Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Reinertrag erhält die Landeskasse teils Pauschal- 
vergütungen teils einen bestimmten Prozentsatz. 
3. Verfassung und Verwaltung. Das 
„Grundgesetz für die vereinigte landschaftliche Ver- 
fassung des Herzogtums Sachsen-Meiningen“ vom 
23. Aug. 1829 erfuhr Anderungen bzw. Ergän- 
zungen durch das Gesetz vom 20. Juli 1871 
(Domänenvermögen), das Gesetz vom 24. April 
1873 (Abgeordnetenwahl) und das Gesetz vom 
9. März 1896 (Erbfolge; vgl. Sp. 862). Die 
Thronfolge geschieht nach dem Recht der Primo- 
genitur im Mannesstamm. Der Herzog führt den 
Titel Hoheit, ebenso seine direkten Nachkommen 
und der voraussichtliche Regierungsnachfolger. Er 
und die Prinzen werden mit 21 Jahren voll- 
jährig (doch kann der Herzog nach vollendetem 
18. Jahr schon für volljährig erklärt werden). 
Über die Bezüge des Herzogs vgl. Sp. 865. 
Der Landtag (Einkammersystem) besteht aus 
24 auf 6 Jahre direkt und geheim gewählten Ab- 
geordneten, von welchen 16 in den allgemeinen 
Wahlen, 4 von den höchstbesteuerten Grundbe- 
sitzern (mindestens 60 M Grund= oder Gebäude- 
steuer oder aus beiderlei Steuern zusammen), 4 
von den mit einem Einkommen von mindestens 
3000 M zur Einkommensteuer veranlagten Per- 
sonen gewählt werden. Wer zur Wahl in mehreren 
der drei Klassen berechtigt ist, kann sich die Klasse 
wählen. Wahlberechtigt ist unter den allgemeinen 
Beschränkungen jeder männliche Staatsangehörige, 
der das 25. Lebensjahr zurückgelegt, zur Wähl- 
barkeit ist weiter mindestens einjährige Staats- 
angehörigkeit erforderlich. Prinzen, Beamte, Geist- 
liche und Lehrer bedürfen zur Annahme der Wahl 
die Erlaubnis des Herzogs, die aber nur aus über- 
wiegend dienstlichen Gründen versagt werden soll. 
Die in Meiningen wohnenden Abgeordneten er- 
halten 4.80 M Tagegelder, die auswärts Woh- 
nenden 9 X und Reisekosten. Die Präsidenten 
und die beiden Vizepräsidenten (das landschaft- 
liche Direktorium) wählt sich der Landtag selbst. 
Der Herzog beruft den Landtag in der Regel 
jährlich (nach der Verfassung alle drei Jahre und 
wenn erforderlich). Der Landtag wirkt mit bei der 
Gesetzgebung und Feststellung des Staatshaus- 
haltsetats einschließlich des Domänenetats, er hat 
das Steuerbewilligungsrecht, das Recht, Gesetzes- 
vorschläge zu machen, das Recht der Beschwerde 
gegen Staatsbeamte beim Ministerium bzw. der 
Anklage wegen Verfassungsverletzung (beim thü- 
ringischen Oberlandesgericht). Bei Auflösung des 
Landtags sind sofort die Neuwahlen auszuschreiben. 
Im Bundesrat hat Sachsen-Meiningen eine 
Stimme, in den Reichstag entsendet es zwei Ab- 
geordnete. 
Das Staatsministerium (Verordnungen vom 
14. Sept. 1848, 21. Febr. 1870, 8. Okt. 1873) 
zerfällt in fünf Abteilungen: 1) für die Angelegen- 
heiten des herzogl. Hauses und des Außern, 2) für 
die innere Verwaltung, 3) für die Justiz. 4) für die 
Kirchen= und Schulsachen, 5) für die Finanzen. 
Sachsen-Meiningen. 
  
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An der Spitze steht der Staatsminister, der zu- 
gleich Vorstand der Abteilungen 1 und 5 ist. Das 
Gesamtministerium besteht aus dem Staatsmini- 
ster als Vorsitzenden und den Abteilungsvorständen 
(Staatsräten), zu seiner Zuständigkeit gehören u. a. 
alle Gesetze, Verordnungen usw., verschiedene Res- 
sorts berührende Fragen, Entscheidungen auf Re- 
kurse gegen Verfügungen der einzelnen Abteilungs- 
vorstände. Für die innere Verwaltung ist das 
Herzogtum in vier Kreise geteilt (Meiningen, 
Hildburghausen, Sonneberg, Saalfeld). An der 
Spitze der Kreise steht der Landrat. Die Kreise 
sind gleichzeitig Kommunalverbände (Gesetz vom 
15. April 1868; der Kreis Saalfeld umfaßt jedoch 
zwei Kreisgemeinden, die des engeren Kreises 
Saalfeld und die Kreisabteilung der Exklave 
Camburg) und werden vertreten durch den auf 
3 Jahre gewählten Kreisausschuß; der Landrat 
ist zwar dessen Vorsitzender, doch steht ihm in 
kommunalen Sachen kein Stimmrecht zu. Der 
Kreisausschuß wirkt auch beratend und beschließend 
in manchen Sachen der allgemeinen Landesver- 
waltung mit. Die Verhältnisse der Gemeinden 
sind im wesentlichen für Stadt= und Landgemein- 
den gleichmäßig geregelt (Gemeindeordnung vom 
16. März 1897). Das Gemeinderecht ist nicht 
auf die Staatsangehörigen beschränkt, sondern es 
sind alle Reichsangehörigen, die in der Gemeinde 
ihren Wohnsitz haben, einen bestimmten Steuersatz 
entrichten usw. zugelassen. Die Vertretung der Ge- 
meinde ist der auf 6 Jahre in geheimer Abstimmung 
gewählte Gemeinderat (6 bis 24 Mitglieder, ein 
Drittel scheidet alle zwei Jahre aus). Nach der 
Höhe des Jahressteuersatzes können einem Stimm- 
berechtigten bis zu zehn Stimmen zustehen. Bürger, 
die sich der Abstimmung enthalten haben, können, 
wenn dadurch das Zustandekommen der Wahl 
verhindert wurde (geschieht, wenn weniger als die 
Hälfte der Bürger ihre Stimmen abgeben), bei 
Ordnungsstrafe für einen andern Wahltermin vor- 
geladen werden. Der Gemeindevorstand (in ein- 
zelnen Städten Magistrat, in den übrigen Bürger- 
meisteramt) ist nirgends kollegial organisiert. Nur 
in den Landgemeinden hat der Gemeindevor- 
stand und sein Stellvertreter Stimmrecht im Ge- 
meinderat. 
Zum gemeinschaftlichen Landgericht in Mei- 
ningen (Staatsverträge von 1878, 1897 und 
27. Nov. 1903) gehören 11 sächsisch-meiningische 
Amtsgerichte (ferner 5 preußische und 5 von 
Sachsen-Coburg), zum gemeinschaftlichen Land- 
gericht Rudolstadt (Staatsverträge von 1878, 
1898 und 27. Nov. 1903) 4 meiningische Amts- 
gerichte (ferner 2 preußische, 7 von Schwarzburg- 
Rudolstadt). Oberlandesgericht ist das gemein- 
schaftliche thüringische Oberlandesgericht in Jena. 
Über die Schwurgerichtsbezirke vgl. Art. Sachsen- 
Weimar-Eisenach (Sp. 873). Die Verwaltungs- 
gerichtsbarkeit (Gesetz vom 15. März 1897) wird 
ausgeübt von den Kreisverwaltungsgerichten 
(Landrat, zwei Beisitzer aus dem Kreisausschuß),
	        
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