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dabei 1807 den Kreis Bjelostok, 1809 Finland,
1812 Bessarabien bis zum Pruth und auf dem
Wiener Kongreß das sog. Kongreßpolen als eignes
Königreich. Es belam einen Vizekönig, Senat,
Abgeordnetenkammer, Staatsrat, polnische Sprache
in Verwaltung, Gericht und Heer. Finland be-
hielt als Großfürstentum seine bisherige Verfas-
sung (Senat und ständische Kammer) und unter-
stand einem Staatssekretär. Überhaupt ließ
Alexander I. (180 1/25) den Grenzmarken ihre
eigne Art und dachte auch daran, für Rußland
eine Verfassung zu geben und die Leibeigenschaft
aufzuheben; letzteres kam wenigstens 1816/19 in
den Ostseeprovinzen zustande, im übrigen wurde
die Bauernbefreiung erleichtert. Auf die Verwal-
tung seines Reichs legte Alexander große Sorg-
falt. Er verwandelte die schwerfälligen Kollegien
Peters des Großen in Ministerien nach westeuro-
päischem Muster, gründete zur Vorberatung neuer
Gesetze den Reichsrat, errichtete Universitäten in
Dorpat, Wilna, Petersburg, Charkow und Kasan
und ließ durch Speranskij eine neue Gesetzeskodi-
fikation vorbereiten.
Im Gegensatz zu seinem mystisch-religiös an-
gelegten und melancholischen Bruder war Niko-
laus I. (1825/55) eine tatkräftige absolutistische
Soldatennatur und ein erklärter Feind der Revo-
lution, d. h. freisinniger Grundsätze, die er seinem
Reich fernzuhalten und wo möglich in ganz Europa
zu unterdrücken suchte. Die Zensur wurde streng
gehandhabt, der Verkehr mit dem Ausland durch
den Paßzwang und hohe Gebühren möglichst er-
schwert. Als „8. Abteilung“ der geheimen Kanzlei
wurde eine gut organisierte Geheimpolizei ge-
schaffen, die auch vielen Mißständen abhalf, aber
schon wegen ihres willkürlichen und unkontrollier-
baren Verfahrens verhaßt war. Barbarische Stra-
fen, darunter die schreckliche Verbannung in die
kaiserlichen Bergwerke Sibiriens, verschafften dem
Willen des Zaren unbedingten Gehorsam. Niko-
laus hat der russischen Regierung jenes rücksichts-
lose Uniformierungssystem auf religiösem und
nationalem Gebiet aufgeprägt, unter dem die Nicht-
orthodoxen und Nichtrussen das ganze 19. Jahrh.
zu leiden hatten. Nach Unterdrückung der Revo-
lution in Polen 1830 verlor dieses seine Selb-
ständigkeit und seine Universitäten, wurde als
unzuverlässige Provinz durch starke Besatzungen
niedergehalten und die Katholiken zum orthodoxen
Glauben genötigt. Neben ihnen wurden besonders
die Protestanten in den Ostseeprovinzen schikaniert.
Trotz allem kam das System des Zaren über den
Schein der Ordnung nicht hinaus. Die Justiz
blieb auch nach der Gesetzeskodifikation (1830,
Strafrecht 1845) willkürlich und käuflich. Die
Intelligenz war in die Opposition gedrängt, und
auf dem Boden der allgemeinen Unzufriedenheit
gediehen jene gemeingefährlichen geheimen Gesell-
schaften, welche durch alle Mittel, selbst durch
Mord eine Anderung der bestehenden Staatsord-
nung anstreben (Nihilisten). — Glänzend war
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
Rußland.
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unter Nikolaus I. Rußlands Stellung in der aus-
wärtigen Politik. Ein Krieg mit Persien brachte
ihm 1828 Persisch-Armenien ein, der Krieg gegen
die Türkei 1827/29 im Frieden von Adrianopel
kleinen Gebietszuwachs an der Donau und jen-
seits des Kaukasus und einen verstärkten Einfluß
auf die Staaten der Balkanhalbinsel; die Türkei
kam bald nachher beim Aufstand Mehemed Alis
fast unter russischen Schutz. Als 1848 Rußland
allein von der Revolution unberührt blieb, stieg
das Ansehen des Zaren als des Hortes der Legi-
timität und zugleich seine Uberzeugung von der
Richtigkeit seines Regierungssystems ins Unge-
messene. Bald nachher legte jedoch der von Niko-
laus provozierte Krimkrieg die innere Schwäche
seines Reichs bloß. Im Frieden von Paris,
30. März 1856, mußte Rußland einen Teil von
Bessarabien und die eroberte Festung Kars zurück-
geben, in die Ausschließung seiner Kriegsflotte
aus dem Schwarzen Meer einwilligen und auf
seine Schutzrechte über die christlichen Untertanen
der Türkei verzichten. Waren die materiellen
Verluste somit nicht erheblich, so war doch das
Ansehen des Staats sehr gesunken und die öffent-
liche Meinung, die das bisherige System ver-
urteilte, konnte nicht mehr unterdrückt werden.
Alexander II. (1855/81), ein kluger und wohl-
wollender Herrscher, nahm daher eine vollständige
Reform des Reichs in Angriff. Eine ausgedehnte
Amnestie führte Tausende von Verbannten aus
Sibirien zurück; das Heer wurde reduziert; Schiff-
fahrt, Handel und Gewerbe wurden durch den
Abschluß von Handelsverträgen, durch den Bau
großer Eisenbahnlinien, durch die Eröffnung
neuer Handelswege nach Asien (Schiffahrt auf
dem Kaspischen Meer, Gründung neuer Handels-
stationen) gefördert. Die Presse erhielt größere
Freiheit. Die Verfolgung der Nichtorthodoxen
und Juden wurde gemildert. Die Taxen für Pässe
zu Reisen nach dem Ausland wurden herabgesetzt.
Besonders war aber Alexander II. darauf bedacht,
die Bildung in seinem Reich zu heben (Kultus-
minister Tolstoi, Universitätsordnung 1863). Die
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verwan-
delte den Militärdienst, der bisher in sehr vielen
Fällen eine Strafe war, in ein Ehrenrecht; ein
neues Steuergesetz zog die zahlreiche Klasse der
früher Privilegierten in die Steuerpflicht. Alex-
anders größte Neuerungen waren aber die Auf-
hebung der Leibeigenschaft und die Gerichtsreform.
Die erstere kam durch das Edikt vom 3. März
1861 zustande (in Polen und Transkaukasien
1864, auf den Krondomänen 1866). Die leib-
eignen Dienstboten erhielten damit die Freiheit,
die leibeignen Bauern außerdem ihr Haus und
Zubehör als Privateigentum und Land, letzteres
leider nur als Anteil am Gemeindebesitz, da man
diese in der Zeit der Leibeigenschaft ausgebildete
Einrichtung für altrussisch hielt. Zur Ablösung
gegenüber den Gutsherren (binnen 49 Jahren)
schoß die Regierung das Geld vor, die Gemeinden
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