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den Postverwaltungen Sache des Präsidiums. Für
die gegenseitigen postalischen Beziehungen zwischen
dem Norddeutschen Bund und Bayern, Württem-
berg, Baden kam am 23. Nov. 1867 ein Vertrag
zustande. Auch mit Osterreich-Ungarn wurde zu
gleicher Zeit eine engere Postverkehrsgemeinschaft
geschaffen. Nach dem deutsch-französischen Krieg
wurden Elsaß-Lothringen und Baden (vom 1. Jan.
1872 ab) ohne jede grundsätzliche Anderung in
der verfassungsmäßigen Stellung der gemeinsamen
Verwaltung in den bestehenden Bund aufgenom-
men. Hierdurch erweiterte sich das Postgebiet des
Norddeutschen Bundes zum Reichspostgebiet,
das im Jahr 1890 durch Einverleibung Helgo-
lands in Preußen Zuwachs erhalten hat. Die
Verfassungsbestimmungen hinsichtlich der Stellung
und Verwaltung der neuen Reichspost wurden,
unter Aufnahme einiger Zusatzbestimmungen für
das Verhältnis zu Bayern und Württemberg,
welche die selbständige Verwaltung ihres Post-
und Telegraphenwesens behielten, aus der Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes übernommen.
Die deutsche Reichsverf. vom 16. April 1871 siellt
daher als obersten Grundsatz fest, daß das Post-
und Telegraphenwesen für das gesamte Gebiet des
Deutschen Reichs als einheitliche Staatsverkehrs-
anstalten eingerichtet und verwaltet wird. Wenn
nun auch Bayern und Württemberg gewisse Re-
servatrechte durch die Nichtanwendung der Art. 48
bis 51 der Reichsverf. zugestanden sind, so ist doch
durch die Bestimmung im Art. 52 auch hinsichtlich
dieser beiden Staaten in allen grundsätzlichen
Fragen, welche die Gesetzgebung, das Tarifwesen
im Verkehr zwischen den Bundesstaaten sowie die
Reglung der Beziehungen zu dem Ausland be-
treffen, die Einheit des Post= und Telegraphen=
wesens für den ganzen Umfang des Reichs her-
gestellt. Daneben ist innerhalb des Reichspost-
gebiets eine durchweg einheitliche Gestaltung
gesichert in Bezug auf die Verwaltungseinrich-
tungen, die reglementarischen Festsetzungen, den
Dienstbetrieb, das Beamtenwesen und die finan-
ziellen Verhältnisse. Nach einem zwischen der
deutschen und der württembergischen Postverwal-
tung abgeschlossenen Ubereinkommen sind vom
1. April 1902 ab für das Reichspostgebiet und
für Württemberg gemeinsame Postwertzeichen mit
der Inschrift „Deutsches Reich“ eingeführt.
Das Post= und Telegraphenwesen des Deutschen
Reichs wird durch das dem Reichskanzler unmittel-
bar unterstellte Reichspostamt unter der Leitung
eines Staatssekretärs verwaltet. Für die Verwal-
tung des Post= und Telegraphenwesens in den
einzelnen Bezirken bestehen 41 Oberpostdirektionen.
Zur Wahrnehmung des Post= und Telegraphen-
betriebs in den einzelnen Orten bestehen Post-
und Telegraphenanstalten. Je nach Bedeutung
und Umfang des Betriebs sind die Postanstalten
in vier Klassen eingeteilt: Postämter 1., 2. und
3. Klasse und Postagenturen. Die zur Wahr-
nehmung des Postbetriebs in den Eisenbahnzügen
usw. 250
bestimmten Postanstalten heißen Bahnpostämter
und führen fortlaufende Nummern. Für den
Telegraphen= und Fernsprechdienst bestehen je nach
dem Geschäftsumfang selbständige Telegraphen=
ämter und Stadt-Fernsprechämter, oder der Tele-
graphen= und Fernsprechdienst ist mit der Post-
anstalt vereinigt. In bedeutenderen Landorten
ohne Postanstalt sind Posthilfstellen als Hilfs-
anlagen für den Landbestelldienst eingerichtet. Sie
haben nicht die Eigenschaft von Postanstalten im
gesetzlichen Sinn des Wortes. Den Verkehr mit
den überseeischen Ländern und Schutzgebieten ver-
mitteln subventionierte Dampferunternehmungen
und Seeposten; zur Festigung der Kolonien und
der Verbindungen mit dem Mutterland sind auch
im Ausland deutsche Postanstalten eingerichtet.
Sie sind entweder dem Reichspostamt unmittelbar
unterstellt oder den Oberpostdirektionen in Ham-
burg und Bremen zugeteilt.
Der Wirkungkreis der deutschen Post
umfaßt alle Zweige des Brief-, des Geldvermitt-
lungs--, des Päckerei= und des Reiseverkehrs. Der
Schwerpunkt der Post liegt in der Organisation
eines schnellen, sichern und pünktlichen Nachrichten-
verkehrs. Die Briefpost umfaßt aber nicht nur
die Beförderung geschriebener, sondern auch ge-
druckter Nachrichten (Drucksachen, Zeitungen) und
der Warenproben. Sie hat dadurch für den ge-
schäftlichen Verkehr einen sehr hohen Wert ge-
wonnen. Durch die Verbilligung des Portos,
durch die Einführung der Briefmarken, der Brief-
kasten, der Postkarten und Kartenbriefe ist die Be-
nutzung der Post verallgemeinert und bedeutend
erleichtert worden. Als die volkstümlichste Maß-
nahme ist die Einführung der Postkarte zu be-
zeichnen, die 1865 von Stephan auf einer Post-
konferenz in Karlsruhe angeregt und 1868 auf
Veranlassung von Dr Emanuel Herrmann zuerst
in Osterreich eingeführt wurde. In Deutschland
ist sie durch Verordnung des Bundeskanzlers vom
6. Juni 1870 zugelassen worden.
Für den Geldvermittlungsverkehr
dienen: Postnachnahmen, Postaufträge, Geldbriefe
bzw.-pakete und Postanweisungen und der Post-
überweisungs= und Scheckverkehr. Durch das Post-
nachnahmeverfahren schafft die Post die Möglich-
keit, von säumigen oder unsichern Bestellern den
Kaufpreis ohne besondere Umstände einzuziehen.
Hierdurch kann selbst auf weite Entfernungen ein
Barkauf oder -verkauf ermöglicht werden. Die
am 15.Okt. 1871 eingeführten Postaufträge bieten
ein anderes bequemes Mittel zur Geldeinziehung.
Das Verfahren hat durch Einführung der Post-
aufträge zur Einholung von Wechselakzepten
(18. Juli 1876) eine für den Handel wichtige
Erweiterung erfahren. Das Postauftragsverfahren
hat eine hervorragende volkswirtschaftliche Bedeu-
tung. Es gewährt dem kleinen Geldverkehr die
Vorteile des Bankbetriebs selbst an solchen Orten,
wo Bankstellen nicht vorhanden sind. Der Post-
auftrag stellt sich hierdurch besonders in den Dienst