Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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ders in den Orten der Teppichknüpfereien und 
Webereien vertreten, die Kattundruckerei (Hand- 
druck) in Ispahan, Jesd, Schiras, Hamadan. Zu 
erwähnen sind noch die Hutmacherei, die Gerberei 
(in ganz Persien, am besten in Hamadan), die 
lederverarbeitenden Gewerbe, die Gold- und 
Silberschmiedekunst (Ispahan, Täbris, Teheran, 
Schiras usw.), die Herstellung von Stahlarbeiten, 
Waffen (Schiras, Ispahan), von Kupfer= und 
Zinkgußarbeiten, Emaille= und Lackmalereien (Is- 
pahan, Hamadan), Wasserpfeifen usw. 
Der Handel Persiens leidet unter dem Mangel 
an Wegen, der Unsicherheit der politischen Ver- 
hältnisse und der geringen wirtschaftlichen Entwick- 
lung des Landes. Die Einfuhr betrug 1908/09 
(Rechnungsjahr von März zu März) 137,2, die 
Ausfuhr 120,7 Mill. Jk. Den ersten Platz im 
Außenhandel nimmt Rußland ein (66,2 Mill. 
Einfuhr, 85,02 Ausfuhr), an zweiter Stelle Groß- 
britannien (37,2 und 64,5), dann folgen In- 
dien (17,8 und 6,1), die Türkei (4,37 und 13,8), 
Frankreich (4,68 und 17,32), Italien (0,4 und 
2,34), China (0,12 und 2,48), Deutschland (2,14 
und 0,2), Asghanistan, Osterreich usp. Von den 
Einfuhrartikeln stehen an der Spitze Baumwoll- 
gewebe (47,62 Mill. M), Zucker (33,93), Tee (8,1), 
Silber und Gold in Barren (8,03), Baumwoll= 
garn (2,7), Wollgewebe (2,4), Reis, Zündhölzer, 
Schußwaffen, Eisen und Stahl, Naphtha, Ge- 
würze usw., von den Ausfuhrwaren Früchte 
(17,28 Mill.k), rohe Baumwolle (15,69), wollene 
Teppiche und Decken (14,6), Gold= und Silber- 
münzen (13,9), Reis (10,6), Fische (7,1) und 
Fischkonserven (0,81), Opium (5,3), Seiden- 
kokons, Florettseide und Seidenabfälle (4,22), 
Häute (3,88), rohe Wolle (3.,85), Gummi (3,81), 
lebende Tiere (2,89), reinseidene Gewebe (1,52), 
Rohseide, Drogen usw. 
Der Verkehr im Land ist im allgemeinen auf 
die von Karawanen ausgetretenen Wege ange- 
wiesen, die mit wenigen Ausnahmen für Güter- 
wagen unbrauchbar sind; der Gütertransport er- 
folgt daher fast ganz mit Hilfe von Saumtieren und 
Kamelen. Die wichtigsten Straßen, die ihre Ent- 
stehung zum Teil den handelspolitischen Interessen 
Rußlands und Englands verdanken, sind die von 
Teheran ausgehenden Straßen nach Dschulfa 
(über Täbris), Meschhed, Buschehr (über Schiras), 
Hamadan-Kermanschah und Schuster, die von 
Meschhed nach Benderabbas (über Kerman), As- 
chabad und Quetta, die Straße Ahwas-Ispahan 
(Lynchstraße). Von Eisenbahnen bestehen nur 
13 km. Der Schiffsverkehr im Persischen Golf 
wurde bis zur Einführung des persisch-arabischen 
Dienstes der Hamburg-Amerika-Linie fast aus- 
schließlich von britischen Schiffen besorgt; 1908/09 
liefen in den Häfen des Golfes 2291 Fahrzeuge 
(1329 Segelschiffe) mit 1259 640 Registertonnen 
ein (davon 57 deutsche Dampfer mit 122264 
R.-T.), in Mohammera am Schatt-el-Arab 873 
mit 234 385 R.-T.). Von den Flüssen Persiens 
Persien. 
  
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ist nur der Karun bis Schuster schiffbar. Im 
Kaspischen Meer fahren nur russische Schiffe; in 
den persischen Häfen (bedeutendster Enseli) liefen 
1907/08 703 Dampfer und 506 Segelschiffe mit 
590 948 Tonnen Gehalt ein. 
Die Post wird durch Reiter, auf den wenigen 
Straßen durch Fuhrwerke befördert; es bestehen 
an 140 Bureaus. Seit 1878 gehört Persien dem 
Weltpostverein an. Die Mehrzahl der heute be- 
stehenden Telegraphenlinien (130 Bureaus, 
10 670 km Linienlänge) wurde von England 
gebaut wegen der Verbindung mit Indien, einige 
auch von Rußland. 
Die Staatsfinanzen sind gegenwärtig 
und wohl auf Jahre hinaus in trostlosem Zu- 
stand; Schuld an der völligen Zerrüttung trägt 
vor allem das frühere absolute Regiment mit seiner 
Verquickung der Staatsausgaben und des persön- 
lichen Aufwands des Schahs, seiner mangelhaften 
Kontrolle über Einnahmen und Ausgaben der 
Provinzen, seinem Unwesen der Pensionen, die 
an zahlreiche Prinzen, Beamte, Offiziere, Geist- 
liche usw. verliehen wurden und meist noch erblich 
waren, seiner ungerechten Verteilung der Steuer- 
last, die die Bauern in unverhältnismäßiger Weise 
drückte u. dgl. Die Verfassung sieht eine gleich- 
mäßigere Verteilung der Steuern vor und schafft 
jedes Steuerprivileg ab; das Maß der Besteue- 
rung wird jedes Jahr durch das Parlament fest- 
gestellt. Nur die gesetzlich vorgeschriebenen Landes-, 
Provinzial-, Unterprovinzial-, Kreis= oder Lokal- 
steuern dürfen vom Volk erhoben werden. Die 
Prüfung und Sichtung der Rechnungen der Steuer- 
verwaltung wie der gesamten Rechnungen des 
Staatsschatzes ist Aufgabe des Rechnungshofes, 
der eine Gesamtabrechnung dem Parlament vor- 
zulegen hat; seine Mitglieder werden vom Par- 
lament in gesetzlich bestimmten Zwischenräumen 
erneuert. Die Aufstellung eines Budgets ist in 
den letzten Jahren noch nicht möglich geworden. 
Die Einkünfte fließen hauptsächlich aus den direkten 
Steuern, den Zöllen, den Abgaben für Post und 
Telegraphen, aus Pachtgeldern, Konzessionen für 
Fischerei-, Bergwerksrechte usp. Die Staats- 
schuld besteht aus zwei russischen 5prozentigen 
Goldanleihen von 22,5 und 10 Mill. Rubeln, 
wofür ein großer Teil der Zolleinnahmen ver- 
pfändet werden mußte. Um der gegenwärtigen 
Geldnot abzuhelfen, sind Unterhandlungen mit 
Rußland und Großbritannien über eine neue An- 
leihe im Werk; der Versuch, eine äußere Anleihe 
mit ihren drückenden Bedingungen durch eine 
innere Anleihe zu vermeiden, ist nach den letzten 
Nachrichten gescheitert. Die Gründung einer Na- 
tionalbank (Konzessionsurkunde vom Febr. 1907), 
an die alle Staatseinnahmen abzuführen wären, 
durch die alle Staatsausgaben bewirkt werden 
sollen und die nach Ablauf oder Ablösung der 
Konzession der Imperial Bank allein das Recht 
der Notenausgabe, das Recht Eisenbahnen zu 
bauen, auf herrenlosem Boden nach Metallen zu
	        
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