Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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bestanden bei dem Seeporto. Der Austausch der 
Korrespondenzen zwischen den Vereinigten Staaten 
von Amerika z. B. und den Staaten des euro- 
päischen Kontinents erfolgte durch Schiffe ver- 
schiedener Nationen und auf verschiedenen Wegen. 
Hiernach richteten sich auch die Taxen, so daß der 
Austausch der Sendungen für die Staaten im 
Innern Europas sehr darunter litt. Es wurde 
daher mit Freuden begrüßt, als die Bundesregie- 
rung in Washington im Sept. 1862 bei den Re- 
gierungen der Staaten Europas eine Konferenz 
anregte, welche zur Beseitigung der im internatio- 
nalen Verkehr bestehenden vielen Schwierigkeiten 
ein auf gemeinsamer Grundlage beruhendes inter- 
nationales Abkommen vereinbaren sollte. Die 
Konferenz wurde am 11. Mai 1863 in Paris 
eröffnet; es waren vertreten: Belgien, Costa Rica, 
Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die deut- 
schen Hansestädte, Italien, die Niederlande, Oster- 
reich, Portugal, Preußen, die Sandwichinseln, 
Spanien, die Schweiz und die Vereinigten Staa- 
ten. Diese Konferenz hatte keine bindenden Ver- 
einbarungen zur Folge. Es wäre auch kaum 
möglich gewesen; denn die Verschiedenheit der 
Interessen war einstweilen noch zu groß. Es 
wurden nur 31 Grundsätze vereinbart, welche den 
den internationalen Postverkehr betreffenden Ver- 
tragsabschlüssen fortan zugrunde gelegt werden 
sollten. Und doch ist die Bedeutung dieser Kon- 
ferenz nicht gering anzuschlagen. Der Gedanken- 
austausch zwischen Abgeordneten hervorragender 
Postverwaltungen der zivilisierten Erde, die per- 
sönliche Annäherung mußten befruchtend wirken auf 
die Entwicklung des Gedankens eines internatio- 
naler postalischen Ubereinkommens. Namentlich die 
deutsche Postverwaltung verfolgte die Idee weiter. 
Die frühere preußische Postverwaltung, später die 
norddeutsche Bundes= und dann die Reichspost- 
verwaltung hatten beim Abschluß von zahlreichen 
Postverträgen immer den Grundsat festgehalten, 
die vielen Einzelbestimmungen auf gewisse all- 
gemein maßgebende Grundsätze zurückzuführen. 
Schon hierdurch war in den Verträgen eine ge- 
wisse Gleichförmigkeit erreicht. Der damalige Ge- 
heime Oberpostrat Stephan verfaßte im Nov. 
1868 eine „Denkschrift betr. den allgemeinen Post- 
kongreß“, worin er die Grundzüge für die Bil- 
dung einer Verkehrsgemeinschaft entwickelte, welche 
vorerst aus den europäischen Staaten, Russisch- 
Asien, der asiatischen Türkei nebst Agypten, Al- 
gerien, den Kanarischen Inseln und Madeira, 
ferner aus den Vereinigten Staaten von Amerika, 
Kanada, den sonstigen Besitzungen Englands in 
Nordamerika und Grönland bestehen sollte. Für 
den aus den genannten Gebieten zu errichtenden 
Verein verlangte die Denkschrift einen einheitlichen 
Portosatz für Briefe, Drucksachen und Waren- 
proben. Jede Postverwaltung sollte ungeteilt das 
in ihrem Gebiet zur Erhebung gelangende Porto 
beziehen, das Transitporto jeder Art, sowohl 
für den Einzeltransit als für geschlossene Brief- 
  
Post usw. 
  
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pakete, sollte abgeschafft werden. Es ist eine durch 
die Erfahrung bestäligte Tatsache, daß die Bevöl- 
kerung eines Landes gewöhnlich so viele Briefe 
aus andern Staaten erhält, als sie selbst nach 
diesen absendet. Diese einfache Tatsache erleichterte 
wesentlich den allgemein zur Annahme gekommenen 
Grundsatz: Portobezug nur durch das Aufgabe- 
gebiet, soweit es sich um frankierte Sendungen 
handelt. Zugleich war damit eine weitgreifende 
Vereinfachung der gegenseitigen Verrechnung er- 
zielt und hierdurch wieder eine wesentliche Verein- 
fachung des Dienstbetriebs möglich. Das Porto 
für unfrankierte Sendungen bezieht in Anwen- 
dung desselben Grundsatzes die Verwaltung des 
Bestimmungelands. « 
Die Transitgebühren haben bei allen 
Kongressen eine wichtige Rolle gespielt; es werden 
daher einige erläuternde Angaben schon hier nötig 
sein. Man unterscheidet zwei Arten von Transit: 
1) Die den Transit benutzenden Verwaltungen 
befördern die Sendungen in eignen Posten durch 
das Zwischenland hindurch, sei es mit eignen 
Betriebsmitteln, sei es mit denen des Zwischen- 
lands. 2) Die Sendungen werden der transit- 
leistenden Verwaltung an den Grenzen ihres Ge- 
biets zur Beförderung mit ihren Landesposten 
übergeben, und zwar offen und einzeln (offener 
Transit) oder verpackt in Säcken (geschlossener 
Transit). Im weiteren sind Land= und Seetransit 
zu unterscheiden. 
Dem Vorschlag der Denkschrift gemäß wurden 
von der Regierung des Norddeutschen Bundes zu 
Anfang des Jahrs 1869 diplomatische Schritte 
getan, um den Zusammentritt eines allgemeinen 
Postkongresses einzuleiten. Als diese Anregung 
nicht zum Ziel führte, wurde am 6. Juni 1870 
dem deutschen Botschafter in Paris die erneute 
Weisung erteilt, auf die Sache nochmals hinzu- 
weisen. Der deutsch-französische Krieg hinderte 
die weitere Verfolgung des Plans der allge- 
meinen Postunion. Nach Abschluß eines Post- 
vertrags mit Frankreich (14. Febr. 1872), worin 
die oben genannten Grundsätze schon berücksichtigt 
wurden, konnte der Kongreßgedanke von neuem 
ernstlich aufsgenommen werden. Endlich am 
15. Sept. 1874 trat der Kongreß in Bern zusam- 
men. Es waren vertreten: Deutschland, Osterreich- 
Ungarn, Dänemark, Agypten, Spanien, Vereinigte 
Staaten Amerikas, Frankreich, Großbritannien, 
Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, 
die Niederlande, Portugal, Rumänien, Rußland, 
Serbien, Schweden, die Schweiz und die Türkei. 
Aber nur die Delegierten von 13 Staaten waren 
zum Abschluß und zur Unterzeichnung eines all- 
gemeinen Postvertrags ermächtigt wor- 
den; 5 Staaten, darunter Frankreich und Eng- 
land, hatten ihre Abgesandten nur bevollmächtigt, 
sie auf dem Kongreß zu vertreten. Mehrere 
Staaten hatten ihre Delegierten beim Schweizer 
Bundesrat nur angemeldet, dieselben hatten weder 
Vollmachten noch Beglaubigungsschreiben. Un-
	        
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