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waren 1641 noch drei am Leben (Wilhelm,
Albert, Ernst); diese nahmen 1641 eine neue
Teilung vor, in die (jüngere) weimarische, die
eisenachische und gothaische Linie. Die eisenachische
Linie (Albert) starb schon 1645 aus, ihre Be-
sitzungen wurden zwischen der weimarischen und
gothaischen Linie geteilt, ebenso die 1660 an-
gefallenen hennebergischen Besitzungen und 1672
die altenburgischen Besitzungen (einschließlich Co-
burg). Seitdem bestehen im ernestinischen Hause
zwei Hauptlinien, die weimarische Linie, deren
Stifter Herzog Wilhelm (71 1662) ist, und die
gothaische Liie, deren Stifter Ernst der
Fromme ist (vgl. d. Art. Sachsen-Coburg und
Gotha).
In Weimar nahmen die Söhne Herzog Wil-
helms 1672 schon wieder eine Landesteilung vor,
aus der eine weimarische, eine eisenachische, eine
jenaische und eine Linie Marksuhl hervorgingen;
Marksuhl starb schon 1668, Jena 1690 aus,
Eisenach 1741. Die Besitzungen sämtlicher drei
Linien fielen an Weimar zurück, wo Ernst August I.
durch Testament vom 4. Aug. 1717 (vom Kaiser
1724 bestätigt) die Primogeniturordnung ein-
geführt hatte; seit dem Heimfall Eisenachs (1741)
nannte er sich Herzog von Sachsen-Weimar-
Eisenach. Auf Ernst August I. (7 1748) folgte
sein Sohn Ernst August II. (1 1758). Dessen
Witwe Amalia, eine Prinzessin von Braun-
schweig, war für ihren minderjährigen Sohn
Karl August (1758/1828) Regentin bis 1775;
Karl August erhob Weimar zur Musenstadt und
geistigen Zentrale Deutschlands (Goethe, Schiller,
Wieland, Herder). Nach den Schlachten von Jena
und Auerstädt trat er dem Rheinbund bei (15. Dez.
1806), nach der Schlacht bei Leipzig ging er zu
den Verbündeten über. Auf Grund der Wiener
Kongreßakte und der Verträge mit Preußen vom
1. Juni und 22. Sept. 1815 trat Preußen an
Sachsen-Weimar verschiedene Gebiete ab, Teile
des ehemaligen Fürstentums Fulda (Eisenacher
Oberland) und verschiedene an oder in der Nähe
der weimarischen Grenzen gelegene Gebiete (den
heutigen Neustädter Kreis, die Herrschaften Blanken-
hain und Niederkranichenfeld, das Amt Tauten-
burg, die Ordenskommenden Zwätzen, Lehesten
und Liebstädt und mehrere Ortschaften), im Ge-
samtumfang von 1750 qkm mit 77000 Ein-
wohnern. Zu diesen Erwerbungen kam 1821
noch das Amt Oldisleben gegen eine Geldentschä-
digung an die gothaischen Linien. Am 31. April
1815 nahm Karl August den Titel „Großher-
zog von Sachsen-Weimar-Eisenach" an. Bis
zum Jahr 1809 hatten besondere Ständeversamm-
lungen für den weimarischen, eisenachischen und
jenaischen Landesteil bestanden, die jedoch ohne
allen Einfluß gewesen waren. Im Jahr 1809
erhielt das Land eine gemeinsame ständische Ver-
fassung, die drei Körperschaften der Prälaten, der
Ritterschaft und der Städte wurden aufgehoben,
eine Landschaftsdeputation von 12 Abgeordneten
Sachsen-Weimar-Eisenach.
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(6 Gutsbesitzern, 5 Vertretern der Städte, 1 Ver-
treter der Universität Jena) eingerichtet und das
Land in drei Kreise (Weimar, Jena, Eisenach)
geteilt. Im Jahr 1816 (5. Mai) wurde eine
konstitutionelle Verfassung (die erste in Deutsch-
land) gegeben, die allerdings noch eine Mischung
altständischer und modern repräsentativer Elemente
war. Die Volksvertretung bestand aus einer
Kammer, in welche Rittergutsbesitzer, Städte und
Bauern je 10, die Universität 1 Abgeordneten
wählte. Nur mit Mühe rettete der Großherzog
diese neue Verfassung gegenüber den Karlsbader
Beschlüssen. Als Kontingent zum Deutschen Bund
stellte das Großherzogtum 2010 Mann in 2 Ba-
taillonen Linieninfanterie. Es hatte auf dem
Bundestag (mit den andern ernestinischen Landen)
die 12. Stelle, im Plenum eine Stimme. Auf
Karl August folgte sein Sohn Karl Friedrich
(1828/53); er trat 1834 dem Zollverein bei,
änderte infolge der Bewegungen von 1848 die
Verfassung durch das Grundgesetz vom 15. Okt.
1850 und das Wahlgesetz von 1852 und refor-
mierte Gerichtswesen und Steuerverwaltung,
Kirchen= und Schulwesen. Ihm folgte sein Sohn
Karl Alexander (1853/1901). Die 1848
vollzogene Vereinigung der Domänen mit dem
Staatsgut wurde 1854 infolge Protestes der
Agnaten des großherzoglichen Hauses wieder auf-
gehoben (bgl. Sp. 873). In der schleswig-hol-
steinschen Frage stand Weimar mit Nachdruck auf
seiten des Augustenburgers, 1866 aber auf der
Seite Preußens und erklärte (5. Juliö seinen Aus-
tritt aus dem Deutschen Bund. Am 18. Aug.
trat es dem Norddeutschen Bund bei. Das Wahl-
gesetz wurde 1874 und 1896 umgestaltet, Kunst
und Wissenschaft und der materielle Wohlstand
des Lands wesentlich gefördert, die Verwaltung
ausgebaut. Auf Karl Alexander folgte 1901 sein
Enkel Wilhelm Ernst (geb. 1876), der sich
1910 in zweiter Ehe mit Karola Feodora von
Sachsen-Meiningen vermählte. Die erste Ehe
(mit Karoline Prinzessin Reuß ä. L., 1 1905)
war kinderlos. 1909 wurde ein neues Landtags-
wahlgesetz geschaffen.
2. Fläche, Bevölkerung. Das Großherzog-
tum hat einen Flächeninhalt von 3610,96 qkm;
es besteht aus drei voneinander getrennten Ge-
bieten, dem weimarischen Kreis (rund 1760 qkm),
dem Eisenacher Kreis (1200 qkm), dem Neu-
städter Kreis (620 qkm) und 13 Exklaven. Zum
weimarischen Kreis gehören das Amt Allstedt
und der Flecken Oldisleben (beide südlich vom
Harz), das Amt Ilmenau und zwei Dörfer, zum
Eisenacher Kreis das Amt Ostheim (im bayrischen
Gebiet), das Dorf Seebach und die Zillbacher
Forsten, zum Neustädter Kreis fünf Dörfer. Die Be-
völkerung betrug 1905:388095, 1855;:264000,
1816s:193 000 Seelen. Auf 1qkm kamen 1905:
107,5, 1871:79,2 Einwohner. Dem Bekenntnis
nach waren 1905:367 789 Evangelische, 18049
Katholiken, 1421 Juden; auf 1000 Einwohner
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