Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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ermöglicht. Die Ausnahmebestimmung, daß die 
Länder, deren Gesetzgebung dem Grundsatz der 
Ersatzleistung entgegensteht, die Ubernahme 
der Haftpflicht für den Verlust von Einschreib- 
sendungen ablehnen dürfen, ist beseitigt worden. 
Die Stimmrechte der Kolonialgebiete sind ander- 
weit geregelt: England 5, Frankreich 3, Deutsch- 
land, Niederlande und Portugal je 2, Vereinigte 
Staaten und Italien je 1. 
Mehrfach sind Taxbestimmungen geändert. 
Der Umfang des Weltpostvereins wird am besten 
durch Nennung derjenigen Gebiete gekennzeichnet, 
welche nicht zum Verein gehören und als Vereins- 
ausland bezeichnet werden. Es sind: Afghanistan, 
Arabien mit einigen Ausnahmen, Belutschistan 
mit einigen Ausnahmen, mehrere britische Be- 
sitzungen in Afrika und Australien, der größte Teil 
von China, Ladak (Tibet) und ein Teil von 
Marokko. 
V. Lelegraphen- und Fernsprechwesen. In 
den alten Zeiten schon haben selbst unkultivierte 
Völker Versuche gemacht, an Stelle der Nach- 
richtenübermittlung durch Boten einen beschleu- 
nigten Nachrichtendienst durch unmittelbare Nutz- 
barmachung von Naturkräften zu erfinden. Mit 
Hilfe der optischen Telegraphen hatte man eine 
wesentliche Beschleunigung in der Beförderung von 
sichtbaren Nachrichten schon erreicht. Die Ent- 
deckungen auf dem Gebiet der Elektrizität hatten 
für diesen Nachrichtenverkehr eine ähnliche um- 
wälzende Bedeutung wie die Übertragung der 
Dampfkraft auf Land= und Wasserstraßen für den 
Personen= und Güterverkehr. Es hat vieler Ver- 
suche bedurft, um den elektrischen Strom dem 
Nachrichtenverkehr dienstbar zu machen. Galvanis 
Entdeckung war der Ausgangspunkt, Voltas Er- 
findung ebnete den Weg für den ersten elektro- 
magnetischen Telegraphen, den die Göttinger Ge- 
lehrten Gauß und Weber in Tätigkeit setzten, und 
der von Steinheil zum Schreibtelegraphen ver- 
vollkommnet wurde. Bahnbrechend für die weitere 
Entwicklung waren die Versuche des Amerikaners 
Morse, der im Jahr 1837 einen Apparat her- 
stellte, durch welchen auf elektromagnetischem Weg 
Übertragungen von Zeichen möglich waren. Die 
Zeichen wurden zunächst in Relief hergestellt. Bald 
wurden diese Apparate verdrängt durch die Farb- 
schreiber, bis der Typendruckapparat von dem 
Amerikaner Hughes dem Werk die Krone ausfsetzte. 
Andere Fortschritte brachten der Vielfach= und 
Multiplexapparat, bis es gelang, mittels des 
Schnelltelegraphen eine Zahl von 220 Wörtern 
in 9 Sekunden von Berlin nach Budapest zu über- 
tragen. Eine epochemachende Neuerung unserer 
Zeit ist die Erfindung der sog. drahtlosen Tele- 
graphie durch den Italiener Marconi. 
In Deutschland wurde die erste telegraphische 
Leitung im Jahr 1837 erbaut, in England 1840, 
in Amerika 1843, und so folgten sich die Staaten, 
bis zuletzt Portugal 1857 an die Reihe kam. Die 
Post usw. 
  
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Telegraphen fanden zunächst im Eisenbahndienst 
Anwendung; dann wurden sie für Staatszwecke 
nutzbar gemacht und schließlich in den Dienst der 
allgemeinen Nachrichtenbeförderung gestellt. Die 
erste Marconische Telegraphenstation ist in Deutsch- 
land im Jahr 1900 auf dem Feuerschiff Borkum- 
Riff errichtet worden. Ihr Gebiet ist vorzugs- 
weise die Seeschiffahrt, wo sie von größter Be- 
deutung für eine schnelle Nachrichtenbeförderung 
werden wird. 
Von Anfang an richtete sich die Aufmerksamkeit 
auf die Frage, ob die elektromagnetische Tele- 
graphie auch die Meere überwinden könne. Einem 
Flußkabel zwischen Köln und Deutz folgte 1850 
das erste Seekabel von Dover nach Calais, bis 
es 1866 gelang, das erste transatlantische Kabel 
u legen. 
Die Erfindung des Fernsprechers eröffnete 
den Telegraphenverwaltungen ein ganz neues, 
eigenartiges Feld der Tätigkeit. Die Erfindung 
ist dem deutschen Lehrer Philipp Reis zu ver- 
danken, dessen Apparat aber nicht vollkommen 
genug war, um in den Dienst des Verkehrswesens 
gestellt werden zu können. Die Herstellung eines 
solchen Apparats gelang dem Amerikaner Graham 
Bell im Jahr 1876. Am 24. Okt. 1877 stellte 
sich der unscheinbare Apparat zum erstenmal in 
Berlin vor, und schon am 12. Nov. 1877 wurde 
das erste Fernsprechamt für den öffentlichen Ver- 
kehr eingerichtet. Seitdem hat sich der Fernsprecher 
die Welt erobert. Zwar war die Leistungsfähigkeit 
anfangs noch gering, aber im Lauf der Jahre sind 
die Apparate und Leitungen derart vervollkommnet 
worden, daß selbst auf große Entfernungen eine 
Verständigung möglich geworden ist. Zunächst 
bildete sich das Stadtfernsprechwesen mit 
außerordentlicher Schnelligkeit zu einem Dienst- 
zweig aus, der gegenüber den älteren Betrieben, 
Post und Telegraphie, eine erstaunliche Verbrei- 
tung fand. Die Beschränkung auf das Stadt- 
gebiet mußte bald fallen gelassen werden. Die 
Leichtigkeit und Bequemlichkeit des Verkehrs durch 
den Fernsprecher machte in Geschäfts= und Han- 
delskreisen sehr bald den Wunsch nach der Ver- 
bindung benachbarter Orte mit Stadtfernsprech- 
einrichtungen rege. Den Anträgen auf Herstellung 
solcher Anlagen ist in weitestem Umfang ent- 
sprochen worden. Daneben wurden für gewisse 
Landesteile, wo bestimmte lebhafte Industrien 
ihren Sitz haben, Fernsprechanlagen unter wesent- 
lich erleichterten Bedingungen hergestellt. Es ent- 
standen so die Bezirksfernsprecheinrich- 
tungen. In neuerer Zeit ist namentlich das 
platte Land mit ausgedehnten Fernsprechanlagen 
ausgestattet worden. Alle Staaten haben sich den 
Ausbau des Fernsprechwesens in hervorragender 
Weise angelegen sein lassen. Deutschland mar- 
schiert aber an der Spitze. 
In den meisten Staaten ist das Telegraphen- 
wesen als ein Regal anerkannt worden, z. B. in 
Großbritannien 1868, Frankreich 1851, Italien, 
GS.
	        
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