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mäßig in seiner Verfügung beschränkt wird, daß
die Zulässigkeit einer Zerteilung des Grundstücks
oder der Abveräußerung von Teilen desselben von
der Zustimmung des Rentenberechtigten abhängig
sein soll, kann die versagte Einwilligung durch
richterliche Entscheidung der Auseinandersetzungs-
behörde ergänzt werden, wenn die Zerteilung oder
Abveräußerung im gemeinschaftlichen Interesse
wünschenswert erscheint. Eine Entscheidung dieser
Behörde kann der Erwerber einer Rentenstelle auch
dann herbeiführen, wenn ihm die Pflicht auferlegt
ist, die wirtschaftliche Selbständigkeit der über-
nommenen Stelle durch Erhaltung des baulichen
Zustandes darauf befindlicher oder darauf zu er-
richtender Gebäude, durch Erhaltung eines be-
stimmten landwirtschaftlichen Inventars auf der-
selben oder durch andere Leistungen dauernd zu
sichern, und er glaubt, daß der Aufrechterhaltung
der Selbständigkeit der Stelle überwiegende ge-
meinwirtschaftliche Interessen entgegenstehen. Wird
in solchen Fällen zu Gunsten des Verpflichteten
entschieden, so kann der Rentenberechtigte die Ab-
lösung der Rente zum fünfundzwanzigfachen Be-
trag verlangen. Die Ausführung des Gesetzes ist
der Ansiedlungskommission, die ihren Sitz in
Posen hat, übertragen. Das Ergebnis ihrer
Tätigkeit bis zum Ende des Jahrs 1908 ist in
dem Art. Kolonisation, innere (Bd III, Sp.369)
mitgeteilt.
b) Behufs Förderung der innern Kolonisation
wurden die privatrechtlichen Vorschriften des vor-
gedachten Gesetzes durch Gesetz vom 27. Juni 1890
über Rentengüter auf den ganzen Umfang der
Monarchie ausgedehnt mit der Maßgabe, daß
bei der privaten Ausgebung von Rentengütern
dieselben frei von Hypotheken und Grundschulden
begründet werden müssen. Um letzteres zu er-
leichtern, finden auf die Begründung von Renten-
gütern die von der Gesetzgebung aufgestellten
Vorschriften über den erleichterten Abverkauf von
Trennstücken Anwendung, wonach die sonst er-
forderliche Einwilligung von Fideikommiß-An-
wärtern und Realgläubigern unnötig gemacht
wird bzw. erleichtert wird. Bei Beratung dieses
Gesetzes im preußischen Landtag war man sich
darüber klar, daß die Ausgabe von Rentengütern
seitens Privater in größerem Maßstab nicht zu
erwarten sei, falls nicht der Staat seine Bei-
hilfe leiste. In dieser Uberzeugung, die lediglich
als Bestätigung der oben Sp. 625 erwähnten
Lehrmeinung aufgefaßt werden kann, faßte der
Landtag bei Verabschiedung des Gesetzes eine Re-
solution, in welcher die Staatsregierung ersucht
wurde, baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzu-
legen, wonach es möglich werde, im Sinn des
Gesetzes vom 2. März 1850 über die Errichtung
von Rentenbanken verzinsliche Darlehen mit Til-
gungsbeiträgen auf Rentengüter zu gewähren, in-
dem es ohne bares Geld oder Kredit unausführbar
sei, seitens der Privaten Rentengüter in größerem
Umfang zu begründen. Wohlhabende Gutsbe-
Rentengüter.
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sitzer würden ihre Güter nicht zu Rentengütern
zu machen sich entschließen, da sich die Rente nicht
steigere und ihnen bei der Zeitpacht ihr Eigentum
ungeschmälert erhalten bleibe; verschuldete Besitzer
dagegen seien dazu nicht imstande, wenn ihnen
nicht für den ganzen Betrag der Rente ein Kapital
zur Verfügung gestellt würde, um damit entweder
Schulden abzustoßen oder das Betriebskapital zu
vermehren oder die Mittel zur Vornahme von
Verbesserungen auf dem ihnen verbleibenden Areal
zu gewinnen.
Aus diesen Erwägungen heraus kam das Gesetz
vom 7. Juli 1891 zustande, welches ohne Ande-
rung der materiellen Vorschriften des vorgedachten
Gesetzes nur die werktätige Unterstützung des
Staats bei Ansetzung von Rentengütern seitens
Privater in der Richtung regelt, daß sowohl dem
Ausgeber als auch dem Übernehmer eines Renten-
guts der öffentliche Kredit sowie für das Ver-
mittlungsgeschäft die Tätigkeit der staatlichen
Agrarbehörden, der Rentenbanken und der Ge-
neralkommissionen, zur Verfügung gestellt wird,
sofern sie diese Tätigkeit, die in jedem Stadium
der Rentengutsbildung eintreten kann, überhaupt
in Anspruch nehmen und nicht selbst das ganze
Begründungs= und Abwicklungsgeschäft besorgen
wollen. Das Gesetz beschränkt sich auf ländliche
Stellen „von mittlerem und kleinerem Umfang“,
ein Begriff, der sich zwar nach den verschiedenen
wirtschaftlichen und Besitzverhältnissen in den ein-
zelnen Landesteilen verschieden bestimmt, aber
doch im allgemeinen dahin festzustellen ist, daß
nur solche ländliche Besitzungen darunter fallen,
bei denen der Besitzer selbst die Wirtschaft führt
und mitarbeitet, sei es mit, sei es ohne Gehilfen.
Bezüglich der oberen Grenze dürfen daher Güter,
bei welchen der Besitzer nur die obere Leitung und
Aussicht über die Wirtschaft führt, also im wesent-
lichen mit fremden Arbeitern arbeitet, nicht mehr
unter den Begriff des Rentenguts von mittlerem
Umfang gebracht werden. Nach unten hin sind
dagegen solch kleine Besitzungen, welche nur aus
einem Haus mit vielleicht etwas dazu gehörigem
Gartenland bestehen, nicht mehr zu den Renten-
gütern von kleinerem Umfang zu rechnen. Auch
bei diesen Gütern muß die Grundlage der wirt-
schaftlichen Existenz in dem Rentengut liegen,
ohne daß es dabei darauf ankommt, ob der Be-
sitzer und seine Familienangehörigen ihre ganze
Arbeitskraft ausschließlich auf die Bewirtschaf-
tung des Rentenguts verwenden oder aber be-
hufs vollständiger Beschaffung ihrer Existenzmittel
nebenher auch in der Nachbarschaft Arbeit suchen
müssen. Hierdurch ist indes nicht ausgeschlossen,
daß bei der Errichtung einer Kolonie auch die er-
forderlichen Handwerker (Schmiede, Stellmacher,
Schuhmacher usw. angesetzt und ihnen, auch wenn
sie nur einen geringen Landbesitz erwerben, die
Vorteile des Gesetzes zugewendet werden, da der-
artige Handwerker ein notwendiges Bedürfnis für
die zu bildende Kolonie sind. Lediglich aus Häu-