Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Belgien 1851, in den Niederlanden 1852, in der 
Schweiz 1874, in Osterreich 1847, Ungarn 1888, 
Norwegen 1881 usw. In Deutschland war man 
den Weg der Gesetzgebung zunächst nicht gegangen. 
Dem Art. 48 der Reichsverf., wonach das Tele- 
graphenwesen für das gesamte Gebiet des Reichs 
als einheitliche Staatsverkehrsanstalt eingerichtet 
und verwaltet werden soll, war von Reichs wegen 
stets die Auslegung gegeben worden, daß dadurch 
nicht nur den Einzelstaaten — ausgenommen 
Bayern und Württemberg — die Einrichtung 
und Verwaltung des Telegraphenwesens entzogen, 
sondern daß durch dieselbe auch positiv, insoweit 
es sich um die Benutzung der Telegraphie zu 
Zwecken „des Verkehrs“ handelt, ein Alleinrecht 
des Reichs begründet sei. Diese Auffassung wurde 
von angesehenen Schriftstellern bestritten. Es 
mußte zugegeben werden, daß Zweifel gegen die 
rechtliche Grundlage des von dem Reich in An- 
spruch genommenen Regals nicht ausgeschlossen 
seien, daß es auch tatsächlich an Bestimmungen 
fehle, welche den Umfang des Regals präzisieren 
und Eingriffe in dasselbe unter Strafe stellen. 
Die Frage der rechtlichen Begründung des Regals 
bekam durch die große Ausdehnung des Fern- 
sprechverkehrs eine praktische Bedeutung, nament- 
lich als die Rechtsprechung sich in einigen Fällen 
gegen die vom Reich angewandte Auslegung des 
Regals aussprach. Es wurde daher ein Gesetzent- 
wurf über das Telegraphenwesen des Deutschen 
Reichs ausgearbeitet und am 22. Febr. 1892 dem 
Reichstag zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung 
überwiesen. Das Gesetz ist am 6. April 1892 in 
Kraft getreten. In § 1 dieses Gesetzes ist das 
Monopol, und zwar auch für die Fernsprech- 
anlagen, anerkannt. Es sind daher jetzt sowohl 
in verfassungsrechtlicher als in strafrechtlicher Be- 
ziehung unter dem Ausdruck „Telegraphenanlagen“ 
die Fernsprechanlagen mitzuverstehen. Es wird 
allgemein anerkannt, daß ein solches Regal im 
Interesse des allgemeinen Wohls notwendig ist. 
Namentlich verbieten die Verkehrsinteressen, die 
Telegraphie der privaten Handhabung und der 
privaten gewerbsmäßigen Ausnutzung zu über- 
lassen. Durch den § 2 des Telegraphengesetzes ist 
das Reich ermächtigt worden, die den Gegenstand 
des Regals bildenden Telegraphenanlagen nicht 
nur selbst herzustellen und zu betreiben, sondern 
auch die Herstellung und den Betrieb auf andere 
Unternehmer durch Verleihung zu übertragen. 
Durch den § 3 erhält der Umfang des Regals 
seine nähere Begrenzung, indem unter gewissen 
Bedingungen Landesbehörden und Transport- 
anstalten die Anlage von Telegraphen zu dienst- 
lichen Zwecken gestattet wird, worüber dem Reich 
die Aufsicht zusteht (§ 4). Der § 5 sichert dem 
Publikum das Recht auf Beförderung von ord- 
nungsmäßigen Telegrammen und auf Zulassung 
zu einer ordnungsmäßigen telephonischen Unter- 
haltung. Im weiteren enthält das Gesetz die 
Gewährleistung der Unverletzlichkeit des Telegra- 
  
Post usw. 
  
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hengeheimnisses, Strafbestimmungen usw. Eine 
wichtige Bestimmung betrifft das Verhältnis der 
Telegraphenanlagen zu den Starkstromanlagen. 
Die deutsche Telegraphenverwaltung stand früher 
auf dem Standpunkt, daß die Privatindustrie 
generell die Pflicht habe, Störungen der staat- 
lichen Leitungen durch besondere Vorkehrungen zu 
verhindern. Die industriellen Kreise empfanden 
ein solches Vorrecht als eine große Gefahr. Durch 
das Telegraphengesetz ist die Sache in der Weise 
geregelt, daß derjenige Teil, welcher durch eine 
pätere Neuanlage oder Veränderung einer be- 
tehenden Anlage eine Störung älterer elektrischer 
Anlagen oder die Gefahr einer solchen Stö- 
rung hervorruft, für Beseitigung dieser Gefahr zu 
sorgen hat. 
Bis dahin fehlte noch die reichsgesetzliche Grund- 
lage für die Befugnis der Telegraphenverwaltung 
zur Benutzung fremder Grundstücke, insbesondere 
der öffentlichen Straßen und Wege, bei der Her- 
stellung von Telegraphenlinien. Im § 14 des 
Telegraphengesetzes war sogar ausdrücklich fest- 
gelegt worden, daß dem Reich durch das Tele- 
graphengesetz keine weiter gehenden als die bisher 
bestandenen Ansprüche auf die Verfügung über 
fremden Grund und Boden, insbesondere über 
öffentliche Wege und Straßen, zugestanden werden 
sollten. Diese bestehenden Ansprüche gründeten 
sich im allgemeinen lediglich auf Abkommen mit 
Staats= und Kommunalbehörden. Die vorhan- 
dene Lücke ist ausgefüllt worden durch das Tele- 
graphenweggesetz vom 18. Dez. 1899 und die 
hierzu erlassenen Ausführungsbestimmungen vom 
26. Jan. 1900. 
Die überseeischen Kabel befinden sich 
noch zum größten Teil in den Händen von Privat- 
gesellschaften, die den Betrieb nach den Grundsätzen 
des Erwerbsunternehmens regeln. Bei manchen 
Kabellinien, die für die Staatsverwaltung eine 
besondere Bedeutung haben, wird seitens derselben 
zu ihrer Aufrechterhaltung Unterstützung gezahlt. 
Das allgemeine Interesse fordert, daß auch den 
privaten Seekabeln ein wirksamer Schutz zu teil 
werde. Hierzu dient der internationale Vertrag 
zum Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel 
vom 1. Mai 1884. Zur Ausführung dieses Ge- 
setzes ist in Deutschland am 21. Nov. 1887 ein 
besonderes Reichsgesetz ergangen. Hiernach finden 
die Bestimmungen des Vertrags auch innerhalb 
der deutschen Küstengewässer Anwendung. Die 
deutsche Reichspostverwaltung hat die Kabel einiger 
für Deutschland besonders wichtigen Linien ge- 
kauft. Die Frage der Verstaatlichung der Unter- 
seekabel wird über kurz oder lang für die Regie- 
rungen der beteiligten Staaten zweifellos auf die 
Tagesordnung kommen. · 
Obwohl der Telegraph sehr spät in den Dienst 
der Offentlichkeit getreten ist, ergab sich aus der 
gleichen Aufgabe, welche Post und Telegraphie 
erwächst, eine gewisse Gemeinsamkeit, die es nahe 
legte, die Schwesteranstalten miteinander in Zu- 
 
	        
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