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lungen der Exekutive zu billigen oder zu miß-
billigen, zu beschließen, ob Mitglieder der Re-
gierung in Anklagezustand zu versetzen sind usw.
Die Gesetzesinitiative steht wie dem Kongreß auch
der Exekutive und in gerichtlichen Angelegenheiten
auch dem obersten Gerichtshof zu.
Die Exekutivgewalt hat der Präsident in
Verbindung mit den Staatssekretären. Der Präsi-
dent muß Dominikaner von Geburt und über
30 Jahre alt sein; die Wahl erfolgt indirekt auf
6 Jahre. Hat bei der Wahl keiner der Kandidaten
die Majorität der Stimmen für sich, so trifft der
Kongreß die Wahl unter den 3 Bewerbern, welche
die höchste Stimmenzahl erreicht haben. Zu gleicher
Zeit und in gleicher Weise erfolgt die Wahl eines
Vizepräsidenten. Beide können nach Ablauf ihres
Amtstermins wieder gewählt werden. Wenn Prä-
sident und Vizepräsident zu gleicher Zeit fehlen,
so ist der Rat der Staatssekretäre als Exekutive
tätig; er muß dann innerhalb 48 Stunden die
Wahlkörper einberufen. Für die Erledigung der
Verwaltungsgeschäfte stehen dem Präsidenten
7 Staatssekretäre zur Seite, die Dominikaner
von Geburt und 25 Jahre alt sein müssen. Alle
Amtshandlungen der Exekutive müssen von dem
betreffenden verantwortlichen Staatssekretär gegen-
gezeichnet werden. Für die Verwaltung ist das
Land in 6 Provinzen und 6 Seedistrikte einge-
teilt, die unter einem von der Exekutive ernannten
Zivil= und Militärgouverneur stehen. Von diesen
werden die lokalen Obrigkeiten (in den Gemeinden
Präfekten, in den Kantonen Subpräfekten) er-
nannt; in den Städten gibt es gewählte Stadt-
räte mit zweijähriger Amtsdauer. — Für die
Rechtspflege besteht ein oberster Gerichtshof
mit 1 Präsidenten und 4 Richtern, die vom Kon-
greß gewählt werden, und einem Generalproku-
rator (ministro fiscal), der von der Exekutive
ernannt wird; die Wahl bzw. Ernennung erfolgt
auf 4 Jahre, kann aber immer erneuert werden.
Das Gebiet der Republik ist in 12 Gerichts-
bezirke eingeteilt, jeder mit einem Zivil= und
Kriminalgericht und einem Gericht erster Instanz;
die Bezirke zerfallen wieder in Kommuney, jede
mit einem Lokalrichter (Alkalde), einem Sekretär
und einem Alguacil. Als zweite Instanz fun-
gieren die 2 Appellhöfe in der Hauptstadt und in
Santiago de los Caballeros.
Die Religion des Staats ist die römisch-
katholische; andere Konfessionen sind geduldet und
können in ihren Gotteshäusern ausgeübt werden.
Kirchlich bildet das Gebiet der Republik die Erz-
diözese Santo Domingo, der als Suffraganat
Porto Rico untersteht. Bei einer Sedisvakanz hat
der Kongreß der Exekutive die Namen von 3 ge-
eigneten Priestern, die Bürger von Santo Domingo
sein und sich in der Republik aufhalten müssen,
mitzuteilen, damit sie dem Heiligen Stuhl unter-
breitet werden können. Die Verkündigung von
päpstlichen Bullen und Breven kann nur mit dem
Plazet der Exekutivgewalt erfolgen, sofern sie nicht
Santo Domingo.
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im Widerspruch mit der Verfassung, den Gesetzen
und Vorrechten der Nation oder der derzeitigen
Rechtspflege stehen. — Der Elementarunter-
richt ist unentgeltlich und obligatorisch und fällt
den (vom Staat Unterstützung genießenden) Ge-
meinden zur Last. Die staatlichen Schulen (an
300) sind elementare, höhere und technische Schulen,
1 Lehrerseminar, 1 Gewerbeschule und 1 Schule
für Künste und Wissenschaften; von den privaten
Schulen ist die bedeutendste das Priesterseminar.
Die Truppen, die nach einem Gesetzentwurf
von 1901 neu geordnet wurden und aus aktiven
Truppenteilen und Nationalmiliz bestehen sollen
(2 Regionen mit je 1 Armeekorps zu 2 Divisionen,
jede zu 2 Brigaden), sind hauptsächlich in den
Provinzhauptstädten aufgestellt. Die Regierung
hat etwa 1300 Mann unter Sold stehen. Die
Marine zählt 1 Schraubenboot („Indepen-
dencia“, 350 Tonnen, 7 Geschütze) und 4 Zoll-
kutter mit je 2 Schnellfeuergeschützen.
Die Flagge ist durch ein liegendes weißes
Kreuz, dessen Mitte ein von Zweigen umgebenes,
die Bibel mit dem Kreuz sowie Fahnen und
Waffen zeigendes Emblem einnimmt, in 4 Felder
geteilt, von denen das obere am Flaggstock und
das diagonal liegende blau, die beiden andern rot
sind; die Handelsflagge ist ebenso, doch ohne
Mittelschild; Landesfarben sind Blau, Rot, Weiß.
4. Wirtschaftliche Verhältnisse. Die
wirtschaftliche Entwicklung befindet sich wegen der
politischen Ruhe der letzten Jahre in aufsteigender
Linie. Die Hauptprodukte des fruchtbaren Lan-
des, von dem an ⅝ anbaufähig wären, sind
Kakao, Zucker, Tabak, Bananen, Kaffee, Baum-
wolle, Agaven, Orangen usw.; die Kaffeekultur
hat in der letzten Zeit sich sehr ausgedehnt. Seit
1905 wird Staatsland zu günstigen Bedingungen
an Private abgegeben. Die Wälder sind reich an
wertvollen Hölzern (Mahagoni-, Eben-, Blau-,
Gelbholz usw.), können aber wegen ungenügender
Verkehrswege wenig ausgenutzt werden. Die wich-
tigsten vorkommenden Mineralien sind Gold,
Silber, Eisen= und Kupfererz, Braunkohle, Salz
und Petroleum, doch wird bisher nur Gold in
erheblichem Umfang, hauptsächlich Flußgold, ge-
wonnen. Mit der Land= und Forstwirtschaft
hängen auch die bedeutenderen Industriezweige
zusammen: Fabrikation von Zucker, Tabak, Zi-
garren, Strohhüten, Seife, Zündhölzchen und
Schokolade, Sägewerke, Strumpfwirkerei usw.
Der Wert der Einfuhr (Baumwoll-, Eisen- und
Stahlwaren, Lebensmittel) betrug 1908 21,5,
die Ausfuhr 39,8 Mill. M (Kakao 17,9, Zucker
13, Tabakblätter 4,1, Kaffee 1,4, Bananen 0,98
Mill.); von jener kamen 56 % aus den Ver-
einigten Staaten, 17 % aus Deutschland, 15%
aus Großbritannien, von dieser gingen 45 %
nach Deutschland, 44 % nach den Vereinigten
Staaten, 9 % nach Frankreich. Im auswärtigen
Handel liefen 1907 772 Schiffe mit 840 256
Tonnen ein. 1908 kamen 57 % der Einfuhr