Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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selbst vorgeschlagenen Liste von 5 Kandidaten vom 
König erwählt. Einen von beiden Kammern an- 
genommenen Gesetzesvorschlag kann der König 
innerhalb eines Monats sanktionieren oder ab- 
lehnen; die Wirkung der Ablehnung ist eine 
absolute. 
Die durch die Verfassung garantierten Rechte 
des Volkes sind Gleichheit aller portugiesischen 
Bürger vor dem Gesetz, Zulassung aller Bürger 
zu allen bürgerlichen, politischen und militärischen 
Amtern, Abschaffung aller Privilegien, sofern sie 
nicht wesentlich und ganz mit den Amtern im 
Interesse des Staatswohls verbunden sind, Ab- 
schaffung bevorrechteten Gerichtsstands außer in 
gesetzlich vorgesehenen Fällen (s. o.), Schutz vor 
willkürlicher Verhaftung, Freiheit der Presse, des 
Unterrichts, des religiösen Bekenntnisses, Handels- 
und Gewerbefreiheit usp. Die Ausländer können 
in Portugal keine politischen Rechte ausüben, be- 
sitzen aber sonst im allgemeinen die gleichen bürger- 
lichen Rechte und Pflichten wie die portugiesischen 
Staatsbürger, soweit nicht Gesetz oder Verträge 
es anders vorsehen; naturalisierte Fremde ge- 
nießen auch die politischen Rechte der portugiesi- 
schen Staatsbürger, können aber nicht Abgeord- 
nete, Pairs, Minister und Staatsräte werden. 
Verwaltung. Die oberste Staatsverwaltung 
wird im Namen des Königs von den Ministern 
ausgeübt, die alle Akte der Exekutive gegenzeichnen 
oder unterzeichnen müssen, damit sie vollstreckt 
werden können. Die Zahl der Minister ist ver- 
fassungsmäßig nicht festgelegt; zurzeit bestehen 
die 7 Ministerien des Innern, der auswärtigen 
Angelegenheiten, der Justiz und kirchlichen An- 
gelegenheiten, der Finanzen, des Kriegs, für 
Marine und Kolonien, für öffentliche Arbeiten, 
Handel und Industrie. Die Minister sind ver- 
antwortlich wegen Landesverrat, Bestechung, Ver- 
leitung und Erpressung, Amtsmißbrauch, Nicht- 
beachtung des Gesetzes, wegen Unternehmungen 
gegen die Freiheit, Sicherheit und das Eigentum 
der Bürger und wegen Verschwendung des Staats- 
guts. In den Dienst eines jeden der Ministerien 
teilen sich die verschiedenen Generaldirektionen; 
unter dem des Innern stehen unter anderem die 
Generaldirektion des Unterrichts und der schönen 
Künste, die der öffentlichen Gesundheit, des Rech- 
nungswesens, der Wohltätigkeit, der Unterrichts- 
rat usw.; unter dem Finanzministerium die Ge- 
neraldirektion der direkten und indirekten Steuern, 
des Schatzamts, der Zölle, das Staatsrechnungs- 
wesen; unter dem Ministerium der öffentlichen 
Arbeiten usw. die für Handel und Industrie, für 
Ackerbau, für Posten und Telegraphen usw. Für 
die innere Verwaltung zerfällt das kontinentale 
Portugal in 17 nach ihren Hauptstädten benannte 
Distrikte, die Azoren in 3 Distrikte (Angra, Horta 
und Ponta Delgada); Madeira nebst Porto 
Santo bildet den Distrikt Funchal. Die Distrikte 
zerfallen in Gemeindebezirke (concelhos; auf 
dem Festland 262, auf den Inseln 29), die Ge- 
Portugal. 
  
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meinden in Kirchspiele (freguesias). Nach der 
alten geschichtlichen Einteilung, die noch für stati- 
stische Zwecke verwendet wird, zerfiel das Land in 
das Königreich Portugal mit den Provinzen Entre 
Douro und Minho, Traz os Montes, Beira (seit 
1835 geteilt in Beira Alta und Beira Baixa), 
Estremadura und Alemtejo), und in das König- 
reich Algarve. Als Organe der Zentralgewalt 
wirken in den Distrikten die Zivilgouverneure, 
die auch erste Polizeibeamte der Distrikte sind, in 
den Gemeinden die Administratoren (zugleich 
Polizeibehörde), in den Kirchspielen die Vorsteher 
(regedores) neben sonstigen Behörden, die den 
einzelnen Ministerien je nach ihrer speziellen Auf- 
gabe unterstehen. — Neben dem Ministerium be- 
steht ein Staatsrat, dessen Mitglieder vom 
König auf Lebenszeit ernannt werden und Portu- 
giesen von Geburt sein müssen; der Kronprinz ist 
mit 18 Jahren Mitglied kraft eignen Rechts. Sie 
müssen in allen wichtigen Angelegenheiten und bei 
allen allgemeinen Maßnahmen der öffentlichen 
Verwaltung gehört werden, besonders bei Kriegs- 
erklärungen, Friedensschlüssen, Verhandlungen 
mit auswärtigen Mächten und bei allen Gelegen- 
heiten, wenn der König eine der ihm zustehenden 
Befugnisse der „moderierenden“ Gewalt ausüben 
will (ausgenommen bei Ministerernennungen und 
-entlassungen). Bis zur Schaffung eines höchsten 
Verwaltungsgerichtshofs (1870) war der Staats- 
rat zugleich Berufungsgericht in Verwaltungs- 
streitsachen. Die Staatsräte sind für alle den 
Gesetzen und Staatsinteressen zuwiderlaufenden, 
offenbar dolosen Ratschläge verantwortlich (doch 
ist kein Gesetz über ihre Verantwortlichkeit bisher 
zustande gekommen). — Für die Verwaltungs- 
justiz besteht in jedem Verwaltungsbezirk ein Ge- 
richt erster Instanz, von denen Rekurse an das 
höchste Verwaltungsgericht in Lissabon gehen. 
Höchste Instanz in Sachen der Steuererhebung, 
des Finanzdepartements und in Rechnungssachen 
sowie Aufsichtsbehörde über die Beobachtung der 
Finanzgesetze ist der Rechnungshof in Lissabon, 
dessen Räte vom König auf Lebenszeit ernannt 
werden. 
Die Distrikts= und Gemeindeverwal- 
tung ist ziemlich straff zentralisiert und fast ganz 
von der Zentralgewalt abhängig. Verwaltungs- 
körper für die der Selbstverwaltung überlassenen 
Angelegenheiten in den Distrikten ist (seit 1896) 
ein „Ausschuß“, der aus dem Zivilgouverneur als 
Vorsitzenden, einem von der Regierung ernannten 
Beamten (auditor administrativo) und 3 Bei- 
sitzern besteht, die, wie ihre Vertreter, von Dele- 
gierten der Gemeinderäte des Distrikts gewählt 
werden. In den Inseldistrikten bestehen noch an 
Stelle dieser Ausschüsse die früheren General- 
ausschüsse (junta geral do districto), die sich 
aus Vertretern der Gemeinderäte zusammensetzen. 
In den Gemeinden bestehen von den Wahlberech- 
tigten (alle seit 3 Jahren in der Gemeinde an- 
sässigen Bürger, die lesen und schreiben können)
	        
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