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vom 19. Juli 1905 (Tag des Regierungsantritts des
Herzogs Karl Eduard) wurde deshalb für Golha
die Domänenfrage so geregelt, daß 46,5% des
Kapitalwerts und 49,8 % des Flächeninhalts der
Gothaer Domänen in das Eigentum des Staats
übergingen, dem damit 27,79 Mill. M Kapital-=
wert und 695.000 M jährliche Rente zufielen. Für
die Verwaltung des herzoglichen Gothaer Haus-
Fideikommisses wurde 1906 die herzogliche Hof-
kammer (mit Behördeneigenschaft) geschaffen. Die
dem Herzog für seine „getreue Bundesgenossen-
schaft“ 1866 vom König von Preußen abgetretenen
sog. kurhessischen Forsten im preußischen Kreis
Schmalkalden bildeten bis 1905 ein coburg= und
gothaisches Domänengut; nach der herzoglichen
Verordnung vom 6. Dez. 1866 erhielt vom jähr-
lichen Reinertrag der Herzog die Hälfte, die
Gothaer und coburgische Staatskasse je ein Viertel.
Durch das Abkommen von 1905 wurden die kur-
hessischen Forsten dem Gothaer Hausfideikommiß
überwiesen.
Die coburg= und gothaischen Truppen bilden
gemeinsam mit denen von Sachsen-Meiningen das
6. thüringische Infanterieregiment Nr 95, das
zur 38. Division des XI. Armeekorps gehört
(Militärkonvention mit Preußen vom 15. Sept.
1873).
Der herzoglich sächsische ernestinische Haus-
orden (gestiftet 1690, 5 Klassen) ist gemeinsam
für Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Altenburg
und Sachsen-Meiningen. Das Wapper besteht
aus 23 Feldern (1 Jülich, 2 Kleve, 3 Berg,
4 Engern, 5 Westfalen, 6 Coburg, 7 Gotha,
8 Meißen, 9 Henneberg und Römhild, 10 Lichten-
berg, 11 Sachsen, 12 Thüringen, 13 Landsberg,
14 Brehna, 15 Orlamünde, 16 Pleißen, 17 Alten-
burg, 18 Eisenberg, 19 Mark, 20 Ravensberg,
21 Ravenstein, 22 Tonna, 23 Regalien) und auf-
gelegtem Sachsenschild mit Rautenkranz. Landes-
farben sind Grün, Weiß.
4. Kirche und Schule. In den beiden evan-
gelischen Landeskirchen übt der Herzog sowohl die
Kirchenhoheit wie auch das fast absolute Kirchen-
regiment aus. In Gotha wurde das Konsistorium
1852, in Coburg 1858 aufgehoben, an Stelle trat
eine Abteilung des Staatsministeriums. Die Her-
stellung einer eignen Landeskirchenbehörde, einer
Landessynode und die Errichtung von Presbyte-
rien wurde seit 1870 wiederholt versucht, scheiterte
aber stets am Widerstand des Herzogs bzw. der
Regierung. Das Herzogtum Gotha besitzt jedoch
seit 1902 einen Kirchengemeinderat.
Die Katholiken des Herzogtums Gotha ge-
hörten vor der Reformation zur Erzdiözese Mainz,
die des Herzogtums Coburg zu Würzburg. Ende
des 18. Jahrh. entstanden in den Städten Gotha
und Coburg wieder katholische Gemeinden mit
eignem Kirchenvorstand, aber ohne ständigen
Geistlichen. Der Staat anerkannte ihre Gemein-
schaft und verlieh ihnen Korporationsrechte, unter-
stellte sie aber gleichzeitig der staatlichen Oberauf-
Sachsen-Coburg und Gotha.
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sicht, führte das Plazet ein usw.; in Gotha geschah
dies durch das Regulativ vom 23. Aug. 1811,
in Coburg durch das Regulativ vom 30. Okt.
1812. Die außerhalb der beiden Gemeinden in
den beiden Herzogtümern zerstreut lebenden Ka-
tholiken wurden 1868 der Gothaer bzw. Coburger
Gemeinde überwiesen (herzogliche Verordnung vom
14. Dez. bzw. 21. Nov. 1868). Die Gothaer
Regierung hatte von Anfang an das Bestreben,
die Katholiken einem benachbarten Bistum anzu-
gliedern. Ein Abkommen (1829) mit der Re-
gierung von Hessen-Kassel betr. die Einverleibung
der gothaischen Katholiken in die Diözese Fulda
gelangte nicht zur Durchführung. Unter Vermitt-
lung der preußischen Regierung wurden durch päpst-
liches Dekret vom 13. Dez. 1853 die Gothaer
Katholiken der Diözese Paderborn überwiesen.
Die Veröffentlichung dieses Dekrets wurde aber
seitens der Landesregierung nicht gestattet, weil
der Bischof von Paderborn die Rechtskraft des
Regulativs von 1811 und das landesherrliche
Majestätsrecht in Kirchensachen nicht anerkannte.
Die Differenz steht heute noch ungelöst da trotz
wiederholter Versuche zu ihrer Beilegung (zuletzt
1899). Das Verhältnis des Bischofs von Pader-
born zu den Gothaer Katholiken ist also nur ein
tatsächliches, nicht ein staatsrechtliches, auch kein
kirchenrechtliches (da die rechtliche Wirksamkeit des
Dekrets von 1851 an dessen Ausführung durch
den Paderborner Bischof geknüpft war). Amts-
handlungen sind dem Bischof nur nach vorher ein-
geholter Genehmigung der Regierung gestattet.
Hinsichtlich der Katholiken des Herzogtums Co-
burg erging auf Bitten des Bamberger Erz-
bischofs das päpstliche Dekret vom 6. Mai 1826;
der Münchener päpstliche Nuntius wurde darin
beauftragt, die Coburger Katholiken der Erzdiözese
Bamberg zu überweisen, der Herzog versagte jedoch
die Zustimmung. Auch in Coburg ist darum das
Verhältnis zwischen dem Erzbischof von Bamberg
und den Katholiken nur ein tatsächliches. Die
Geistlichen leisten seit 1852 an Stelle des alten
Dienst= und Huldigungseides den Eid auf das
Staatsgrundgesetz.
Die Verwaltung des Kirchenvermögens unter-
liegt in Gotha der Superrevision durch den Stadt-
rat. In Gotha zahlt der Herzog zur Kirchenkasse
jährlich 226 M., zum Gehalt des Pfarrers be-
willigt der Landtag seit einigen Jahren jährlich
600 M. In Coburg erhält der Pfarrer einen
staatlichen Zuschuß von 500 M. Die Erhebung
von Kirchensteuern ist in beiden Herzogtümern
unzulässig. Hinsichtlich der Mischehen wurde 1900
der Grundsatz religio sequitur sexum beseitigt
und für beide Herzogtümer bestimmt, daß über das
religiöse Bekenntnis zu bestimmen hat der, dem
die Sorge für das Kind obliegt. „Alle entgegen-
gesetzten Vereinbarungen“ sind ungültig. Die
Mitbenutzung protestantischer Friedhöfe ist den
Katholiken gestattet. Betreffs kirchlicher Orden
gibt es in Gotha keine Bestimmungen, in Coburg