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der Glaube erweckt würde, der Inhaber sei als
Patentanwalt eingetragen; die Zuwiderhandlung
ist mit Geldstrafe bis zu 300 MU. im Unvermögens-
fall mit Haftstrafe bedroht.
2. Erwerb der Patentanwaltschaft.
Die Patentanwaltschaft wird durch die Eintragung
in die bei dem Patentamt geführte Liste der Pa-
tentanwälte erworben. Die Eintragung ist nur
zulässig, wenn gewisse persönliche Eigenschaften,
die technische Befähigung und der Besitz der er-
forderlichen Rechtskenntnisse bei dem Antragsteller
nachgewiesen sind.
Was den ersten Punkt anlangt, so muß der
Antragsteller im Inland wohnen, das 25. Lebens-
jahr vollendet haben, in der Verfügung über sein
Vermögen durch gerichtliche Anordnung nicht be-
schränkt sein und sich keines unwürdigen Ver-
haltens schuldig gemacht haben. Als unwürdiges
Verhalten sind politische, wissenschaftliche und
religiöse Ansichten oder Handlungen als solche
nicht anzusehen. Wird die Eintragung wegen un-
würdigen Verhaltens versagt, so ist ausschließlich
Beschwerde innerhalb eines Monats nach der Zu-
stellung der Entscheidung zulässig, die bei dem
Patentamt anzumelden ist und der Entscheidung
des Ehrengerichts (vgl. unter 4) unterliegt.
Als technisch befähigt gilt, wer im Inland als
ordentlicher Hörer einer Universität, einer tech-
nischen Hochschule oder einer Bergakademie sich
dem Studium naturwissenschaftlicher und tech-
nischer Fächer gewidmet, alsdann eine staatliche
oder akademische Fachprüfung bestanden, außer-
dem mindestens ein Jahr in praktischer gewerblicher
Tätigkeit gearbeitet und hierauf mindestens zwei
Jahre hindurch eine praktische Tätigkeit auf dem
Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ausgeübt
hat. Die Fachprüfung muß auf alle Fälle im
Inland abgelegt werden; im übrigen können
die Vorbedingungen auch im Ausland erfüllt
werden.
Der Besitz der erforderlichen Rechtskenntnisse
ist durch Ablegung einer Prüfung nachzuweisen.
Zu derselben darf nux zugelassen werden, wer die
technische Befähigung dargetan hat. Die Prüfung
ist eine schriftliche und eine mündliche und ins-
besondere darauf zu richten, ob der Bewerber die
Fähigkeit zur praktischen Anwendung der auf dem
Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes geltenden
Vorschriften besitzt. Die Prüfung wird vor einer
Kommission abgelegt, in welche Mitglieder des
Patentamts und Patentanwälte durch den Reichs-
kanzler zu berufen sind. Im Fall des Nicht-
bestehens kann die Prüfung nach Ablauf einer
von der Prüfungskommission festzusetzenden Frist
von mindestens sechs Monaten einmal wiederholt
werden. Die näheren Bestimmungen sind durch
eine vom Bundesrat erlassene Prüfungsordnung
vom 25. Juli 1900 getroffen.
Am Ende des Jahres 1907 waren 252 Patent-
anwälte in der Liste eingetragen, von denen allein
152 in Berlin wohnten.
Patentrecht.
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3. Berufspflichten. Der Patentanwalt
ist verpflichtet, seine Berufstätigkeit gewissenhaft
auszuüben und durch sein Verhalten in Ausübung
des Berufs sowie außerhalb desselben sich der
Achtung würdig zu zeigen, welche sein Beruf er-
fordert. Er wird auf die Erfüllung dieser Ob-
liegenheiten durch Handschlag verpflichtet. Diese
Pflichten, nach dem Vorbild des § 28 der Rechts-
anwaltsordnung im allgemeinen umschrieben, lassen
sich bei der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse im
einzelnen nicht aufzählen. Neben diese berufs-
rechtliche tritt im einzelnen Fall die zivilrechtliche
Verpflichtung und Haftung. Der Patentanwalt
steht zu der Partei, die ihn beauftragt, in einem
privatrechtlichen Dienstverhältnis, das die Be-
sorgung der patentrechtlichen Angelegenheit zum
Gegenstand hat, auf welches demgemäß die Vor-
chriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den
Dienstvertrag mit gewissen durch Bestimmungen
über den Auftrag herbeigeführten Modifikationen
(ogl. § 675 B.G. B.) Anwendung finden. Es
mag hervorgehoben werden, daß der Patentanwalt,
der, wie es wohl meistens geschehen wird, sich
öffentlich zur Geschäftsbesorgung erboten hat, ver-
pflichtet ist, wenn er einen an ihn gerichteten Auf-
trag in patentrechtlichen Angelegenheiten nicht an-
nimmt, die Ablehnung dem Auftraggeber unver-
züglich anzuzeigen; unterläßt er dies, so gilt sein
Schweigen zwar nicht als Annahme, da er nicht
Kaufmann ist, aber er wird schadensersatzpflichtig.
Der Patentanwalt kann für seine Tätigkeit eine
Vergütung beanspruchen, auch wenn eine solche
nicht ausdrücklich vereinbart worden ist. Bis zum
Erlaß einer Gebührenordnung für Patentanwälte
kann er die übliche Vergütung fordern. — Vor
dem Reichsgericht als Berufungsinstanz im Ver-
fahren auf Nichtigkeit eines Patents (vgl. unter
II, 6) können Patentanwälte nicht als Vertreter
eines Beteiligten mitwirken, wohl aber als tech-
nische Beistände zugelassen werden.
Verletzt ein Patentanwalt die ihm obliegenden
Berufspflichten, so ist er auf Grund einer ehren-
gerichtlichen Entscheidung in der Liste zu löschen.
In leichteren Fällen kann statt der Löschung in
der Liste als Ordnungsstrafe ein Verweis oder
eine Geldstrafe bis zu 3000 M oder beides zu-
sammen verhängt werden. Die Einleitung des
ehrengerichtlichen Verfahrens wird von dem Reichs-
kanzler verfügt. Der Angeschuldigte ist zu hören
und die Vorschriften der Strafprozeßordnung über
Beweisaufnahme und Verteidigung, von der Pa-
tentanwälte nicht ausgeschlossen werden dürfen,
finden entsprechende Anwendung. Zuständig zur
Verhandlung und Entscheidung ist das Ehren-
gericht, welches aus einem rechtskundigen und
einem technischen Mitglied des Patentamts sowie
aus drei Patentanwälten besteht. Zur mündlichen
Verhandlung, die auf Verlangen des Angeschul-
digten öffentlich ist, ist daher unter Angabe der
Anschuldigungspunkte zu laden. Die Entschei-
dung ist mit Gründen zu versehen, schriftlich aus-
–