Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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schutz und sodann lehnte die Rechtsprechung des 
Reichsoberhandelsgerichts es ab, das Geschmacks- 
mustergesetz von 1876 auf die Gebrauchsmuster 
anzuwenden. Das gab dann den Anstoß dazu, 
die hier sichtbar gewordene Lücke auszufüllen. Es 
geschah durch obiges Gesetz, dessen Entwurf gleich- 
zeitig mit dem zur Novelle von 1891 zu dem 
älteren Patentgesetz von 1877 dem Reichstag vor- 
gelegt wurde. 
2. Gebrauchsmusterschutz. Nach dem 
Geset betr. den Schutz von Gebrauchsmustern vom 
1. Juni 1891 werden Modelle von Arbeitsgerät- 
schaften oder Gebrauchsgegenständen oder von 
Teilen derselben als Gebrauchsmuster nach Maß- 
gabe dieses Gesetzes geschützt, insoweit sie dem 
Arbeits= und Gebrauchszweck durch eine neue Ge- 
staltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen 
sollen. Modelle gelten insoweit nicht als neu, als 
sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes er- 
folgten Anmeldung bereits in öffentlichen Druck- 
schriften beschrieben oder im Inland offenkundig 
benutzt sind. Der Ton liegt also hier einmal dar- 
aus, daß es sich um Modelle handeln muß, also 
um Gegenstände, die körperlich dargestellt oder 
wenigstens körperlich darstellbar sind, während 
eine patentfähige Erfindung einen neuen schöpfe- 
rischen Gedanken voraussetzt, der unter Benutzung 
von Naturkräften neue technische Fortschritte schafft, 
ohne daß diese in einem Gegenstand verkörpert 
oder notwendig körperlich darstellbar sein müssen. 
Allerdings handelt es sich sowohl bei dem Ge- 
brauchsmuster als der patentfähigen Erfindung 
um eine „gewerbliche Zweckschöpfung“. Soweit 
also im übrigen bei einer gewerblichen Zweck- 
schöpfung die geforderten Voraussetzungen vor- 
liegen, ist es nicht ausgeschlossen, daß sie sowohl 
zu den patentfähigen Erfindungen als auch zu den 
Gebrauchsmustern gezählt werden und den Schutz 
nach beiden Richtungen beanspruchen kann. Hier 
sind die Grenzen unsicher. Das erkennt das oben 
bezeichnete Gesetz ausdrücklich an, indem es (§ 5) 
bestimmt, daß soweit ein Gebrauchsmusterrecht in 
ein früher angemeldetes Patentrecht eines andern 
eingreift oder umgekehrt ein Patentrecht in ein 
vorher angemeldetes Gebrauchsmusterrecht eines 
andern, das Recht nicht ohne Erlaubnis des andern 
ausgeübt werden darf. — Anderseits unterscheidet 
sich das Gebrauchsmuster von dem Geschmacks- 
muster dadurch, daß es sich bei jenem um einen 
Gebrauchsgegenstand handeln muß, der rein prak- 
tischen Zwecken dienen soll, während die Bedeu- 
tung des Geschmacksmusters darin besteht, daß es 
rein ästhetisch wirken oder, negativ ausgedrückt, 
keinem Gebrauchszweck dienen soll. 
Aus der nahen Verwandtschaft zwischen den 
patentfähigen Erfindungen und den gewerblichen 
Zweckschöpfungen, die hier in Frage stehen, er- 
klärt es sich, daß die Bestimmungen des Gesetzes 
von 1891 dem Patentgesetz sich nähern. Wegen 
der meist geringeren Bedeutung der hier in Frage 
kommenden Erzeugnisse, weswegen diese im ge- 
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl. 
  
  
Patentrecht. 
  
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werblichen Leben auch gewöhnlich als kleine Er- 
findungen bezeichnet werden, ist der Hauptunter- 
schied der, daß hier weder so strenge Anforderungen 
für die Erlangung des Schutzes aufgestellt sind, 
noch auch der Schutz selbst ein so starker ist wie 
bei dem Patent. Der Schutz wird erlangt auf 
Grund einer Anmeldung bei dem Patentamt. Eine 
amtliche Prüfung findet nicht statt. Entspricht die 
Anmeldung den gesetzlichen Erfordernissen, d. h. 
ist das Modell beigefügt und bemerkt, unter welcher 
Bezeichnung das Modell eingetragen werden soll, 
und welche neue Gestaltung oder Vorrichtung dem 
Arbeits- oder Gebrauchszweck dienen soll, ist auch 
die Gebühr von 15 M bezahlt, so wird von dem 
Patentamt die Eintragung in die bei ihm ge- 
führte Rolle für Gebrauchsmuster vorgenommen. 
Die Eintragung hat die Wirkung, daß dem Ein- 
getragenen ausschließlich das Recht zusteht, ge- 
werbsmäßig das Muster nachzubilden, die durch 
die Nachbildung hervorgebrachten Gerätschaften 
und Gegenstände in Verkehr zu bringen, feilzu- 
halten und zu gebrauchen. Das Recht geht auf 
die Erben über und kann beschränkt oder un- 
beschränkt durch Vertrag oder Verfügung von 
Todes wegen auf andere übertragen werden. Liegen 
die Erfordernisse eines schutzfähigen Modells nicht 
vor, so hat jedermann gegen den Eingetragenen 
Anspruch auf Löschung des Gebrauchsmusters, der 
bei den ordentlichen Gerichten, in letzter Instanz 
eventuell bei dem Reichsgericht, im gewöhnlichen 
Verfahren zum Austrag zu bringen ist. Das 
durch die Eintragung begründete Recht geht auf 
die Erben über und kann auf andere übertragen 
werden. Die Dauer des Schutzes beträgt drei 
Jahre vom Tag der Anmeldung ab. Bei Zahlung 
einer weiteren Gebühr von 60 M vor Ablauf der 
Schutzfrist tritt ein Verlängerung der letzteren um 
weitere drei Jahre ein. Wissentliche oder grob 
fahrlässige Verletzung des Rechts macht ersatz- 
pflichtig und wissentliche Verletzung auch auf An- 
trag strafbar. Ausländer genießen den Schutz des 
Gesetzes nur, sofern Reziprozität gewährleistet ist. 
3. Geschmacksmusterschutz. Für den Ge- 
schmacksmusterschutz gilt das Reichsgesetz betr. das 
Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 
11. Jan. 1876. Geschützt werden gewerbliche 
Muster oder Modelle, welche neu sind und eigen- 
tümliche Erzeugnisse darstellen, die, wie unter 2 
bemerkt ist, zum Unterschied von Gebrauchsmustern 
nicht einem praktischen Zweck dienen, sondern Vor- 
bilder für die Anregung des Geschmacks und 
Formensinns abgeben sollen. Das zeigt ihre Ver- 
wandtschaft mit den Werken der bildenden Kunst. 
Es kann daher ihnen auch nicht neben dem Schutz 
aus dem bezeichneten Gesetz der Schutz aus dem 
Kunstschutzgesetz vom 9. Jan. 1907 versagt werden, 
obgleich sie gewerblicher Art sind, sofern sie nur 
durch den Grad ihrer künstlerischen Gestaltung 
künstlerische Individualleistungen, eigentümliche 
Schöpfungen, darstellen. Auch nach einer andern 
Richtung zeigt sich ihre nahe Verwandtschaft mit 
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