Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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nachfolgenden Schulgesetze sehr zu wünschen übrig. 
In jedem Distrikt sollte eine Lehrerbildungs- 
anstalt, in jeder Gemeinde eine Volksschule und 
eine Abendschule (Ergänzungsschule), in jedem 
Kirchspiel eine Volksschule bestehen. Die Kosten 
tragen Staat, Distrikt und Gemeinde gemeinsam. 
Die gleichzeitig unternommene Reorganisation der 
Mittelschule nahm das deutsche Realgymnasium 
zum Vorbild, wie denn auch die deutsche Sprache 
im Lehrplan besondere Berücksichtigung fand. Der 
mittlere Unterricht zerfällt in einen fünfjährigen 
allgemeinen und einen zweijährigen Ergänzungs- 
kursus, deren erfolgreicher Besuch zu den höheren 
Studien befähigt. Die Anstalten mit 5 Kursen 
heißen Nationallyzeen, die mit 7 Kursen Zentral- 
lyzeen. Jede Distriktshauptstadt soll eine derartige 
Mittelschule besitzen (1905 gab es 32 Lyzeen). 
Daneben bestehen ein Mädchenlyzeum in Lissabon 
(seit 1906), Privatrealschulen und ein Militär- 
kolleg für Erziehung von Offizierssöhnen. Hoch- 
schulen sind drei vorhanden: die Landesuniversität 
zu Coimbra (gegründet 1290 zu Lissabon und 
1308 hierher verlegt) mit Professoren und Stu- 
dierenden in 5 Fakultäten (Theologie, Jurispru- 
denz, Medizin, Mathematik und Philosophie), die 
Polytechnische Schule zu Lissabon (gegründet 1837) 
und die Polytechnische Akademie zu Oporto. Fach- 
und Speziallehranstalten gibt es außer den Prie- 
sterseminarien und Lehrerbildungsanstalten noch 
solgende: die Kriegs= und die Schiffahrtsschule zu 
Lissabon, der höhere Kursus für Literatur ebenda, 
die medizinisch-chirurgischen Schulen zu Lissabon, 
Oporto und Funchal, das Konservatorium für 
dramatische Künste und Musik zu Lissabon, die 
Industrie= und Handelsinstitute zu Lissabon und 
Oporto, das Allgemeine landwirtschaftliche In- 
stitut nebst Tierarzneischule zu Lissabon, das Bak- 
teriologische und ophthalmologische Institut, die 
Volksuniversität ebenda, eine Marine-, eine Kolo- 
nialschule usw. An wissenschaftlichen Instituten sind 
zu nennen 4 Sternwarten, 2 meteorologische Ob- 
servatorien und naturhistorische Museen zu Lissabon 
und Coimbra, eine Generaldirektion der geodäti- 
schen, topographischen, hydrographischen und geolo- 
gischen Arbeiten, ein archäologisches und ein (der 
Akademie der Wissenschaften gehöriges) numis- 
matisches Museum, ein Museum der Kolonien und 
ein solches für die Fortschritte der Industrie (Mu- 
seo Fradesso da Silveira), sämtlich zu Lissabon, 
die öffentlichen Bibliotheken zu Lissabon, Braga, 
Evora, Oporto und Villa Real, die Bibliothek 
der Akademie der Wissenschaften zu Lissabon, die 
Universitätsbibliothek zu Coimbra, die Privat- 
bibliothek der Krone im Palast Ajuda bei Lissa- 
bon usw., endlich die botanischen Gärten zu Ajuda, 
Coimbra und Oporto. Von den gelehrten Gesell- 
schaften des Landes ist die 1778 gegründete und 
1851 reorganisierte Akademie der Wissenschaften 
hervorzuheben, ferner die Geographische Gesell- 
schaft (1875, mit großer Bibliothek), die königl. 
Gesellschaftder Architekten und Archäologen (1863), 
Portugal. 
  
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die Gesellschaft für medizinische Wissenschaften zu 
Lissabon (1835), die portugiesische Gesellschaft für 
Naturwissenschaft (1907). 
VI. Wirtschaftliche Verhältnisse. Die Land- 
wirtschaft ist seit etwa 50 Jahren im Aufsteigen 
begriffen, wenn auch nach den Angaben der geo- 
dätischen Kommission heute noch über 8 des Lan- 
des (43,1 %) unbebaut ist. Die größten unbe- 
bauten Flächen liegen zwischen der Serra Estrella 
und dem algarvischen Scheidegebirg. Der bebaute 
Boden ist zumeist Großgrundbesitz (Latifundien 
besonders in Alemtejo) und wird für den hohen 
Adel von schwer gedrückten Pächtern bewirtschaftet; 
am ausgedehntesten ist der Landbau im wasser- 
reichen Gebirgsland nördlich des Douro, wo der 
Grund und Boden der 1834 aufgehobenen 
Mönchsklöster vom Staat an selbständige Klein- 
bauern veräußert wurde, und in Algarve, das als 
ein großer Fruchthain erscheint. Von seiten des 
Staats ist in neuester Zeit manches für die Land- 
wirtschaft geschehen durch Reform der agrarischen 
Gesetzgebung und durch Straßenbau. Sehr viel 
Anregung und Förderung ist auch ausgegangen 
von der Gesellschaft zur Förderung des Ackerbaus, 
den Distrikts-Agrikulturräten, der 1852 gegrün- 
deten landwirtschaftlichen Schule zu Lissabon, von 
Musterwirtschaften usp. Dem Getreidebau (Hirse, 
Weizen, Roggen, Mais und Reis) dient etwa ⅛ 
des Landes; zur Deckung des Landesbedarfs muß 
noch Getreide eingeführt werden. Sehr ausgedehnt 
ist in einzelnen Gegenden der Bau von Kartoffeln, 
Runkelrüben, Erdbeeren und Melonen. An Ge- 
werbepflanzen werden Flachs und Hanf gezogen. 
Weit über den eignen Bedarf hinaus produziert 
der Weinbau; die hierfür benutzte Bodenfläche 
wird auf 300 000 ha geschätzt, ohne daß hiermit 
der gesamte für den Weinbau geeignete Boden 
herangezogen wäre. Die besten Weinsorten sind 
außer dem Portwein die Moscatels von Carca- 
vellos und Setubal (Weißweine) und die Rotweine 
von Torres Vedras und Collares. Der Ertrag 
ist auf jährlich 5/6 Mill. Hektoliter anzusetzen, 
so daß Portugal als Weinland nur von Frank- 
reich, Italien und Spanien übertroffen wird. 
Südfrüchte werden vorzugsweise in Algarve ge- 
zogen (Mandeln, Apfelsinen, Feigen und Jo- 
hannisbrot), die besten Obstsorten in den Nord- 
provinzen und der Olbaum vor allem in Estre- 
madura. An Wäldern ist Portugal arm (kaum 
1/, des Gesamtareals); von einer systematischen 
Aufforstung ist kaum die Rede und der natürliche 
Nachwuchs wird durch die ausgedehnte Ziegen- 
haltung unmöglich gemacht. Meistens sind es 
Korkeichenwälder und im Neuland der Westküste, 
namentlich bei Leiria. staatliche Pinienwälder. 
Auf dem Gebiet der Viehzucht machen sich 
Fortschritte bemerkbar; so wird viel mageres Vieh 
in Spanien aufgekauft und dann gemästet nach 
England ausgeführt. Rinder werden zumeist im 
Norden, Schweine und Schafe in den Eichen- und 
Kastanienwäldern von Alemtejo, Ziegen in den
	        
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