Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Bergrecht sowie Regalien. Bei der verhältnis- 
mäßig geringen Bedeutung des vorbehaltenen 
Rechts im Vergleich zur Masse des reichsrechtlich 
geregelten Rechtsstoffs wird durch die Vorbehalte 
die durch die gemeinsame Reichsgesetzgebung und 
durch die einheitliche Rechtsprechung des Reichs- 
gerichts geschaffene Grundlage für die Aufrecht- 
erhaltung und Weiterbildung des Deutschen Rechts 
nicht erschüttert. 
Literatur. Brunner, Deutsche Rechtsgesch. (I 
21906, 11 1892); ders., Grundzüge der deutschen 
Rechtsgesch. (1910); R. Schröder, Lehrbuch der 
deutschen Rechtsgesch. (51907); v. Amira, Grund- 
riß des germanischen Rechts (21901); J. Grimm, 
Deutsche Rechtsaltertümer (2 Bde, 1898); Beseler, 
Deutsches Privatrecht (3 Bde, 11885); Gerber, 
System des deutschen Privatrechts (11895); Heus- 
ler, Institutionen des deutschen Privatrechts (2 Bde, 
1885/86); Stobbe, Handbuch des deutschen Privat- 
rechts (4 Bde, * 1893/1900); R. Hübner, Grund- 
züge des deutschen Privatrechts (1908); Dernburg, 
Das bürgerl. Recht des Deutschen Reichs u. Preu- 
ßens (6 Bde, 1I: Allg. Tl 21906, II: Schuldverhält- 
nisse, 1. TI 11909, 2. TI 31906, III: Sachenrecht 
1908, IV: Familienrecht 11908, V: Erbrecht 
21905, VI: Urheber-, Patent-= usw. recht, Rechts. 
verfolgung usw., 2 Tle, 1908/10; dazu 8 Ergän- 
zungsbände für das Landesprivatrecht von Bayern 
lvon P. Ortmann, 1903), Elsaß-Lothringen (von 
Kisch, 19051, Sachsen lvon R. Kloß, 71908, Baden 
lvon Dorner u. Seng, 1906), Mecklenburg lvon 
G. v. Buchka, Hamburg lvon Nöldeke, 19071, 
Thüringen u. Hessen (sollen 1910 erscheinen)). Ganz 
besonders auch Gierke, Deutsches Privatrecht (I: Allg. 
TI u. Personenrecht 1895, II: Sachenrecht 1905). 
lBeyerle.) 
Recht, Römisches. Die Frage nach dem 
Wert des römischen Rechts erfordert ein wieder- 
holtes Unterscheiden und Auseinanderhalten nicht 
nur der juristisch-technischen und der sittlichen 
Seite, sondern auch der einzelnen in seiner Ge- 
schichte vor und nach dem Wiederaufleben wohl 
zu beachtenden Phasen, da die entgegengesetztesten 
Richtungen, die Verkehr und öffentliches Leben 
kennen, wie Absolutismus und Volksstaat, Be- 
vormundung und Verkehrsfreiheit, christliche und 
heidnische Grundsätze, in ihm verwandte Partien 
finden. Auf sie soll hier im einzelnen nicht ein- 
gegangen werden. Recht war den Römern die 
Gesamtheit von Grundsätzen, welche die Be- 
ziehungen der Menschen untereinander regeln. 
Die Unterscheidung von Recht und Moral, die 
in der Theorie niemals leicht zu treffen ist, kann 
in der Praxis der altrömischen Zeit um so weniger 
scharf gewesen sein, als das Recht damals Ge- 
wohnheitsrecht war und eine Vermischung von 
Recht und Religion stattgefunden hatte. Daraus 
erklärt sich, daß die späteren Rechtsgelehrten ihre 
Aufzählung der Rechtspflichten mit der Pflicht, 
ehrenhaft zu leben, beginnen, das Recht selbst als 
die Kunst des Guten und Billigen, die Rechts- 
wissenschaft aber als eine göttliche und menschliche 
Dinge gleicherweise umfassende Wissenschaft defi- 
Recht, Römisches. 
  
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nieren. Im Rechtsstoff unterschieden sie ius civile, 
ius gentium und ius naturale, geschriebenes 
und ungeschriebenes Recht, öffentliches und Pri- 
vatrecht. 
Bürgerliches Recht ist das Recht, das nur 
den römischen Bürgern (civis romanus) zugute 
kommt, ius gentium ist das im römischen Staat 
sowohl auf die Bürger wie auf die Fremden an- 
wendbare Recht sowie das Recht, das, weil es sich 
bei allen Völkern wiederfindet, allen Menschen 
gemeinsam sein soll. Im Gegensatz zu ihm ist das 
Naturrecht ein ideales, allen Lebewesen (auch den 
Sklaven) gemeinsames Vernunftrecht. Geschrie- 
benes und ungeschriebenes Recht unterscheiden sich 
durch die Art ihrer Entstehung: Recht durch staat- 
liche Organe und Gewohnheitsrecht. Offentliches 
Recht ist das Recht, das die Organisation der öffent- 
lichen Gewalten und die Beziehungen des einzelnen 
zum Staat regelt, das Privatrecht richtet die Be- 
ziehungen der einzelnen untereinander und als 
einzelne zum Staat. 
Das Studium des römischen Rechts hat und 
behält seinen Wert für uns als Hilfsmittel histo- 
rischer und technischer Schulung und Erkenntnis. 
Der juristisch-technischen Seite, der Form 
und Methode wird berechtigtes Lob gespendet. Die 
Stetigkeit, das Ebenmaß der innern Entwicklung 
war eine Gewähr für jene systematische Gedrungen- 
heit, die den Juristen überwältigt. Die Aufnahme 
neuer Gesetze geschah anfangs immer nur versuchs- 
weise. Im Interesse eines streng juristischen, mög- 
lichst genauen Vorgehens bildete sich ein System der 
Fiktionen aus. Das römische Volk hatte in der 
Stadt Rom einen Mittelpunkt seines öffentlichen 
Lebens, also einen Mittelpunkt einheitlicher Fort- 
bildung des Rechts. Die römischen Rechtsgebilde 
tragen scharfe, ausgeprägte Formen; sie sind nicht 
unklar, verwischt, verschwommen. Voraussetzung 
und Inhalt der Regel sind mit gleicher Bestimmt- 
heit gezeichnet: es knüpfen sich an leicht erkennbare 
Voraussetzungen genau bestimmte Folgen an. Die 
Genauigkeit der Rechtssprache läßt fast schon gram- 
matisch die Herkunft der Bestimmung erkennen. 
Vorzüglich ist die scharfe Erfassung, Sonderung 
und entsprechende Durchführung der einzelnen 
Elemente der Rechtsbegriffe und Rechtsverhält- 
nisse. Aus der den Laien verwirrenden Mannig- 
faltigkeit der Lebensverhältnisse lösen die römischen 
Juristen, um sie so deutlich zur Darstellung 
bringen zu können, die juristische Seite mit Ge- 
schick ab. Sie zeichnen sich aus durch Kon- 
sequenz und eine ungemeine Leichtigkeit in der 
Anwendung allgemeiner Rechtssätze auf seine ver- 
wickelten Einzelheiten. Den römischen Juristen er- 
scheint jeder Fall, jedes Verhältnis sofort im Licht 
der es beherrschenden Rechtssätze. Mit Sicher- 
heit treffen sie die Entscheidung der entstandenen 
Rechtsfragen. Die einzelnen Entscheidungen zeich- 
nen sich durch Feinheit der psychologischen Be- 
obachtung aus. Die Juristen sind unübertroffene 
Meister in der Auslegung der Gesetze und der
	        
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