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Erörterungen und Belehrungen sowie sonst wert-
volle Erläuterungen. Hierzu bemerkt er auf S. iu
des Vorworts: „Das wertvollste uns aus dem
Altertum erhaltene nautische Dokument ist die Be-
schreibung der Seereise und des Schiffbruchs des
Apostels Paulus. Jeder Seemann sieht auf
den ersten Blick, daß sie nur von einem
Augenzeugen verfaßt sein kann.“
Die Agypter haben wohl die ersten größeren
Flußschiffe auf die See hinausgeführt. Die Phö-
nizier haben sich im Schiffbau und in der
Schiffahrt, im Handel und in den Kolonien weit
vor allen damaligen Völkern hervorgetan. Durch
ihren Verkehr mit Griechenland wurden auch
dort die Schiffahrt und Seemacht zur hohen Blüte
gebracht. Die Römer hatten trotz der vielfach
großen politischen Erfolge zur See wenig Interesse
für die Schiffahrt. Im Jahr 429 n. Chr. wurden
in der Seeherrschaft über das Mittelmeer die
Römer von den Vandalen, diese von den By-
zantinern, dann Arabern abgelöst. Vom
8. Jahrh. ab hielten die Städte Genua, Pisa und
Venedig die Seeherrschaft. An den nordischen
Küsten entwickelten sich die Normannen
(Wickinger), die ohne Kompasse und Seekarten
ihre Küstenfahrten bis nach Island, Grönland
und dem nordamerikanischen Festland ausdehnten.
Portugal hat sich vornehmlich durch den Prinzen
Heinrich den Seefahrer große Verdienste um die
Seefahrkunst und die Schiffahrt erworben. Hein-
rich war die Triebfeder für die Unternehmungs-
lust der späteren Entdecker und damit für die Ver-
legung des Schwerpunkts des Handels auf das
Weltmeer. Kolumbus ist aus seiner Schule her-
vorgegangen. Bei Heinrichs Tod (1460) war
das kleine Portugal eine blühende Kolonialmacht
und bald eine Weltmacht, die sich mit Spanien in
das Weltreich teilte. Spaniens Macht wurde
durch die Entdeckung Amerikas (1492) wirtschaft-
lich bedeutend vergrößert. Portugal und Spanien
hatten aber keine genügende Seemacht. Ohne
dauernd starke Flotte zum Schutz der Schiffahrt
können jedoch Weltreiche nicht bestehen. Die
Macht beider Staaten ging deshalb zugrunde,
als England und Holland ihre Schiffahrt
entwickelten und zur Seeherrschaft gelangten. Die
Holländer förderten früh ihre Schiffahrt. Sie
haben auch die Hansa bis zur Untätigkeit gelähmt.
Normannen und Araber und später die Religions-
kriege verhinderten Frankreich an der Ent-
wicklung des Seehandels. Erst im 17. Jahrh.
begann dessen Seewesen an Bedeutung zu ge-
winnen und ist später zur Blüte gelangt.
Dänemark und Skandinavien waren
zur Zeit der Normannen wohl die berühmtesten
Seefahrer. Während der Seegeltung der Hansa
verloren sie an Bedeutung. Nach dem Niedergang
dieser haben sie die Schiffahrt wieder zur Blüte
gebracht. Rußlands Seemacht wurde im Krieg
mit Japan gebrochen und seine Schiffahrt stark
niedergedrückt. Hingegen hat Japan seinen Sieg
Schiffahrt.
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über Rußland ausgenutzt. Kaum je zuvor hat es
eine Nation verstanden, dem Sieg der Waffen
auch eine ungeahnte Entwicklung ihrer Industrie
so schnell folgen zu lassen. Japans Schiffahrt ist
stark im Aufblühen begriffen. In Osterreich ist
seit dem spanischen Erbfolgekrieg (1701/14) die
Schiffahrt gepflegt und trotz ungünstiger geogra-
phischer Lage auf der Höhe erhalten worden. Die
Anfänge von Englands Schiffahrt reichen in die
Zeit des dritten Kreuzzugs (1189) zurück. Durch
besondere Pflege der Schiffahrt, durch seine günstige
geographische Lage hat es im Lauf der Jahrhunderte
trotz häufiger großer und erbitterter Kriegemitvielen
Gegnern seine jetzige Weltmachtstellung errungen
und behauptet. Seine Flotte beherrscht die Welt.
Lange Zeit war der ganze Welthandel und See-
verkehr von England abhängig, hauptsächlich durch
seine die Konkurrenz ausschließende rücksichtslose
Gesetzgebung. Die Vereinigten Staaten
von Amerika haben seit ihrer Unabhängigkeit
(1783) der Schiffahrt obgelegen. Ihre Seemacht
ist bedeutend, ihr Seehandel blühend geworden.
Die Schiffahrt der deutschen Stämme war
ursprünglich nicht bedeutend. Später wurde die
Hansa gegründet, die eine ausgezeichnete Schiff-
fahrt und Seemacht besaß (val. d. Art. Marine-
wesen Bd III, Sp. 984 ff). Mit dem Untergang
der Hansa ging auch die deutsche Schiffahrt zu-
grunde. Der Große Kurfürst (1640/88) war zwar
bemüht, Schiffahrt und Handel zu heben; doch
blieb dies ohne Erfolg. Nur Hamburg und Bre-
men behaupteten von jeher ihren Seehandel auf
einem — nach den damaligen Verhällnissen —
ansehnlichen Stand. Beide haben trotz widriger
politischer und wirtschaftlicher Verhältnisse dem
Deutschen Reich den Anteil an dem Welthandel
und an der Großschiffahrt gerettet. Beide haben
wesentlich dazu beigetragen, daß sich auf ihrer
Weltstellung Deutschlands Seegeltung und Han-
delsmacht direkt aufgebaut haben. An dem Auf-
schwung der norddeutschen Schiffahrt haben auch
die Ostseehäfen, zeitweise sogar in hervorragendem
Maß teilgenommen. Seit dem Übergang zum
Dampsschiffahrtsbetrieb und zu festen Linien für
die Großschiffahrt sind die Ostseehäfen jedoch zu-
rückgeblieben. Durch die vereinigte Organisation
sind die beiden großen Nordseehäfen Hamburg
und Bremen ganz in den Vordergrund getreten
und haben ihren Platz glänzend behauptet. Der
politische Aufschwung des neuen Deutschen Reichs
hatte eine äußerst wohltätige Wirkung auf die
Schiffahrt. Er hat der deutschen Handelsflagge
Geltung verschafft und ihr neue weite Bahnen ge-
wiesen. Es wurden neue regelmäßige Dampfer-
linien nach den verschiedensten überseeischen Häfen
errichtet. Der deutsche Handel ist Welthandel ge-
worden. Der Seeverkehr und die Schiffahrt haben
einen nie geahnten Aufschwung genommen.
Wie Hamburg und Bremen an diesem Auf-
schwung und an der Größe und Bedeutung den
allerersten Platz einnehmen, so in diesen die zwei