Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Sacramentorum consentanea Evangelio 
Christi (Apologia Confessionis 4, 5). Die 
in Wortverkündung und Sakramentsverwaltung 
sich sichtbar betätigende Kirche bedarf aber 
empirisch einer Rechtsordnung. Die Grundsätze 
derselben finden sich in den Bekenntnisschriften, 
den sog. symbolischen Büchern. Dahin gehören 
auf seiten der Lutheraner: die Confessio Augu- 
stana (1530), die Apologia Confessionis 
(1531), die Articuli Smalcaldici (1537), die 
Formula Concordiae (1580), burch welche sich 
die lutherische Konfession in Bekenntnis und 
Verfassung gegen die Reformierten abschloß. Als 
reformierte Bekenntnisschriften kommen in Be- 
tracht: die Confessio Helvetica prior (1536), 
die Confessio Gallicana (1559), die Con- 
fessio Belgica (1559), die Confessio Scotica 
(1560), die Confessio Helvetica pcsterior 
(1566). Diese Bekenntnisschriften sind aber nicht 
etwa Kirchenordnungen; sie enthalten keine ver- 
fassungsrechtlichen Sätze, sondern nur Grund- 
sätze, aus denen dann Gesetz oder Gewohnheit 
in den Landeskirchen die kirchenregimentlichen 
Kirchenordnungen hervorgebracht hat. 
Die evangelische Kirchenverfassung entstand im 
Verlauf der äußern Entwicklung im 16. Jahrh. 
Ebenso wie im Bekenntnis innerhalb des Prote- 
stantismus bald eine Spaltung eintrat, so war 
auch die verfassungsrechtliche Entwicklung keine 
einheitliche. Im monarchischen Sachsen übernahm 
nach dem Gutachten der Reformatoren der Landes- 
herr das Kirchenregiment, welches er durch eine 
aus Geistlichen und Laien zusammengesetzte Be- 
hörde ausübte, welche „Konsistorium“ hieß. Die 
Mitglieder wurden vom Landesherrn ernannt, die 
Gemeinde war also ausgeschaltet. Diese Ver- 
fassungsform, welche sich bald auch in andern evan- 
gelischen Teilen Deutschlands einbürgerte, heißt 
die Konsistorialverfassung. In der re- 
publikanischen Schweiz dagegen wurde die Ver- 
fassung bestimmt durch das Gemeindeprinzip. Die 
Gemeinde wählte Ausschüsse (Presbyterien), in 
deren Hand das Kirchenregiment lag. Daraus ist 
die Presbyterial- und Synodalverfassung 
der reformierten Kirche entstanden. 
Das Bedürfnis nach einer juristischen Begrün- 
dung der lutherischen Kirchenverfassung, besonders 
des landesherrlichen Kirchenregiments führte zur 
Aufstellung dreier Verfassungssysteme: des Epi- 
skopal-, des Territorial-, des Kollegialsystems. 
Anregend zu dieser Dreiteilung war die altprote- 
stantische Lehre von den drei Ständen in der Kirche: 
dem geistlichen, obrigkeitlichen, hausväterlichen 
oder Volksstand (status ecclesiasticus, politi- 
cus, oeconomicus). Beim ersten System ruht 
der Schwerpunkt beim status ecclesiasticus. 
Durch den Augsburger Religionsfrieden wurde 
die Jurisdiktion der Bischöfe über die Protestanten 
suspendiert. Diese Jurisdiktion ist auf den Lan- 
desherrn übergegangen, daher summus episco- 
pus. Da derselbe aber nicht zum status eccle- 
  
Religionsgesellschaften. (Die christlichen Religionsgesellschaften.) 
  
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siasticus gehört, übt er die Kirchengewalt (also 
ius episcopale) aus nur kraft Ubertragung seitens 
des status ecclesiasticus. — Im 18. Jahrh. 
bewirkte die naturrechtliche Schule (Hugo Gro- 
tius) die Entstehung des Territorialsystems. 
Die Kirchengewalt ist begrifflich ein Teil der 
Staatsgewalt, deren Träger der Landesherr ist. 
Der Souverän herrscht wie im Staat, so in der 
Kirche. Diese ist Staatsanstalt. Der Schwer- 
punkt liegt also hier beim status politicus. Frei- 
lich hat die territorialistische Doktrin den Satz auf- 
gestellt, daß die innern Angelegenheiten der 
Kirche der Staatsgewalt entzogen sein sollen, diese 
nur auf die actiones externae der Kirche gehe. 
Allein da der Staat wieder bestimmen sollte, wo 
die Grenze sei zwischen den actiones internae 
und externae, so fiel faktisch jedwede Reglung 
kirchlicher Angelegenheiten der Staatsgewalt zu. 
Der Territorialismus erklärt es auch, daß der 
Landesherr, wenn er katholisch ist, die Kirchen- 
gewalt über die Protestanten ausübt. So noch 
heute in Bayern, Sachsen, wenn auch die Aus- 
übung in persona regis suspendiert ist. — Der 
Tübinger Professor Pfaff trug 1742 in einer 
akademischen Rede ein neues System vor: das Kol- 
legialsystem. Es werden unterschieden die jura 
circa sacra und in sacra. Erstere machen die 
Kirchenhoheit des Staats aus, welche ihm allen 
Religionsgesellschaften gegenüber zukommen soll. 
Letztere stellen die kirchenregimentlichen Befugnisse 
der einzelnen Religionsgesellschaft dar. Die 
iura circ#a sacra ruhen begrifflich beim Lan- 
desherrn, da die Kirchenhoheit Ausfluß der 
Staatsgewalt sei, die iura in sacra stehen be- 
grifflich der Kirche zu. Ebenso aber wie die 
Staatsgewalt nach der Kontraktstheorie von Rous- 
seau auf Übertragung seitens der Bürger beruht, 
so habe auch die Kirche ihre iura collegialia, 
d. h. die iura in sacra stillschweigend auf den 
Landesherrn übertragen. Der Schwerpunkt liegt 
hier beim status oeconomicus. Das Kirchen- 
regiment steht dem Landesherrn nicht zu als Be- 
standteil der Staatsgewalt wie beim Territorial= 
system, sondern ist der Staatsgewalt als Zubehör 
historisch angewachsen. — Vom Episkopalsystem 
hat sich der Begriff des Summepiskopats erhalten. 
Das Territorialsystem hat bis in das 19. Jahrh. 
geherrscht, auch in Preußen (Allg. Landrecht 
I II, Tit. 11). Erst in neuerer Zeit ist unter 
dem Einfluß innerer politischer Bewegungen der 
status oeconomicus im Kollegialsystem zur 
Geltung gekommen. Diese Idee berührte sich mit 
dem Gemeindeprinzip der Reformierten. Diese 
verfassungsrechtliche Angleichung hat die Union 
zwischen Lutheranern und Reformierten wesentlich 
erleichtert. Das heute vorliegende Resultat ist, 
daß nahezu alle deutschen evangelischen Landes- 
kirchen eine sog. gemischte Verfassungsform haben. 
Die rein konsistoriale besteht noch in den beiden 
Mecklenburg, die reine Presbyterial- und Syn- 
odalverfassung in der Konföderation der nieder-
	        
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