Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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zufertigen und dem Angeschuldigten zuzustellen, 
dem innerhalb eines Monats die Berufung an den 
Ehrengerichtshof zusteht. Dieser besteht aus drei 
Mitgliedern des Patentamts und vier Patent- 
anwälten. Das Verfahren entspricht dem vor- 
beschriebenen. Für jedes Jahr im voraus werden 
vom Reichskanzler die Mitglieder des Patentamts 
für das Ehrengericht und den Ehrengerichtshof 
bestimmt und 20 Patentanwälte bezeichnet, von 
welchen für jede Spruchsitzung die erforderliche 
Anzahl von Beisitzern ausgelost wird. Die Vor- 
schriften der Strafprozeßordnung über Ausschlie- 
ßung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden 
entsprechende Anwendung. 
4. Erlöschen der Patentanwaltschaft. 
Außer in dem unter 3 bemerkten Fall, wenn der 
Patentanwalt die ihm obliegenden Pflichten ver- 
letzt, erfolgt auf Grund des dort beschriebenen 
ehrengerichtlichen Verfahrens die Löschung des 
Patentanwalts in der Liste, wenn nachträglich 
Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung 
der Eintragung begründen. Ferner wird die Ein- 
tragung auf einfache Anordnung des Präsidenten 
des Patentamts gelöscht, wenn der Eingetragene 
es beantragt, wenn er gestorben ist, wenn er keinen 
Wohnsitz im Inland hat, und wenn er infolge 
gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über 
sein Vermögen beschränkt ist. Die Löschungen in 
der Liste sind ebenso wie die Eintragungen zu 
veröffentlichen. 
5. Vertreter des Patentanwalts. Die 
Patentanwälte können für Personen, welche sie 
mit ihrer ständigen Vertretung im Verkehr mit 
dem Patentamt betraut haben, die Eintragung in 
eine besondere Spalte der Liste nachsuchen. Für 
die Eintragung gelten dieselben Voraussetzungen 
wie für die des Patentanwalts; jedoch genügt es, 
wenn der Einzutragende das 21. Lebensjahr voll- 
endet und nach Ablegung der Fachprüfung min- 
destens ein Jahr hindurch eine praktische Tätig- 
keit auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes 
ausgeübt hat. Im übrigen finden die sonstigen 
für Patentanwälte gegebenen Vorschriften auch 
auf diese ständigen Vertreter Anwendung. Am 
Schluß des Jahres 1907 standen 29 Personen 
als ständige Vertreter in der Liste eingetragen. 
6. Ausländische Gesetzgebung. In 
Osterreich sind nach dem Patentgesetz vom 
11. Jan.#1897 zur berufsmäßigen Vertretung 
von Parteien vor den Behörden in Patentange- 
legenheiten nur-Advokaten, die behördlich autori- 
sierten Privattechniker, Patentanwälte und die 
Finanzprokuratur befugt. Den Privattechnikern 
und Patentanwälten ist jedoch die berufsmäßige 
Vertretung in Streitigkeiten über Zurücknahme, 
Nichtigkeitserklärung oder Aberkennung eines Pa- 
tents oder Privilegiums sowie in allen nichttechni- 
schen Angelegenheiten untersagt. Die Patent- 
anwälte werden nach Maßgabe des Bedarfs von 
dem Patentamt bestellt; die Ausübung der Patent- 
anwaltschaft bleibt von der Eintragung in das bei 
Patentrecht. 
  
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dem Patentamt geführte Patentanwaltsregister ab- 
hängig. Über die Voraussetzungen der Bestellung 
gilt im wesentlichen dasselbe, was in Deutschland 
vorgeschrieben ist. Gegen die Versagung ist eine 
Beschwerde an das Handelsministerium gegeben. 
Die Patentanwälte unterstehen der Disziplinar= 
gewalt des Patentamts. Die näheren Vorschriften 
sind dem Verordnungsweg vorbehalten und in 
einer Ausführungsverordnung vom 15. Sept. 1898 
enthalten. 
Nach dem ungarischen Patentgesetz vom 
7. Juli 1895 sind zur Vertretung von Parteien 
vor dem Patentamt nur Advokaten und behördlich 
konzessionierte Patentagenten berechtigt; in Pro- 
zessen wegen Annullierung und Entziehung der 
Patente können die letzteren nicht vertreten. Die 
Befugnis verleiht der Handelsminister nach Ab- 
legung einer Fachprüfung; die Zulassung zur 
Prüfung ist an ähnliche Voraussetzungen wie in 
Osterreich geknüpft. Der Handelsminister kann im 
Disziplinarweg die Befugnis wieder rückgängig 
machen. Die näheren Bestimmungen werden durch 
den Handelsminister im Verordnungsweg — 
Verordnung vom 4. Nov. 1895 — erlassen. 
In Großbritannien kann gemäß dem 
Gesetz vom 24. Dez. 1888 niemand sich als 
Patentagent bezeichnen, der nicht in das Patent- 
agentenregister eingetragen ist. Die Eintragung 
kann jeder, der während wenigstens sieben auf- 
einanderfolgender Jahre bei einem oder mehreren 
Patentanwälten als Lehrling oder Gehilfe tätig 
gewesen ist, sowie jeder Rechtsanwalt (solicitor) 
verlangen, nachdem eine auf die Kenntnis des 
Patentrechts und Verfahrens zu richtende Schluß- 
prüfung bestanden ist. Kann die erwähnte prak- 
tische Betätigung nicht nachgewiesen werden, so ist 
vorher noch eine Präliminarprüfung zu bestehen. 
Über das Verfahren betreffend Eintragung und 
Löschung sind von dem Handelsamt eingehende 
Vorschriften unter dem 12. Juni 1889 ergangen. 
In den Vereinigten Staaten von 
Amerika kann „jeder verständige Mann von gutem 
moralischen Charakter nach Vorlegung der Voll- 
macht als Agent oder Anwalt für ein Patent- 
gesuch erscheinen“. Jedoch kann der Patentkom- 
missar wegen groben Mißverhaltens die Zulassung 
als Patentagent allgemein oder in irgend einem 
besondern Fall versagen; die Versagung unterliegt 
der Bestätigung durch den Staatssekretär des 
Innern. Die Namen derjenigen, welchen die An- 
erkennung als Patentagent versagt ist, werden 
monatlich in der Official Gazette des Patent- 
amts veröffentlicht. Nach dem 1. Febr. 1880 
wird jeder Assoziation, zu der eine solche Person 
gehört, welcher der Kommissar die Anerkennung 
als Patentagent versagen muß, sowie jedem Mit- 
glied einer solchen Assoziation die Anerkennung 
als Patentagent versagt (Ges. v. 15. Aug. 1876 
und Ausführungsverordnungen vom 22. Dez. 
1879 und 10. Jan. 1880). Seit 7. Aug. 1897 
ist Vorbedingung für die Ausübung der Patent-
	        
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