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und wurde die Mutter der englischen Königin
Viktoria, die wiederum den zweiten Sohn des
Herzogs Ernst I., den Prinzen Albert, zum Ge-
mahl wählte (1840), der so der Begründer des in
England regierenden Zweigs des coburg-
gothaischen Hauses wurde.
Ernst II. (1844/93) brachte die schon 1842
infolge Finanzfragen entstandenen Mißhelligkeiten
mit den Landständen in Coburg durch ein neues
Wahlgesetz zum Ausgleich. Das Jahr 1848
brachte infolge des liberalen Auftretens des Her-
zogs keine Unruhen. Das gemeinschaftliche Staats-
grundgesetzbuch vom 3. Mai 1852 brachte die
Anfänge einer organischen Vereinigung der beiden
Herzogtümer, es behielt zwar die Einrichtung der
Sonderlandtage und getrennte Finanzrechnung
bei, erklärte jedoch eine Reihe von Angelegenheiten
für gemeinsam, zu deren Beratung sämtliche Mit-
glieder der beiden Landtage zu einem gemeinsamen
Landtag abwechselnd nach Coburg oder Gotha
berufen wurden. Auch die viel Staub aufwirbelnde
Domänenfrage wurde geregelt. Herzog Ernst II.
trat als der Schützer des Nationalvereins auf
und war ein Vorkämpfer der Hegemonie Preu-
ßens, mit dem er 1861 eine Militärkonvention
abschloß. Auf Grund derselben stellte er 1866
sein Militär zur Verfügung Preußens und trat
dem Norddeutschen Bund bei. Als Dank für seine
Haltung überließ ihm Preußen die sog. kurhessi-
schen Forsten im preußischen Kreis Schmalkalden
(ogl. Sp. 859). Durch das Gesetz vom 31. Jan.
1874 wurde die Union noch enger gestaltet, ohne
daß indes eine völlige Realunion erzielt wurde.
Do Ernst II. kinderlos starb (1893), folgte ihm
der englisch erzogene Alfred (Herzog von Edin-
burgh), der zweite Sohn seines Bruders Albert,
des englischen Prinzgemahls. Der einzige Sohn
Alfreds starb 1899; unter Mitwirkung der Lan-
desvertretung wurde die Thronfolge dahin ge-
regelt, daß bei dem Tod Alfreds (der schon 1900
erfolgte), die Regierung auf Karl Eduard, den
Neffen Alfreds und den Sohn des vierten Sohnes
(Herzog von Albany) des Prinzgemahls Albert
überging (der dritte Sohn des Prinzgemahls, der
Herzog von Connaught, verzichtete für sich und seine
Nachkommen auf die Erbfolge). Für Karl Eduard
(geb. 19. Juli 1884) führte bis zur Erlangung
der Großjährigkeit (1905) der Erbprinz zu Hohen-
lohe-Langenburg (Schwiegersohn Herzog Alfreds)
die Regentschaft, der unter anderem mit Hilfe des
Staatsministers Hentig in Gotha die Domänen-=
frage im Sinn der Bevölkerung löste (ogl. Sp. 858 f).
Am 11. Okt. 1905 vermählte sich Herzog Karl
Eduard mit Viktoria Adelheid aus dem Hause
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Der
Ehe sind bisher drei Kinder (zwei Prinzen) ent-
sprossen.
2. Fläche, Bevölkerung. Sachsen-Coburg
und Gotha (1977 qkm) besteht aus zwei durch
einen Teil des Herzogtums Sachsen-Meiningen
und den preußischen Kreis Schleusingen getrennten
Sachsen-Coburg und Gotha.
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Teilen, dem Herzogtum Coburg (562 qkm) und
dem Herzogtum Gotha (1406 qkm). Zu Coburg,
das fränkische Bevölkerung besitzt, gehören drei im
bayrischen Kreis Unterfranken liegende Exklaven
(die größte von ihnen Königsberg), zu Gotha,
dessen Bevölkerung sächsischen Stammes ist, die
von preußischem und Schwarzburger Gebiet um-
schlossenen Exklaven Volkenrode, Nazza, Tras-
dorf, Neuroda und Kettmannshausen. Die Be-
völkerung betrug 1905:242 432, 1855:151000
1816:112000 Seelen. Auf 1 qkm kamen 1905:
123.1, 1871:89,0 Einwohner. Dem Bekenntnis
nach waren 1905:237187 Epvangelische, 3897
Katholiken, 714 Juden; auf 1000 Einwohner
kamen 978.4 (1871:991,1) Protestanten, 16,1
(1871:7,2) Katholiken, 2,9 (1871: 1,2) Juden.
Das Herzogtum Coburg zählt 162 Gemeinden,
darunter 4 Städte, Gotha 188 Gemeinden, dar-
unter 7 Städte. Die Hauptstädte Coburg und
Gotha hatten 1905: 22 488 bzw. 36 947 Ein-
wohner. Von der Gesamtfläche entfallen auf
Ackerland und Gärten 52,9 %, auf Wiesen
10,2% , auf Wald 30,1 %; von Wald sind
58,3 % Staats-, 5.7% Kronen-, 12,4% Ge-
meindeforste. Nach der Berufszählung von 1907
widmeten sich (Berufszugehörige insgesamt) der
Landwirtschaft 59 683, der Industrie 128 231,
Handel und Verkehr 30 134, dem häuslichen
Dienst und wechselnder Lohnarbeit 2474, dem
öffentlichen Dienst und freien Berufen 12220;
ohne Beruf waren 18 361. Gewerblich bedeutend
ist die Fabrikation von Eisen= und Stahlwaren,
Schießwaffen, Meerschaum= und Spielwaren,
Fleischwaren, Porzellan usw.
3. Verfassung, Verwaltung. Die Lan-
desverfassung beruht auf dem Staatsgrundgesetz
für die „Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha“
vom 3. Mai 1852 und dessen Abänderungen in
den Gesetzen vom 31. Jan. 1874, 20. Mai 1876,
8. April 1879 und 14. April 1902. Nach dem
Staatsgrundgesetz bilden die beiden Herzogtümer
„ein unter der Regierung des Herzoglichen Hauses
vereinigtes untrennbares Ganze“, doch sind durch-
aus nicht alle Angelegenheiten gemeinsame (so
z. B. die innere Verwaltung, Kirche, Schule usw.).
Staatsoberhaupt ist der Herzog; er führt, ebenso
der Erbprinz, das Prädikat Hoheit (der zurzeit
regierende Herzog als Mitglied des englischen
Königshauses das Prädikat Königliche Hoheit).
Der Herzog und die Prinzen werden mit 21 Jahren
volljährig. Die Regierung vererbt sich im Mannes-
stamm nach dem Recht der Erstgeburt und der
Linealerbfolge. Eine Zidvilliste besteht nicht (über
die Einkünfte des Herzogs vgl. Sp. 858 #).
Für jedes der beiden Herzogtümer besteht ein
Einzellandtag; alle den Landesvertretungen
zustehende Rechte werden durch die Einzellandtage
ausgeübt, soweit sie nicht ausdrücklich durch die
Verfassung dem gemeinschaftlichen Land-
tag (abwechselnd in Coburg und in Gotha) zu-
gewiesen sind. Der Landtag für Coburg besteht