Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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liche, zwei weltliche Räte, für die alle der Aposto- 
lische Vikar das Vorschlagsrecht hat) ein. Als 
höchste Appellationsinstanz (mit Ausschluß Roms) 
wurde ein „Vikariatsgericht“ geschaffen (Aposto- 
lischer Vikar, zwei geistliche Räte, ein weltlicher 
katholischer Rat, ein juristischer Hilfsarbeiter, und 
für die Ehesachen außerdem noch zwei protestan- 
tische Räte). Das Apostolische Vikariat wurde 
gleichzeitig, analog dem evangelischen Kirchenrat, 
zu einer bloßen besondern Abteilung für Kirchen- 
und Schulsachen unter der Aufsicht des (protestan- 
tischen) Ministeriums erklärt. Für die Oberlausitz 
wurde das „Konsistorium des Kapitels zu Bautzen“ 
(Dekan, drei geistliche Räte, ein weltlicher Justi- 
tiar) mit der kirchlichen Verwaltung und Gerichts- 
barkeit beauftragt, als Appellationsinstanz das 
Vikariatsgericht bestimmt. Die Verfassungsurkunde 
vom 4. Sept. 1831 gewährleistete die geltenden 
Bestimmungen und Einrichtungen; die Errichtung 
neuer Klöster und die Zulassung von Jesuiten oder 
andern geistlichen Orden wurde verboten. (Erst 
seit wenigen Jahren sind einzelne Graue Schwe- 
stern und Borromäerinnen im ganzen an 13 
Orten innerhalb von 8 Städten] zugelassen.) 
Die Staatsgewalt über die Kirchen, die Ober- 
aussicht und das Schutzrecht werden dem König 
als Lus circa sacra zugesprochen. Diese Be- 
fugnis wurde durch Verordnung vom 7. Nov. 
1837 dem Ressort des Kultusministers, der nach 
der Verfassung immer Protestant sein muß, zuge- 
wiesen. Auch Verwaltung und Verwendung des 
Kirchenvermögens ist der Kontrolle des Staats 
unterworfen. Das Gesetz vom 23. Aug. 1876, 
die Ausübung des staatlichen Oberaufsichtsrechte 
über die katholische Kirche betreffend, hält die seit- 
herigen Bestimmungen im wesentlichen fest und 
schließt sich in den Ausführungsbestimmungen an 
die österreichischen Maigesetze von 1874, in Einzel- 
heiten auch an die preußischen Maigesetze an. 
Offentlicher Gottesdienst darf nur in den 57 
Pfarreien, Pfarradministrationen und Exposituren 
(die einem Pfarramt untergeordnet sind) abge- 
halten werden, außerdem in gewissen Zeitabständen 
an weiteren 57 Orten Missionsgottesdienst bzw. 
Religionsunterricht. Schließlich befinden sich noch 
8 Kirchen und Kapellen in Privateigentum. Kirch- 
liche Umzüge sind nur gestattet, wenn sie im Land 
selbst herkömmlich sind. Das landesherrliche Plazet 
ist erforderlich für allgemeine Verfügungen der 
Kirchenbehörde, wenn diese irgendwie in staatliche 
oder bürgerliche Verhältnisse eingreifen, worüber 
die Staatsbehörde zu befinden hat. Eine Ge- 
nehmigung des Ministeriums wird erfordert zur 
Errichtung neuer Kirchen und anderer geistlichen 
Anstalten, Bestimmung oder Veränderung der 
Parochialgrenzen, Einführung von Gottesdienst 
an neuen Stationen, überhaupt für neue geistliche 
Einrichtungen jeder Art, die in irgend einer Hin- 
sicht die staatlichen oder bürgerlichen Verhältnisse 
berühren. Ein (katholisches) geistliches Amt, ob 
öffentlich oder im Privatdienst, ob dauernd, ob 
Sachsen. 
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widerruflich, darf nur einem Deutschen über- 
tragen werden, der ein deutsches Gymnasium ab- 
solviert, drei Jahre an einer deutschen Universität 
studiert und die theologische Amtsprüfung be- 
standen hat. Ausgeschlossen ist, wer an einem 
unter Leitung des Jesuitenordens oder einer diesem 
Orden verwandten religiösen Genossenschaft stehen- 
den Seminare seine Vorbildung erlangt hat. Auch 
darf die Staatsregierung den zu einem geistlichen 
Amt Gewählten zurückweisen, wenn sie annimmt, 
daß er den Staatsgesetzen oder den Anordnungen 
der Obrigkeit entgegenwirken oder den öffentlichen 
Frieden stören werde. Jede Erledigung und jede 
Ernennung ist der Staatsregierung sofort anzu- 
zeigen. Das Apostolische Vikariat zählt (nach der 
Pfarreinteilung vom 5. Febr. 1904) 26 (ein- 
schließlich Sachsen = Altenburg und Reuß: 29) 
„Pfarreien und 7 Exposituren mit 1909: 55 Geist- 
lichen, die Oberlausitz 16 Pfarreien und 2 Expo- 
situren mit 30 Geistlichen. Die Priester empfangen 
ihre Ausbildung vorwiegend in dem sog. Wendi- 
schen Seminar zu Prag. 
Über die evangelisch-lutherische Kirche 
üben, solang der König sich zur katholischen Kirche 
bekennt, die in evangelicis beauftragten Staats- 
minister die landesherrliche Kirchengewalt aus. 
Höchste Kirchenbehörde ist das evangelisch-luthe- 
rische Landeskonsistorium (Gesetz vom 15. April 
1873), für die Lausitz bildet die Bautzener Kreis- 
hauptmannschaft die Konsistorialbehörde. Die 
evangelisch-lutherischen Gemeinden besitzen weit- 
gehende Rechte an der Verwaltung ihrer Ange- 
legenheiten, die Vertretung der gesamten Landes- 
kirche steht der Synode (33 Geistliche, 40 Laien) 
zu (Kirchenvorstands= und Synodalordnung vom 
30. März 1868). Für die reformierte Kirche, 
die zwei Parochien hat, bestehen die reformierten 
Konsistorien in Dresden und Leipzig. 
Die Juden sind nach dem Gesetz vom 18. Mai 
1837 keine vom Staat anerkannte Konfession, 
bilden aber eigne Religionsgemeinden mit den 
Rechten der juristischen Person. Die Verfassung 
der einzelnen Gemeinden unterliegt der Bestätigung 
des Kultusministers. 
Die öffentlichen Volksschulen (Gesetz vom 
23. April 1873) sind sämtlich konfessionell; sie 
gliedern sich in einfache, mittlere und höhere, dazu 
tritt noch die (für Knaben drei Jahre obligatorisch) 
Fortbildungsschule. Die Volksschulen werden 
nicht von den politischen Gemeinden als solchen, 
sondern von innerhalb dieser Gemeinden gebildeten 
Schulgemeinden errichtet und unterhalten. An 
Orten mit konfessionell gemischter Bevölkerung 
dürfen die Angehörigen der konfessionellen Minder- 
heit bei vorhandener Leistungsfähigkeit eine neue 
Schulgemeinde bilden, damit fällt dann die Bei- 
tragspflicht vom Einkommen (nicht vom Grund 
und Boden) für die Schule der konfessionellen 
Mehrheit fort. Besonderer Religionsunterricht an 
die konfessionelle Minderheit wird auf Kosten der 
allein vorhandenen Mehrheitsschulgemeinde nicht 
 
	        
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