1513
in Verbindung mit der Abneigung unserer Zeit
gegen das beschränkte oder geteilte Eigentum über-
haupt, bewirkten endlich, daß die neuere Gesetz-
gebung mit andern Eigentumsbeschränkungen auch
die Erbpacht und die mit ihr verwandten Insti-
tute der Erbzinsgüter usw. für ablösbar erklärte.
Das preußische Gesetz vom 2. März 1850 verlieh
ohne Entschädigung des Grundherrn dem Erb-
pächter volles Eigentum, erklärte den Zins für
ablösbar und bestimmte (in § 91), daß mit Aus-
nahme fester Geldrenten andere ablösbare Lasten
einem Grundstück nicht mehr auferlegt werden
dürften und daß auch hinsichtlich dieser Geld-
renten die vertragsmäßige Kündigung nur wäh-
rend eines höchstens 30 Jahre betragenden Zeit-
raums ausgeschlossen und ein höherer Ablösungs-
betrag als der 25fache der Rente nicht stipuliert
werden könne. Auch die meisten andern deutschen
Staaten haben ähnliche Bestimmungen erlassen,
und in nur wenigen kleineren, so besonders
in Mecklenburg, ist die Erbpacht noch bestehen
geblieben (ogl. weiter unten V. 1). Nach dem
B.G. B. können Erbpachtrechte nicht begründet
werden; doch bleiben sie in denjenigen Bundes-
staaten, in denen sie noch zulässig waren, bestehen,
und dort können, soweit nicht landesgesetzliche
Vorschriften ein anderes bestimmen, auch noch neue
begründet werden.
Ist der Pachtzins nicht in Geld zu entrichten,
besteht er vielmehr in einem Teile des Rohertrags
— wobei es keinen Unterschied macht, ob der Teil
in einem Quantum oder einer Quote (gewöhn-
lich ½8, daher Halbscheid-, Halfenwirtschaft) aus-
gedrückt ist —, so liegt Teilpacht vor, die sich
im übrigen von der Geldpacht nicht weiter unter-
scheidet. In der Regel allerdings pflegt bei diesem
System dem Gutsherrn außer dem Grund und
Boden auch das lebende und tote Inventar ganz
oder zum Teil zu gehören. Die Teilpacht war
früher im ganzen mittleren und südlichen Europa
sehr verbreitet und kommt in größerer Ausdehnung
auch noch jetzt im südlichen Frankreich (als
metayage) und in Italien (als mezzadria)
vor (ogl. dazu unter V, 1 a. E. und 2). Die
Teilpacht gehört ursprünglich der Naturalwirt-
schaft an und hat ihre hauptsächlichste Bedeutung
zu Zeiten dieser und solange die Landwirtschaft
sich noch in unentwickeltem Zustand befindet. So
kann sie die Vorstufe des Zeitpachtsystems bilden;
sie kann aber anderswo „die Form von dessen
Ausartung durch Verarmen des Pächterstandes"“
sein. Statt der Bezeichnung Teilpacht wird auch
das Wort Teilbau für dieses System gebraucht,
meines Erochtens nicht glücklich und nicht richtig,
da es leicht irreführend die Meinung erwecken
kann, als bestehe zwischen Verpächter und Pächter
ein Gesellschaftsverhältnis. In der Tat kann bei
dem Teilbau ein solches Verhältnis bestehen; es
kommt auf die Absicht der Vertragschließenden an,
ob sie ein solches oder ein Pachtverhältnis haben
eingehen wollen.
Pacht.
1514
II. Auschluß des Pachtvertrags. Zum Ab-
schluß eines Pachtvertrags gehört nach dem B.G.B.
(außer den allgemeinen Erfordernissen der Ver-
träge) Einigung der Parteien über Pachtgegen-
stand und Pachtzins. Eine besondere Form ist
im allgemeinen nicht vorgeschrieben, der Vertrag
kann also auch mündlich gültig geschlossen werden.
Der Pachtvertrag über ein Grundstück indessen,
der für längere Zeit als ein Jahr gelten soll, be-
darf der schriftlichen Form; wird die Form nicht
beobachtet, so ist aber der Vertrag nicht nichtig,
die Folge ist vielmehr die, daß der Vertrag als
für unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Auf unbe-
stimmte Zeit verlängert gilt ein Pachtverhältnis,
wenn nach dem Ablauf der Pachtzeit der Gebrauch
und die Nutzung des Pachtgegenstands von dem
Pächter fortgesetzt wird, sofern nicht der eine Teil
dem andern gegenüber seinen entgegenstehenden
Willen binnen einer Frist von zwei Wochen er-
klärt hat (vgl. ferner unter IV).
III. Gegenseitige Rechte und Pflichten.
In Ansehung der Rechte und Pflichten des Ver-
pächters und des Pächters gegeneinander haben
die Vorschriften des B.G.B. zumeist dispositiven
Charakter, d. h. sie können durch Vereinbarung
der Parteien abgeändert werden und kommen nur
zur Anwendung, wenn und soweit solche Ab-
änderungen in dem Pachtvertrag nicht beliebt
worden sind.
1. Nach dem Begriff des Pachtvertrags ist der
Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch
des verpachteten Gegenstands und den Genuß der
Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungs-
mäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind,
während der Pachtzeit zu gewähren; er hat also
dem Pächter den verpachteten Gegenstand in einem
zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zu-
stand zu überlassen und ihn während der Pachtzeit
in diesem Zustand zu'erhalten. — Der Pächter
dagegen ist berechtigt, den Pachtgegenstand in der
vertragsgemäßen Weise zu gebrauchen und zu
nützen, und verpflichtet, jeden vertragswidrigen
Gebrauch zu unterlassen, dem Verpächter den ver-
einbarten Pachtzins zu entrichten und den gepach-
teten Gegenstand nach Beendigung des Pachtver-
hältnisses zurückzugeben.
Da also der Verpächter verpflichtet ist, den ver-
pachteten Gegenstand in gebrauchsfähigem Zu-
stand zu überliefern und zu erhalten, so ist zu-
nächst der Pächter für die Zeit, während welcher
die Tauglichkeit des Gegenstands zu dem ver-
tragsmäßigen Gebrauch, sei es von Anfang oder
erst von einem späteren Zeitpunkt an, aufgehoben
oder gemindert ist, ganz oder zu einem im Ver-
hältnis zu dem Grad der Gebrauchsminderung
zu bemessenden Teil von der Entrichtung des
Pachtzinses befreit. Ist ein solcher Mangel schon
bei dem Abschluß des Vertrags vorhanden, oder
tritt er infolge eines Umstands ein, den der Ver-
pächter zu vertreten hat, oder kommt der Ver-
pächter mit der Beseitigung des Mangels in