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von inländischen Zeitungsbeziehern entrichteten,
die Übermittlung der Zeitungen nach den im deut-
schen Postzeitungsdienst gültigen Grundsätzen. Die
Wirkung dieses Abkommens umfaßt wichtige Ge-
biete menschlicher Tätigkeit in materieller und gei-
stiger Beziehung. Bisher erfolgte der internatio-
nale Zeitungsbezug je nach der Gesetzgebung der
beteiligten Länder teils in ganz losem teils in
engerem Zusammenhang mit den sonstigen posta-
lischen Beziehungen dieser Länder. Vielfach ver-
mittelte ausschließlich der Privathandel den Verkehr
zwischen Verlegern und Beziehern. Es wurden
Beträge verlangt, welche weit über die Zeitungs-
gebühr hinausgingen; der Zeitungsverkehr wurde
erheblich verteuert. Bei dem heutigen Stand weit
verbreiteter Bildung, bei dem gesteigerten Be-
dürfnis, sich hinsichtlich der Zustände, der Be-
strebungen, der Geisteserzeugnisse und Kulturfort-
schritte fremder Länder auf dem laufenden zu
erhalten, gehört die Leichtigkeit, Regelmäßigkeit
und Billigkeit des Zeitungsbezugs im Wechsel-
verkehr der Kulturstaaten zu den ersten Erforder-
nissen neuzeitlichen Verkehrs. Die zu Wien ab-
geschlossene Ubereinkunft betr. die Vermittlung der
Post beim Bezug von Zeitungen ist daher von
hervorragender kultureller Bedeutung.
Die Einrichtung der Zentralabrechnungsstelle
hat für die Verwaltungen den Vorteil, daß sie bei
Abwicklung ihrer internationalen Abrechnungen
es nur mit einem einzigen Schuldner oder Gläu-
biger zu tun haben, daß die Ersetzung der zahl-
reichen besondern Abrechnungen durch einen ein-
zigen Rechnungsabschluß die zur Ausgleichung
der Rechnungen notwendigen Summen wesentlich
ermäßigt.
Der fünfte Weltpostkongreß tagte im
Jahr 1897 zu Washington. Die Reglung der
für die innere Entwicklung des Vereins wichtigen
Frage der Transitvergütungen ist bereits berührt
worden. Die übrigen Beschlüsse betreffen eine
Reihe von Verbesserungen, Erleichterungen und
größeren Freiheiten des Verkehrs, wodurch das
Verhältnis der Post zum Publikum fester geregelt
wird. Auf diesem Kongreß ist auch die Einführung
einer Weltpostmarke verhandelt worden. Der
Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Dem Kongreß in Bern lagen schon vier Anträge
auf Einführung von internationalen Briefmarken
vor. Ebenso wurden dem Pariser Kongreß zwei
Eingaben vorgelegt. Beide Male nahm man keine
Notiz davon. Auf dem Lissaboner Kongreß ver-
langte ein Delegierter eine bündige Erklärung,
wodurch derartige Anträge ein für allemal abge-
wiesen werden sollten. Das geschah nicht. Auf
dem Wiener Kongreß schnitt der luxemburgische
Delegierte die Frage wieder an und befürwortete,
unterstützt von dem Delegierten der Vereinigten
Staaten Amerikas, den Antrag auf Einführung.
Staatssekretär v. Stephan wies auf die Ver-
schiedenheit des Münzwesens, auf den Mangel
einheitlicher Strafbestimmungen für den Fall der
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Fälschung von Briefmarken hin. Ein Beschluß
wurde nicht gefaßt. Für das große Publikum ist
die Einführung der Weltmarke von Interesse. Es
wäre in der Lage, das Franko eines Briefs oder
die etwaige Nachtaxe selbst prüfen zu können. Die
Reisenden würden der Unannehmlichkeit überhoben
sein, daß die Briefmarken des einen Landes im
andern Land für die Frankierung nicht verwendet
werden können. Es wäre das Mittel geboten, für
eine erbetene Beantwortung eines Briefs gegebenen-
falls das Franko beizufügen. Kleinere Zahlungen
könnten leicht in Briefmarken ausgeglichen werden.
Diesen Vorteilen stehen manche Schwierigkeiten
gegenüber. Eine große Gefahr besteht darin, daß
eine lebhafte Arbitrage zwischen denjenigen Staa-
ten des Weltpostvereins, welche die Goldwährung
oder eine valutafreie Doppelwährung haben, und
Ländern mit Silber= oder Papierwährung sich
herausbilden würde. Die Goldwährungsstaaten
und die Staaten der lateinischen Münzunion
würden im Vergleich zu den Staaten mit beson-
ders entwerteter Währung sehr im Nachteil sein.
Zweifellos würde die Spekulation sich sofort der
Sache bemächtigen. Die Verwendbarkeit der Uni-
versalbriefmarke als Zahlungsmittel ist zwar be-
quem, aber der nach langen Kämpfen errungene
Grundsatz, daß jede Postverwaltung das Porto,
welches sie erhebt, ungeteilt behält, würde schwer-
lich beibehalten werden können. Im übrigen wür-
den wir bald zu einem Papier-Kleingeld kommen,
das uns stark an die Zettelwirtschaft früherer Zei-
ten erinnerte, ganz abgesehen von der moralischen
Gefahr, welche die Versendung solcher Beträge
in gewöhnlichen Briefen naturgemäß mit sich
bringt. Auch technische Bedenken stehen der Ein-
führung entgegen. Die Herstellung würde bei
dem internationalen Bureau in Bern zu erfolgen
haben. Es handelt sich aber um Massen, deren
pünktliche Herstellung und Versendung nicht sicher-
gestellt werden kann. Der Gedanke der Einfüh-
rung einer Einheitsmarke wird auf den Kongressen
noch oft wiederkehren. Ob er sich verwirklichen
läßt, ist mehr als zweifelhaft. »
Der sechste Weltpostkongreß tagte im Jahr
1906 in Rom. Es wurde eine Reihe von Ver-
kehrserleichterungen und Betriebsvereinfachungen
beschlossen. Am wichtigsten ist die Vorbereitung
der Herabsetzung des Weltpostbriefportos.
Es wurde das Briefporto auf 25 Centimes für
die ersten 20 g und 15 Centimes für jede weitere
20 8 festgesetzt, jedoch mit der Einschränkung, daß
die Postverwaltungen, die aus Rücksicht auf ihren
innern Verkehr oder aus einem andern Grund die
Erhöhung des Briefgewichtssatzes von 15 auf 20 8
oder die Herabsetzung des Portos für die höheren
Gewichtsstufen von 25 auf 15 Centimes nicht an-
zunehmen in der Lage sind, die Anwendung des
einen oder des andern oder beider Taxierungs-
grundsätze einstweilen aussetzen dürfen. Die Vor-
ausfrankierung von Briefen im internatio-
nalen Verkehr wurde durch Einführung von Ant-