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Ol (Masud), von dem die Naphtha viele Teile
enthält, zur Feuerung von Dampfkesseln sehr ge-
eignet ist, hat man in der Kriegsmarine vielfach
auch dieses eingeführt. In der Handelsmarine
werden Versuche angestellt. Die Verwendung bietet
erhebliche Raumersparnis und ermöglicht eine
längere Fahrt ohne Unterbrechung. Durch die
ausgezeichneten Fortschritte der Technik im Schiff-
bau sind im Lauf der Zeit die Dampfer nach Ge-
wicht, Umfang, Schnelligkeit, Bequemlichkeit und
Ausstatiung auf eine hervorragende Höhe gebracht
worden. Auch hier stehen Hamburg und Bremen
mit der Hamburg-Amerika-Linie und dem Lloyd
in der Welt in den vordersten Reihen.
Einen Begriff von der Größe der neuen Dampfer
Mmögen einige Beispiele geben. Es haben die Damp-
fer: Mauretania (Cunard Line) 31 938 Br.=
R.-T.; Georg Washington (Norddeutscher
Lloyd) 213 m lang, 24 m breit, 15 m tief, mit
525 Mann Besatzung, 25 570 Br.-R.-T.; Kai-
serin Auguste Viktoria (Hamburg-Amerika=
Linie) 206 m lang, 24 m breit, 15 m tief, mit
564 Mann Besatzung, 24 580 Br.-R.-T. Im Bau
befinden sich: Olympicund Titania (White
Star Line) zu je 45.000 t, 259 m lang und 28 m
breit; 1 Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie
zu 50 000 t, 268 m lang, 29 m breit.
Am 1. Jan. 1910 hatte Deutschland einen Be-
stand von 4658 Schiffen mit 2859 300 Netto-R.-T.
und 73500 Mann Besatzung. Davon sind 2708
Segelschiffe und Seeleichter (Schleppschiffe) mit
509750 t und 14100 Mann, und 1950 Dampfer
mit 1349550 t und 59 400 Mann Besatzung.
England (einschließlich Kolonien) besaß am
1. Jan. 1909: 20 996 Schiffe mit 11 5220000 t,
davon 11 591 Dampfschiffe mit 10 133.000 t, und
Frankreich 17 376 Schiffe mit 1452 500 t, davon
1608 Dampfschiffe mit 804 300 t.
In neuerer Zeit werden verschiedentlich auch
große Segelschiffe gebaut. So besitzt z. B. die Ham-
burger Reederei F. Laeisz zwei Fünfmaster zu
5081 und 4026 Br.-R.-T., Preußen und Potosi,
die beiden größten und schnellsten Segelschiffe der
Welt. Anfang Nov. 1910 ist leider Preußen nach
einem Zusammenstoß mit einem Dampfer in schwe-
rem Sturm unweit Dover auf Strand geraten.
Schiffsvermessung. Ein wichtiges Kenn-
zeichen für ein Schiff ist seine Größe. Die Aus-
messung der Größe nennt man die Schiffsvermes-
sung. Die Aufsicht über das Schiffsvermessungs-
wesen führen in Deutschland seit 1. Aug. 1888
die Schiffsvermessungs= und Ausfertigungsbehör-
den, die sich wiederum auch besonderer Institute
bedienen. An der Spitze des Vermessungswesens
steht das Schiffsvermessungsamt in Berlin. Die
Vorschriften sind in der Schiffsvermessungsord-
nung enthalten (Art. 54 der Reichsverfassung).
Man unterscheidet Brutto-, Netto= und Sueskanal=
tonnage, Deplacement und Tragfähigkeit und bei
Vergnügungsfahrzeugen die Jachtvermessung.
Brutto= und Rettoregistertonnagen treten am
meisten in die Erscheinung. Jeder Reeder will vor
allem die Rettotonnage möglichst niedrig angeben,
da diese meistens die Grundlage für die Erhebung
Schiffahrt.
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verschiedener Hafenabgaben bildet. Die Brutto-
tonnage bezeichnet den gesamten Innenraum des
Schiffes mit Deckbauten. Nach Abzug der Kohlen-,
Kessel-, Maschinen-und Wohnräume der Besatzung
ergibt sich die Nettotonnage. Das Deplacement ist
das Gewicht, das der zu Wasser gelassene Schiffs-
körper verdrängt. Sueskanaltonnage bezeichnet
die Schiffsgröße, die nach dem Vermessungsver-
fahren die Sueskanalgesellschaft festgestellt hat.
Die Tragfähigkeit hat fast ausschließlich für
den Reeder und Kaufmann Interesse, da danach
die Fracht für alle Schwergutladungen bezahlt wird.
In England wurde 1890 die Tiefladelinie,
die Bezeichnung des größten einem Schiff zu
gebenden Tiefgangs, eingeführt. Auch die deut-
chen Reeder haben sie angenommen. Zurzeit
schweben Verhandlungen über eine gesetzliche Reg-
ung der Tiefladelinie.
Für die vermessenen Schiffe werden von den
Behörden Meßbriefe ausgestellt.
Die deutschen Kauffahrteischiffe haben nach dem
Gesetz über das Flaggenrecht die Reichsflagge
als Nationalflagge zu führen. Für die zur Füh-
rung dieser Flagge befugten Schiffe sind von den
Registerbehörden (Amtsgerichten) Schiffs-
register zu führen. Über die Eintragung in das
Register sind Schiffszertifikate auszustellen, wo-
durch das Recht zur Führung der Reichsflagge
nachgewiesen wird.
über den Schiffbau besteht keine staatliche Auf-
sicht. Diese liegt in den Händen einiger großer
Schiffsklassifizierungsinstitute. Unter
ihnen sind British Lloyd in London, Bureau Veri-
tas in Brüssel und Hamburg, Germanischer Lloyd
in Berlin besonders zu erwähnen. Diese Institute
schreiben vor, welche Stärken bei gewissen Schiffs-
größen der Kiel, die Spanten, die Decksbalken,
die Wandungen usw. haben müssen, damit die
Schiffe gewisse Klassen erhalten oder überhaupt
klassifiziert werden können. Die Klassifizierung
bildet die Grundlage für die Versicherung.
Schiffbau. Die Schiffahrt ruft den Schiff-
bau hervor. Jeder Staat ist bestrebt, den eignen
Schiffbau zu fördern. Dies geschieht durch
Bau= und Fahrprämien, durch Zollerleichterun-
gen und Zollbefreiungen bei der Einfuhr von
Baumaterialien, durch Verbot der Ausfuhr von
Schiffbauholz, durch Begünstigung der Hafen-,
Leuchtfeuer= usw. Abgaben. In weit höherem
Maß als bei den Kriegsschiffen sind in der letzten
Zeit im Schiffbau die Abmessungen der Handels-
dampfer gewachsen. Hierdurch sollen betriebstech-
nische und wirtschaftliche Vorteile erzielt werden.
Denn bei den größeren Schiffen steigen die Un-
kosten (Kohlen, Personal, Verzinsung) nicht in
dem gleichen Maß wie die Leistungsfähigkeit. Der
Bau großer Schiffe hängt bis zu einem gewissen
Grad weniger von technischen als von kaufmän-
nischen und wirtschaftlichen Rücksichten ab. Wie
oben gezeigt ist, steht auch im Schiffbau Deutsch-
land mit an erster Stelle.