Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Umfang. Daneben besteht das Verbot des Be- 
triebs von Anstalten zur gewerbsmäßigen Ein- 
sammlung, Beförderung oder Verteilung von 
unverschlossenen, mit der Aufschrift bestimmter 
Empfänger versehenen Briefen, Karten, Druck- 
sachen und Warenproben. Nach dem Postgesetz 
vom 28. Okt. 1871 decken sich die Grenzen des 
Postregals und des Postzwangs. In demselben 
Umfang, in welchem das Reich das Postregal be- 
sitzt, verpflichtet das Postgesetz das Publitum, bei 
Versendung von Briefen und Zeitungen sich der 
Post zu bedienen, falls nicht etwa die Versendung 
durch einen expressen Boten geschieht. In den 
meisten Staaten erstreckt sich gegenwärtig der Post- 
zwang auf Briefe, und zwar vielfach auf ver- 
schlossene Briefe, und wenn die Beförderung gegen 
Bezahlung zwischen Postorten geschieht. Bezüglich 
der räumlichen Ausdehnung bestehen große Unter- 
schiede. Die Gesetze der meisten Kulturstaaten 
enthalten Bestimmungen über die Vorrechte der 
Posten zur Sicherung eines ungehinderten Ver- 
kehrs, über die Wahrung des Briefgeheimnisses 
und über die Haftpflicht. Die Gegenstände, auf 
welche sich die Haftpflicht erstreckt, sind sehr ver- 
schieden; es kommt hierbei wesentlich der Wirkungs- 
kreis des Postbetriebs in Betracht. Auch ist die 
Haftpflicht der Post räumlich begrenzt, z. B. im 
Verkehr mit dem Ausland. 
In Deutschland war der Zustand der Post- 
gesetzgebung und des Postrechts infolge des Be- 
stehens einer großen Zahl selbständiger Postver- 
waltungen äußerst mannigfaltig. Es herrschte 
über die wichtigsten Fragen Rechtsunsicherheit. 
Dieser Zersplitterung wurde zunächst durch die 
bereits erwähnten Verfassungsbestimmungen des 
Norddeutschen Bundes ein Ende gemacht. Es 
fehlte aber noch die Einheitlichkeit in den gesetz- 
lichen Bestimmungen. Sie wurde erreicht durch 
das Gesetz über das Postwesen des Norddeutschen 
Bundes vom 2. Nov. 1867. Es schloß sich in 
formeller und materieller Beziehung eng an das 
preußische Postgesetz vom 5. Juni 1852 an, be- 
rücksichtigte aber auch die in den übrigen Staaten 
des Bundes bestehenden rechtlichen Verhältnisse. 
Das Gesetz schuf einheitliche Rechtssätze über die 
Rechte und Pflichten der Postanstalt, über die 
Begrenzung ihrer zivilen Haftpflicht sowie über 
das Poststrafrecht. Der Umfang des Postregals 
wurde eingeschränkt, die besondern Vorrechte der 
Post wurden vermindert. Die Unverletzlichkeit des 
Briefgeheimnisses sowie die zulässigen Ausnahmen 
in strafgerichtlichen Untersuchungen, Zivilprozessen 
und Konkursen wurden gesetzlich festgelegt. Nach 
Gründung des Deutschen Reichs mußte ein neues 
Gesetz ausgearbeitet werden, welches auch in 
Bayern und MWürttemberg eingeführt werden 
konnte. Bei der Aufstellung wurde das Postgesetz 
des Norddeutschen Bundes zugrunde gelegt. Es 
entstand das Gesetz über das Postwesen des Deut- 
schen Reichs vom 28. Okt. 1871. Es brachte 
manche Neuerung. Gänzlich beseitigt wurde das 
  
  
Post usw. 
  
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Postregal in betreff des Personenverkehrs, frei- 
gegeben die Beförderung politischer Zeitungen, 
welche nicht öfter als einmal wöchentlich erscheinen, 
und vom Postzwang befreit der Vertrieb der öfter 
erscheinenden Zeitungen innerhalb des zweimeiligen 
Umkreises ihres Erscheinungsorts; der Begriff der 
Postgesetzübertretungen wurde eingeschränkt, das 
Strafmaß gemildert und das Strafverfahren 
wesentlich vereinfacht. Im Lauf der folgenden 
Jahre ist das Postgesetz in einigen Punkten ge- 
ändert worden. Eine der Anderungen betrifft das 
Verhältnis der Post zu den Eisen- 
bahnen. Die grundlegenden Bestimmungen 
waren in dem Gesetz über die Eisenbahnunter- 
nehmungen vom 3. Nov. 1838 gegeben. Sie ge- 
nügten für die vollständig veränderten Verkehrs- 
verhältnisse in keiner Weise mehr. Bald nach 
Einrichtung des Bundespostwesens war versucht 
worden, das Verhältnis im Postgesetz selbst zu 
regeln. Die Gesetzgebung in den einzelnen Bundes- 
staaten war aber in dieser Hinsicht so verschieden, 
daß von der Aufnahme in das Postgesetz abgesehen 
werden mußte. Man mußte sich darauf beschränken, 
auf die bestehenden besondern Gesetze und Kon- 
zessionen zu verweisen. Das Verhältnis der Post 
zu den Staatseisenbahnen war durch ein Regle- 
ment vom 1. Jan. 1868 geregelt, aber nur auf 
acht Jahre. Als dieser Zeitraum sich seinem Ende 
näherte, suchte man auf dem Weg der Gesetz- 
gebung für das Verhältnis der Post zu den Staats- 
bahnen und Privat-Eisenbahngesellschaften eineein- 
heitliche Grundlage im deutschen Reichspostgebiet 
herzustellen. Es kam das sog. Eisenbahnpostgesetz 
vom 20. Dez. 1875 zustande, worin die Interessen 
der Post bei Feststellung der Fahrpläne gewahrt 
sind, worin die Leistungen und Gegenleistungen 
in Bezug auf Hergabe und Unterhaltung der 
Postförderungsmittel auf Eisenbahnen sowie hin- 
sichtlich der Erbauung und Hergabe von Post- 
diensträumen auf Bahnhöfen festgelegt sind. Für 
Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung sind vom 
Reichskanzler unterm 28. Mai 1879 besondere 
Bestimmungen erlassen. Endlich ist hier noch das 
Gesetz über Kleinbahnen vom 28. Juli 1892 an- 
zuführen. Alle diese Gesetze und Verordnungen 
haben die einheitliche Reglung des Verhältnisses 
der Post zu den Eisenbahnen hergestellt; es ist 
dadurch eine so weit als mögliche Angliederung 
der Postbetriebseinrichtungen an den Eisenbahn- 
betrieb erreicht. 
Im Postgesetz und im Strafgesetzbuch fehlen 
Strafbestimmungen über die Verwendung von be- 
reits entwertet gewesenen Wertzeichen. Diese Lücke 
ist durch die Novelle zum Strafgesetzbuch vom 
13. Mai 1891 ausgefüllt. Eine bedeutsame An- 
derung hat das Postgesetz durch Art. 2 des Gesetzes 
vom 20. Dez. 1899 betr. einige Anderungen von 
Bestimmungen über das Postwesen erlitten. In 
dem Postgesetz waren verschlossene Orts briefe 
vom Postzwang freigelassen worden. Infolgedessen 
traten in vielen größeren und mittleren Städten
	        
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