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Die Reichsbank ist verpflichtet, für den Betrag
ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit
mindestens ein Drittel in kursfähigem deutschen
Geld, in Reichskassenscheinen oder Barrengold in
ihren Kassen als Deckung bereit zu halten; der
Rest des Notenumlaufs muß in diskontierten
Wechseln von höchstens drei Monaten Verfallzeit
und mit mindestens zwei zahlungsfähigen Ver-
pflichteten bereit gehalten werden.
Die Reichsbank ist verpflichtet, die Kassen-
geschäfte des Reichs, die Annahme und Leistung
von Zahlungen unentgeltlich zu besorgen. Soweit
der Notenumlauf der Reichsbank ihren Barvor-
rat um mehr als 550 Mill. M übersteigt, hat
die Bank eine Steuer von 5% auf das Jahr
berechnet an die Reichskasse zu entrichten (Noten-
steuer), nur für die Quartals
(Ende März, Juni, September, Dezember)
bleibt diese Uberschreitung bis zu 750 Mill. M
steuerfrei. Ursprünglich war dieser steuerfreie
Betrag auf nur 250 Mill. M festgesetzt, er ist
jedoch durch die verschiedenen Bankgesetze, letztmals
am 1. Juni 1909, nach und nach erhöht worden.
Die Reichsbank hat auch noch besondere Ver-
pflichtungen den reichsgesetzlich zugelassenen Privat-
notenbanken gegenüber. Sie muß deren Noten in
Berlin und bei ihren Zweiganstalten in Städten von
mehr als 80 000 Einwohnern sowie am Sitz der
Bank, welche die Noten ausgegeben hat, zum vollen
Nennwert in Zahlung nehmen, ebenso muß sie
diese Noten bei ihren Zweiganstalten innerhalb
des Staats, dem betreffende Bank angehört, gegen
Reichsbanknoten umtauschen.
Von dem jährlichen Reingewinn der Reichs-
bank erhalten jetzt: 1) die Aktionäre (Anteilseigner)
eine ordentliche Dividende von 3½ % des Grund-
kapitals, 2) von dem Rest erhält der Reservefonds
den zehnten Teil, 3) von dem dann noch ver-
bleibenden Überschuß erhalten die Aktionäre ein
Viertel, die Reichskasse drei Biertel. Früher er-
hielten die Aktionäre zunächst 4½ % und von
dem Überschuß die Hälfte. Bei einem Reingewinn
von 13½ % des Grundkapitals erhalten also
jetzt: die Aktionäre 3½ + 2¼ = 5¾ %% der
Reservefonds 1 %% , das Reich 6¾ %. Wenn
man berücksichtigt, daß die Aktionäre ihre An-
teile sämtlich mit 130 % oder noch höher ein-
gezahlt haben, während das Reich überhaupt kein
Kapital in die Reichsbank eingeschossen hat, son-
dern lediglich am Gewinn teilnimmt, kann man
wohl zugestehen, daß die den Aktionären zu-
kommende Verzinsung eine recht bescheidene ist,
und daß das Reich ungewöhnlich hohe Vorteile
aus der Reichsbank zieht. Der Hauptgewinn der
Reichsbank resultiert auch nicht aus der Noten-
ausgabe, für welche entsprechende Deckung gehalten
und bei ÜUberschreitung des Kontingents noch die
besondere Notensteuer von 5 % auf das Jahr ge-
zahlt werden muß, sondern aus dem eignen Kapital,
welches die Aktionäre eingezahlt haben, und aus
dem Giroguthaben, welches die mit der Reichs-
Reichsbank.
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bank in Verbindung stehenden Banken und Kauf-
leute dieser zinsfrei anvertrauen. Würde das Reich
eine eigne, aus seinen Mitteln unterhaltene Staats-
bank an die Stelle der jetzigen Reichsbank setzen,
so würden von einer solchen nach Abzug der
Kapitalzinsen keinesfalls auch nur annähernd so
hohe Erträge für die Reichskasse zu erwarten sein,
wie diese sie jetzt ohne jedes Risiko und mühelos
als Gewinnanteil erhält.
Die Reichsbank trat auf Grund des Bank-
gesetzes am 1. Jan. 1876 ins Leben, sie über-
nahm damals die Geschäfte der Preußischen Bank.
Letztere war im Jahr 1765 als reines Staats-
institut zur Förderung des Kreditwesens errichtet
worden, im Jahr 1846 wurde sie in eine Privat-
bank unter staatlicher Beteiligung und Mitwirkung
umgewandelt. Bei der Überlassung der Preußischen
Bank an die Reichsbank hatte letztere den Aktio-
nären der ersteren das reine Vermögen der Bank
zu ersetzen und ihnen außerdem eine vorzugs-
weise Beteiligung an der neuen Gesellschaft zu-
zugestehen, dem preußischen Staat wurde seine
Vermögensanlage, daneben noch eine Abfindung
von 15 Mill. M und eine jährliche Rente von
1 815 730 M für die Dauer des Bestehens der
Reichsbank zugestanden.
Mit der Geschichte der Reichsbank ist diejenige
der andern deutschen Notenbanken aufs engste
verknüpft; die Entstehung der süddeutschen Noten-
banken fällt zum Teil schon vor die Zeit der Um-
wandlung der Preußischen Bank in die im Jahr
1846 geschaffene Organisation; die preußischen
Privatnotenbanken datieren dagegen erst aus dem
Jahr 1848 und den folgenden Jahren. Die Be-
fugnisse dieser Banken waren keine einheitlichen,
auch die Kreditwürdigkeit einzelner derselben eine
nicht ganz einwandfreie, so daß ihre Noten in
Zeiten politischer und finanzieller Krisen oft nur
mit bedeutendem Verlust unterzubringen waren
und ein recht fragwürdiges Zahlungsmittel bilde-
ten. Seit Errichtung des Norddeutschen Bundes
war man bemüht, Abhilfe zu treffen und eine
über jeden Zweifel erhabene Banknote als Zah-
lungsmittel zu schaffen.
Diese Bestrebungen führten im Frühjahr 1870
dazu, daß für den Norddeutschen Bund die Er-
teilung des Privilegiums der Notenausgabe den
einzelnen Bundesstaaten entzogen wurde; nach
Errichtung des Reichs wurde diese Maßregel im
Jahr 1872 auf alle deutschen Bundesstaaten aus-
gedehnt, damit war die Vorbereitung für eine
Reichsbank und einheitliches Papiergeld getroffen.
Am 14. März 1875 kam dann das Bankgesetz
zustande, auf Grund dessen die Reichsbank ge-
schaffen und zugleich einheitliche Vorschriften be-
züglich der Banknotenausgabe für alle deutschen
Notenbanken getroffen wurden. Es bestanden da-
mals außer der Preußischen Bank noch 33 Privat-
banken mit dem Recht der Notenausgabe. Von
diesen haben es im Lauf der Zeit 28 vorgezogen,
mit Rücksicht auf die strengeren Vorschriften des