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Es war ein regelmäßiger, schneller Nachrichten-
dienst, der sich bald der größten Beliebtheit er-
freute. Leonhard v. Taxis, Bruder des Franz,
wurde 1595 von Kaiser Rudolf II. zum Keaiserl.
General-Reichspostmeister ernannt. Sein Sohn,
Frhr Lamoral v. Taxis, wurde durch Lehns-
brief vom 27. Juli 1615 von Kaiser Matthias
mit dem „Generalpostmeisteramt über die Posten
im Reich“ beliehen. Dieses Amt sollte für seine
männlichen Erben als „männliches Reichsregal
und -Lehen“ gelten, das unter Ferdinand II. auch
auf die weiblichen Nachkommen überging. Nach-
dem Kaiser Leopold I. 1695 das inzwischen gräf-
lich gewordene Haus Thurn und Taxis in den
Reichsfürstenstand erhoben hatte, erklärte Karl VII.
1744 das Reichserbpostlehen zum Reichsthron-=
lehen, worauf 1754 Franz I. dem reichsfürstlichen
Haus Thurn und Taxis eine Virilstimme im
reichsfürstlichen Kollegium verlieh. Uber das Wesen
und über die Rechte des Privilegiums entstanden
bald viele Streitigkeiten, die ohne Ergebnis ver-
liefen. Mit der Auflösung des alten deutschen
Reichs stürzte auch das ganze Reichspostwesen in
seiner bisherigen Rechtsform zusammen. An Stelle
einer einheitlichen deutschen Post traten Posten in
den einzelnen deutschen Staaten. Im Jahr 1815
lebten die Thurn und Taxisschen Posten wieder
auf. Durch den Abschluß von Einzelverträgen
beherrschten sie namentlich das kleine süd= und
mitteldeutsche Gebiet, 670 Quadratmeilen mit
3⅛ Mill. Einwohnern und 502 Postanstalten.
Der Verlauf des deutsch-österreichischen Kriegs
machte der alten Feudalpost ein Ende.
4. Neuere Zeit. In der ersten Hälfte des
19. Jahrh. waren die Fortschritte im Postwesen
noch ziemlich unbedeutend. Die Erfindung der
Lokomotive und die damit verbundene Entwicklung
der Eisenbahnen eröffneten eine neue Ara. Die
Post benutzte sofort dieses neue Verkehrsmittel,
ohne aber die alten fallen zu lassen. Es entstanden
bald große, zusammenhängende Postkurse, auf
denen Bahnposten verkehrten. Hierdurch wurde
eine Beschleunigung und Vervielfältigung der
Posttransporte, eine rasche Vermehrung der in
den einzelnen Orten ankommenden und abgehen-
den Posten erreicht. Ein zweites wichtiges Er-
eignis war die Erfindung des elektromagnetischen
Telegraphen und die damit zusammenhängende
Vereinigung von Post= und Telegraphenanstalten.
Für das Postwesen im engeren Sinn war aber
von viel größerer Bedeutung eine durchgreifende
Umwälzung des Posttariswesens, welche durch
Rowland Hills englisches Pennyportosystem her-
beigeführt wurde. An Stelle der von Fiskalität
beherrschten Taxen traten billige und einheitliche
Taxen. Es entstanden neue Arten von Versen-
dungsgegenständen, teils im Briefverkehr teils in
der Geldübermittlung. Die vielfachen Hemmnisse,
welche dem Postverkehr in der freien Entwicklung
entgegenstanden, suchte man durch Verträge zu
beseitigen. Die Schranken früherer Abgeschlossen-
Post usw.
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heit wurden durch den im Jahr 1850 ins Leben
getretenen deutsch-österreichischen Postverein durch-
brochen, bis endlich an Stelle der vorhandenen
Vielseitigkeit der Vertragsbeziehungen zum Aus-
land ein einziger Einheitsvertrag, der Weltpost-
verein, trat, in welchem die internationalen posta-
lischen Beziehungen der Länder der ganzen Erde
in ein festes Gefüge zueinander gebracht wor-
den sind.
II. Die deutsche Post. Bis zur Aufhebung
der deutschen Reichsverfassung im Jahr 1806 be-
standen in Deutschland Reichs= und Territorial=
posten. Die politische Verkümmerung Deutschlands
war kein geeigneter Boden für die Entfaltung des
Verkehrs und seiner Anstalten. Preußen, welches
auch vertragsmäßig das Postregal in Anhalt,
Waldeck, den Unterherrschaften der Fürstentümer
Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Son-
dershausen sowie in Birkenfeld innehatte, ferner
Bayern, Württemberg, Baden, Sachsen, Han-
nover, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin und
Strelitz, Oldenburg, Lübeck, Bremen, Hamburg
hatten ein selbständiges Postwesen. Daneben übte
Thurn und Taxis in 15 Staaten seine Post-
gerechtsame aus. Jede dieser Postverwaltungen
setzte für ihren innern Verkehr das Porto fest,
erließ Vorschriften über die posttechnische Behand-
lung der Sendungen und erließ gesetzliche Bestim-
mungen. Das Verlangen nach einheitlicher Ge-
staltung und Leitung des Verkehrswesens wurde
immer allgemeiner und dringender. Die politische
Umwälzung des Jahrs 1866 brachte für Deutsch-
land auch die Umgestaltung des Postwesens. Nach
Besitzergreifung der Elb-Herzogtümer fiel auch die
Verwaltung des Postwesens an Preußen. Im
weiteren gingen durch die Friedensverträge das
Post= und Telegraphenwesen in Hannover und
Hessen an Preußen über. Durch Vertrag vom
28. Jan. 1867 trat der Fürst von Thurn und
Taxis gegen eine Entschädigungssumme von
9 Mill. M die Postgerechtsame seines Hauses
nebst den ihm zugehörigen Gebäuden und der
ganzen für den Postdienstbetrieb vorhandenen
Ausstattung für sich und seine Nachkommen an die
Krone Preußen ab. Selbständige Postverwal-
tungen waren nur noch in Bayern, Württemberg,
Baden, Sachsen, Braunschweig, Oldenburg, in
beiden Mecklenburg, in Bremen, Hamburg und
Lübeck. Es fehlte immer noch die einheitliche Lei-
tung. Sie wurde erreicht mit der Gründung des
Norddeutschen Bundes. Art. 48/52 der Bundes-
verfassung regelten die staatsrechtliche Stellung
der Bundespostverwaltung. Das Post= und Tele-
graphenwesen des gesamten Bundesgebiets wurde
als einheitliche Verkehrsanstalt eingerichtet und
verwaltet; dem Bundespräsidenten gehört die obere
Leitung an; Organisation und Verwaltung sind
einheitlich, Einnahmen und Ausgaben gemein-
schaftlich. Die Gesetzgebung ist Sache des Bundes,
der Erlaß der reglementaren Festsetzungen sowie
die Wahrnehmung der Beziehungen zu den frem-