Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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und bekam von Napoleon den Fürstentitel. Das 
junge Fürstentum erhielt 1816 eine ständische 
Verfassung. Nach Auflösung des Rheinbunds 
schloß sich der Fürst dem Deutschen Bund, 
1837 dem braunschweigisch-oldenburgischen Zoll- 
und Steuerverband, 1854 dem deutschen Zoll- 
verein an. Das Jahr 1848 brachte eine Weiter- 
bildung der ständischen Verfassung durch Einfüh- 
rung direkter Wahlen. Georg Wilhelm starb 
1860. Sein Sohn und Nachfolger Adolf Georg 
(geb. 1817) entschied sich 1866 für den öster- 
reichischen Mobilisierungsantrag und sandte die 
fürstlichen Truppen nach Mainz, trat aber 
29. Juni aus dem Deutschen Bund aus und er- 
klärte sich für Preußen und schloß sich 18. Aug. 
dem Norddeutschen Bund an. Im Jahr 1868 er- 
hielt das Land eine neue Verfassung. Auf Fürst 
Adolf (gest. 1893) folgte sein Sohn Georg (geb. 
10. Okt. 1846), der seit 1882 mit Marie Anna, 
Prinzessin von Sachsen-Altenburg (geb. 1864), 
vermählt ist; der Ehe sind 6 Söhne und 1 Tochter 
entsprossen (Erbprinz Adolf, geb. 23. Febr. 1883). 
Über den lippischen Thronfolgestreit s. d. Art. Lippe. 
2. Fläche, Bevölkerung. Das Fürsten- 
tum Schaumburg-Lippe wird von den preußischen 
Provinzen Westfalen, Hannover und Hessen- 
Nassau (preuß. Grafschaft Schaumburg) um- 
schlossen; es umfaßt 340,3 qkm und zählte 1905 
44 992 Einwohner;z es ist der Bevölkerung nach der 
kleinste deutsche Bundesstaat, hinsichtlich der Fläche 
stehen noch hinter ihm Reuß ä. L., Lübeck und 
Bremen. Die Bevölkerung zählte rund 1816: 
26 000, 1855: 300000, 1905: 45.000 Seelen. 
Auf 1 qkm kamen 1905: 132,2, 1871: 91,5 
Einw. Dem Bekenntnis nach waren 1905:43 888 
Evangelische, 653 Katholiken, 246 Juden; auf 
1000 Einw. kamen 975 (1871: 973) Protestan- 
ten, 15 (1871: 12) Katholiken, 5 (1871: 11) 
Juden. Das Fürstentum zählt 2 Städte (die 
Hauptstadt Bückeburg 5 683 Einw., Stadthagen 
6687 Einw.), 2 Flecken und 88 Ortschaften. 
Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland 
und Gärten 48.,3% , auf Wiesen 12,3%, auf 
Wald 20,3% (davon 94% Kron-, 6% Privat- 
forsten), auf Weiden 5,4% . Nach der Berufs- 
zählung von 1907 widmeten sich (Berufszugehö- 
rige insgesamt) der Landwirtschaft 25,7% (1882 
noch 35% 1895: 28,4% ), Industrie und Berg- 
bau 48,9% , Handel und Verkehr 11,6 % der Be- 
völkerung. 
3. Verfassung und Verwaltung. Die 
Verfassung des Fürstentums beruht auf dem Ge- 
setz vom 17. Nov. 1868. Die Regierung ist nach 
der Erstgeburt und der Linealfolge erblich im 
Mannesstamm. Bei dessen Erlöschen folgt die 
weibliche Linie. Der Fürst und sämtliche Prinzen 
werden mit Abschluß des 21. Jahrs volljährig. 
Eine frühere Großjährigkeitserklärung ist zu- 
lässig. Sämtliche Mitglieder des Fürstenhauses 
führen das Prädikat „Hochfürstliche Durchlaucht". 
Schaumburg-Lippe. 
  
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setzgebung übt der Fürst unter Mitwirkung des 
Landtags aus. Dieser besteht aus 15 Mitgliedern. 
nämlich: 1) aus zwei durch landesherrliches Ver- 
trauen für die jedesmalige Legislaturperiode be- 
rufenen Vertretern des Dominialgrundbesitzes; 
2) aus einem gewählten Vertreter des inländischen 
ritterschaftlichen Grundbesitzes; 3) aus einem von 
den vozierten Predigern des Landes (einschließlich 
der beiden katholischen Geistlichen) gewählten Ver- 
treter; 4) aus einem von den eine amtliche Stellung 
einnehmenden Juristen, Medizinern und studierten 
Schulmännern des Landes, einschließlich der zur 
Praxis zugelassenen Anwälte, Arzte und der exami- 
nierten Privatlehrer gewählten Vertreter; 5) aus 
drei gewählten Vertretern der Stadtgemeinden, 
und zwar zwei der Stadt Bückeburg und einen 
der Stadt Stadthagen; 6) aus drei gewählten 
Vertretern des Kreises Bückeburg und vier Ver- 
tretern des Kreises Stadthagen. Die Vorschriften 
für die Wahl der Volksvertreter enthält das 
Wahlgesetz vom 22. März 1906. Die Wahl er- 
folgt auf 6 Jahre. Staatsdiener bedürfen zum 
Eintritt in den Landtag keines Urlaubs. Die Ab- 
geordneten erhalten 6 MI Tagegelder. Ein ordent- 
licher Landtag wird jedes Jahr, meist Anfang 
Februar, abgehalten. Der Landtag hat neben dem 
Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung das 
Recht der Mitwirkung bei Feststellung des Staats- 
haushalts bzw. das Recht der Kontrolle über die 
Verwaltung der Landesfinanzen. Er hat ferner 
das Recht der Vorstellung bzw. Beschwerdeführung 
beim Ministerium und eventuell beim Landesherrn 
über Mißstände in der Verwaltung, das Recht 
über die bei ihm eingehenden Petitionen von Kor- 
porationen oder einzelnen in Verbindung mit 
dem Ministerium zu treten, endlich bei Zustim- 
mung von drei Viertel der in beschlußfähiger An- 
zahl anwesenden Mitglieder das Recht der Anklage 
gegen die verantwortlichen Regierungsmitglieder 
(Gesetz vom 2. Jan. 1849). Für die Zwischen- 
zeit von einer Tagung zur andern wird für ge- 
wisse Befugnisse ein Landtagsausschuß (3 Mit- 
glieder) gewählt. 
Im Bundesrat hat das Land eine Stimme, in 
den Reichstag sendet es einen Abgeordneten. 
Oberste Verwaltungsbehörde ist das Fürstliche 
Ministerium, das aus einem Vorsitzenden mit dem 
Titel Staatsminister und zwei vortragenden Räten 
besteht (Kollegialbehörde). Ihm sind untergeordnet 
zwei Landratsämter (Kreise), an deren Spitze ein 
Landrat steht. Oberste Kirchenbehörde ist das 
Konsistorium, der Vorsitzende und die Mitglieder 
Oie ein geistliches und weltliches) werden vom Lan- 
desherrn ernannt. Für die Angelegenheiten des 
fürstlichen Hauses (Vermögensverwaltung usw.) 
besteht die Hofkammer. Selbstverwaltungskörper 
sind die beiden Städte (Gesetz vom 13. Juni 
1906) und die Landgemeinden (Gesetz vom 
7. April 1870). Es bestehen zwei Amtsgerichte 
und ein Landgericht. Als Oberlandesgericht ist 
Eine Zivilliste bezieht der Fürst nicht. Die Ge-'seit 1909 (Staatsvertrag vom 24./25. Febr.
	        
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