenau zum Apotheker machen.“ — Einst wollten
ihm die Gäste an seiner Tafel alles Verdienst allein zuschreiben. Da rückte er ungeduldig
mit dem Stuhle und rief:
„Ihr seid nicht recht gescheit!
Ich will's euch besser sagen,
wer Land und Volk befreit:
Das war der Preußen Tapferkeit,
Freund Gneisenaus Besonnenheit,
von mir ein bißchen Verwegenheit
und Gottes große Barmherzigkeit!“
3. Tork war im Dienste sehr streng, und nicht leicht konnte man ihm
etwas recht machen. Die Soldaten nannten ihn daher den „alten Isegrim“.
Aber er war ein sehr tüchtiger Offizier und hatte stets Mut und Besonnenheit
bewiesen. Daher übertrug man ihm 1812 den Oberbefehl über das Hilfsheer,
das Preußen mit Napoleon nach Rußland schicken mußte. Als aber Moskau