Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Konstantinopel bemächtigten. Seine Verdienste 
als Dichter wurden schon früh durch Ernennung 
zum Mitglied der Gesellschaft der niederländischen 
Literatur zu Leiden anerkannt. Bei der Krönung 
der jugendlichen Königin Wilhelmine verfaßte er 
die offizielle Krönungskantate. 
Als Redner hatte Schaepman in den Nieder- 
landen nicht seinesgleichen. Mit derselben Meister- 
schaft sprach er in Holland in holländischer, in 
Deutschland in deutscher, in Frankreich in französi- 
scher Sprache. Seine bedeutendste Rede war wohl 
diejenige, welche er am 16. Nov. 1888 auf den 
irischen Agitator Daniel O'Connell hielt, mit 
welchem er auch in der äußeren Erscheinung manche 
Ahrlichkeit hatte. Wie der große Ire, war Schaep- 
man von ungemein stattlicher Gestalt mit einem 
mächtigen Kopf und breiten Schultern. Zu Schaep- 
mans glänzendsten oratorischen Leistungen ge- 
hörten auch die von ihm in der holländischen 
Protestversammlung gegen die Einnahme von 
Rom durch die Italiener sowie die bei der Ein- 
weihung des Denkmals Coens, des Gründers von 
Batavia, in Hoorn gehaltene Rede. Der hollän- 
dische Schriftsteller Frederik Baron van Hogendorp 
gibt von der rednerischen Eigenart Schaepmans 
folgende drastische Schilderung: „.. Niemand, 
der den Redner auf dem Katheder Platz nehmen 
sah, konnte sich des Gedankens erwehren, daß 
dieser schwarzgekleidete Herr zu einem Kriegsmann 
wie geschaffen war, und daß er vielleicht allein 
darum nicht in vollem Waffenschmuck vor der 
Front erschien, weil das niederländische Heer keine 
schwarze Kavallerie mehr kennt, und der starke 
Mann nur in dieser Waffengattung an seinem 
Platz gewesen wäre. In seinen Augen flammten 
Befehle; seine Stimme hatte den Klang eines 
Kommandos, seine Gebärden waren Hiebe mit 
dem Reitersäbel. Trotz des klerikalen Schnitts 
sitzt ihm sein Rock wie ein Küraß. Und wenn er 
einen Ausfall auf den Feind unternahm, dann 
tat er wie die Paladine in der Légende des 
Sièles und riß Bäume aus der Erde, um sich 
ihrer als Keulen zu bedienen. Mit der Gewalt 
seines Schlages würde er einen Stier gefällt 
haben. Man möge mir verzeihen, daß ich meine 
Bilder den Dichtern entnehme, denn ich finde 
nichts Passendes für diesen Gulliver in der täg- 
lichen Prosa.“ Der Haupteindruck, den van Hogen- 
dorp von Schaepman empfängt, ist der der Kraft. 
„Ich verlasse ihn“, so heißt es am Schluß, „mit 
der Genugtuung und der glücklichen Empfindung, 
daß er mir in dieser Zeit der Blutarmut und 
Nervosität einen Mann gezeigt hat, der noch 
Blut in den Adern hat.“ Von Schaepmans 
rednerischer Begabung und seinem Einfluß auf 
die Zweite Kammer konnte man sagen, was der 
junge Disraeli einst von Sir Robert Peel sagte: 
Nenpisyel upon the House like upon a 
. 
Das Ziel, welches sich Schaepman in seiner 
öffentlichen Tätigkeit stellte, war die politische 
Schaepman. 
  
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Organisation der holländischen Katho- 
liken. Früher und klarer als die meisten seiner 
Glaubensgenossen erkannte er, daß in unsern 
modernen Verfassungsstaaten die öffentliche Rechts- 
stellung der katholischen Kirche und selbst die pri- 
vate Freiheit der Religionsübung des katholischen 
Volksteils auf die Dauer nur durch den Zu- 
sammenschluß der Katholiken auf dem Boden des 
Parlaments mit Erfolg verteidigt bzw. vor Be- 
einträchtigung geschützt werden kann. Die kirchen- 
politische Lage in den meisten Staaten, wie er sie 
bei seinem Eintritt in die Kammer vorfand, schil- 
derte er treffend dahin: „Überall wütet der Kampf 
gegen die Kirche, hier öffentlich, dort im ge- 
heimen; überall ist der volle Ausbruch nahe. 
Überall warten die Katholiken, nach Gruppen und 
Persönlichkeiten geteilt, zersplittert, getrennt und 
voneinander entfernt den Streit ab. Die Ver- 
einigung im Himmel ist wohl aller höchstes Ziel 
und liebster Wunsch; aber hier auf Erden genügt 
es ihnen, zu wissen, daß sie dasselbe Credo be- 
kennen; es zusammen auszusprechen, halten sie 
nicht für notwendig. Jeder hat hier seine Dynastie, 
seine Meinung, seine Berechnung, seine Idee, 
wn Politik, seine Anschauungs= und Handlungs- 
weise.“ 
Es erregte gewaltiges Aufsehen, als mit Schaep- 
man im Jahr 1880 der erste katholische Geistliche 
in die holländische Kammer eintrat, da die Ver- 
fassung von 1848 im Amt befindliche Diener 
einer Kirche von der Teilnahme an parlamentari- 
scher Tätigkeit ausschloß (erst 1887 wurde diese 
Bestimmung förmlich aufgehoben). Schaepman 
wußte sich aber bald eine starke Position zu schaffen. 
Seine ungewöhnliche Rednergabe, seine Sachlich- 
keit und nicht zum wenigsten sein Humor machten 
ihn bei allen Parteien beliebt. Was ihm vor 
allem zugut kam, war, daß niemand ihm nieder- 
ländische Art und niederländischen Patriotismus 
abstreiten konnte. Das kam bei seinem Ableben 
in der gesamten Presse zum Ausdruck, welche seinen 
Tod als einen Verlust für ganz Niederland be- 
zeichnete. Ebenso bei den seinem Andenken ge- 
widmeten Verhandlungen der Zweiten Kammer. 
Der (protestantische) Vorsitzende sagte unter an- 
derem: „Sein Andenken wird in seinem Vater- 
land, das er so lieb hatte, weiter leben, und vor 
allem in diesem Parlament, wo er durch seine 
Fähigkeiten, seine große Vaterlandsliebe, seine 
hinreißende Beredsamkeit, seine Prinzipientreue 
und besonders durch seinen Charakter sich einen so 
hervorragenden Platz erworben hat, auch bei dem 
Gegner, den er zu schätzen wußte.“ Nachdem 
dann der Abgeordnete Kolkman als Freund 
Schaepmans das Wort ergriffen hatte, sprach im 
Namen der Liberalen der Deputierte Mees. „Daß 
der Tod eines Gegners mitunter ebenso hart trifft 
wie der eines Geistesverwandten, hat sich hier 
gezeigt. Dr Schaepman war ein Mann von her- 
vorragenden Geistesgaben, ein merkwürdiger Mann. 
Es hat Fragen gegeben, in denen er freier dachte
	        
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