Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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skription wirksam zu machen, fordert als Grund- 
lage des Hypothekensystems selbst strenge Durch- 
führung der Publizität und Spezialität, auch 
wegen der den Minderjährigen, Interdizierten und 
Ehefrauen nach der französischen Gesetzgebung noch 
zustehenden Generalhypotheken, und bekämpft die 
gerichtlichen Hypotheken als sozial schädlich. (Be- 
kanntlich sind diese Forderungen im wesentlichen 
durch das jetzt geltende Recht verwirklicht.) Ein 
im Auftrag des Justizministeriums 1851 ver- 
faßter „Entwurf eines Hypothekengesetzes für den 
Bezirk des Rheinischen Appellationsgerichtshofs" 
gab diesen Reformgedanken — welche vorzugs- 
weise der Hebung und Verbilligung des landwirt- 
schaftlichen Kredits galten — die juristische Form, 
und die beigegebenen ausführlichen Motive legen 
* ab von der hohen Befähigung ihres Ver- 
sassers. 
Das Jahr 1852 brachte die Gründung der 
„Katholischen Fraktion“, welche man bald als 
„Fraktion der Rheinländischen Liberalen“, auch 
„Fraktion Reichensperger“ bezeichnete (das Nähere 
s. bei August Reichensperger). Mit Otto und 
v. Mallinckrodt bekämpft Peter Reichensperger die 
50 000 Taler neuer Zuschüsse im Voranschlag 
1853 für die evangelische Landeskirche und for- 
dert, daß zunächst den 1821 feierlich übernom- 
menen Rechtspflichten gegen die katholische Kirche 
entsprochen werde. (Die Begründung zum „An- 
trag Otto“ hatte eine „Welt von Disparität“ auf- 
gedeckt.) Von Peter Reichensperger rührt die ge- 
schickte Fassung des „Antrags Waldbott“ her, 
„Se Majestät zu bitten“, zur Aufhebung der 
Raumer-Westphalenschen Erlasse Befehl zu geben. 
Mit August Reichensperger und v. Mallinckrodt 
tritt er kräftig für das verfassungsmäßige Recht 
der Israeliten ein, welche die Regierung von den 
Gemeindeämtern ausgeschlossen wissen wollte. Die 
Anderung des Namens „Erste“ und „Zweite 
Kammer“ in „Herrenhaus“ und „Haus der Ab- 
geordneten“ vermag er zwar nicht zu hindern, da- 
gegen spricht er erfolgreich gegen den „Antrag 
Nöldechen“ auf Abkürzung der jährlichen Sitzungs- 
dauer. Mit aller Kraft seiner hervorragenden red- 
nerischen Begabung bekämpft er 1856 den reak- 
tionären Entwurf einer rheinischen Gemeindeord- 
nung, indem er auf die feierliche Zusage Friedrich 
Wilhelms III. bei Besitznahme der Rheinlande 
hinweist. Im gleichen Jahr erscheint sein Werkchen 
„Die freie Agrarverfassung"“ (Regensburg), Son- 
derabdruck des Artikels in der Allgem. Realenzy- 
klopädie, 3. Aufl. Hier legt er die Ergebnisse dar, 
welche die Befreiung des Grund und Bodens von 
den im Lauf der Jahrhunderte demselben auf- 
erlegten Fesseln in den hervorragendsten Kultur- 
staaten Europas bis dahin gezeitigt hatte. 
Im Jahr 1858 lassen zwei Israeliten, Paul 
Jacobi und Theodor Levi, eine Zusammenstellung 
der parlamentarischen Reden der Brüder Reichens- 
perger erscheinen. In einer geistvollen Besprechung 
dieses „Codex Reichensperger“ bemerkt Jörg: 
Reichensperger, Peter Franz. 
  
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„Vorliegende Sammlung zeugt von einer erstaun- 
lichen Kraft unermüdlicher Rednergabe, und die 
Quantität hat der Qualität nicht geschadet.“ 
„Autonomie heißt das Zauberwort, womit sie das 
große Rätsel lösen: Autonomie der Gemeinde, 
Autonomie der korporativen Gliederung und ge- 
nossenschaftliche Vertretung.“ Das Programm 
zur Wahl vom Jahr 1858, betitelt „Die Wahlen 
zum Haus der Abgeordneten“, ist das Werk der 
beiden Brüder. Schutz der Verfassungsurkunde, 
entsprechende Autonomie der Religionsgesellschaf- 
ten. Schutz der Freiheitsrechte aller ohne Unter- 
schied des Bekenntnisses, „auch der Evangelischen, 
Dissidenten und Juden“, „Gottesfriede der Kon- 
fessionen“, das ist der wesentliche Inhalt dieses 
Programms. Wiederum zusammen verfassen die 
Brüder 1860 „Deutschlands nächste Aufgaben", 
worin Peter die Neugestaltung des österreichischen 
Kaiserstaats behandelt. Hier stellen sie als poli- 
tische Forderungen auf: Beseitigung der Zoll- 
schranken zwischen Deutschland und Osterreich, 
Lösung der Oberhauptsfrage in der „so verrufenen 
Trias“, der Militärfrage durch loyale Verstän- 
digung zwischen Preußen und Osterreich. Außer- 
dem verfaßt Peter noch eine Broschüre „Gegen die 
Außhebung der Zinswuchergesetze“, Berlin 1860, 
21879. Hier erhebt er seine warnende Stimme 
gegen die Manchesterpolitik auf dem Gebiet des 
Kreditwesens, welche bekanntlich im Bundesgesetz 
vom 14. Nov. 1867 zur Freigabe der Zinsverein- 
barung führte, jedoch durch mehrere gegen den 
Wucher gerichtete Reichsgesetze und zuletzt durch 
§ 138, Abs. 2 B.G.B. wieder im Sinn Reichens- 
pergers revidiert werden mußte. 
Die Haltung der Gebrüder Reichensperger 
während der Konfliktsperiodeist schon oben Sp.478 
besprochen worden. Für den preußischen Handels- 
vertrag mit Osterreich trat Peter Reichensperger 
mit der Mehrheit des Zentrums gegen August ein. 
Von jeher war es Übung der beiden Brüder ge- 
wesen, in ihren gesellschaftlichen Beziehungen 
möglichst allseitige Anknüpfung zu suchen auch mit 
Regierung und politischen Gegnern. Die Teil- 
nahme am parlamentarischen Essen bei v. Bis- 
marck während der Konfliktsperiode sollte ihnen 
nachteilig werden. Sogar die „Kölnischen Blätter" 
entnahmen daraus einen Grund zum Tadel, und 
der selbstlose Peter Reichensperger ward von den 
Gegnern verdächtigt, er trachte nach einem Mi- 
nisterposten. 1867 wird Peter vom Wahlkreis 
Olpe-Meschede-Arnsberg, den er bis zu seinem 
Tod auch im deutschen Reichstag vertrat, in den 
konstituierenden norddeutschen Reichstag gewählt. 
Das Zentrum war nicht mehr da. Die überreste 
der gesprengten Fraktion trafen sich zuweilen im 
katholischen Vereinshaus, um Fühlung zu be- 
halten, saßen aber in verschiedenen Fraktionen. 
Mitv. Mallinckrodt, Windthorst, einigen Sachsen 
und Schleswig-Holsteinern gruppierte sich Rei- 
chensperger zur Bundesstaatlich-konstitutionellen 
Partei. Im Zollparlament 1868 sitzt er im 
16“
	        
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