Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Kinder zu schützen, beruht auf den angebornen 
Rechten der Kinder selbst. 
Die Rechte, welche eine Persönlichkeit besitzen 
kann, sind nun entweder von der Art, daß sie mit 
und in der Persönlichkeit von selbst gesetzt sind, so 
daß sie von der Person gar nicht trennbar sind, 
oder sie sind von der Art, daß sie von einer Person 
erst durch irgend eine rechtmäßige Handlung ge- 
wonnen werden können — angeborne und er- 
worbene Rechte. Die letzteren setzen die ersteren 
voraus, d. h. die angebornen Rechte sind früher 
als die erworbenen, wie die Person als solche früher 
ist als der Akt der Rechtserwerbung von seiten 
der Person. 
2. Das erste angeborne Recht, das 
eigentliche Urrecht des Menschen, ist das Recht, 
von allen als Person, als rechtsfähiges Wesen 
anerkannt und behandelt zu werden (Recht auf 
Persönlichkeit). Ist nämlich der Mensch wesentlich 
Person, dann muß er auch das Recht haben, als 
Person zu leben, und niemand kann berechtigt 
sein, ihn als bloße Sache zu betrachten und zu 
behandeln. Auch die Gesellschaft hat kein Recht, 
den einzelnen Menschen bloß als ihr Organ zu 
betrachten und zu behandeln; auch sie hat seine 
Persönlichkeit unter allen Umständen zu achten 
und darf nie an derselben rühren. 
Dieses Urrecht des Menschen auf Persönlichkeit 
wird aufgehoben durch die Sklaverei. Der 
Sklave gilt nicht als Person, sondern als bloße 
Sache (mancipium). Er gehört zum Sacheigen- 
tum des Herrn, ist ein Inventarstück im Hausrat 
des letzteren, wie ein Pferd oder ein anderes Haus- 
tier. Und wie jedes andere Inventarstück durch 
die Erwerbstitel des Kaufs, der Schenkung, der 
Erbfolge usw. in das Eigentum des Herrn über- 
geht, so wird es auch mit dem Sklaven gehalten. 
Er wird gekauft, verkauft, verschenkt, vererbt. Wie 
es endlich im Belieben des Herrn liegt, mit seinem 
Sacheigentum zu verfahren, wie er will, so kann 
auch der Herr den Sklaven behandeln, wie es ihm 
beliebt; dieser hat jenem gegenüber kein Recht, 
und jener hat ihm gegenüber keine Pflicht. So 
wurde wenigstens im Altertum der Sklave ge- 
dacht. Mit dem Urrecht auf Persönlichkeit fielen 
auch alle anderweitigen Rechte; der Sklave war 
rechtlos. 
Wir treffen das Institut der Sklaverei nicht 
bloß bei kulturlosen Völkern, sondern auch in dem 
hochgebildeten römischen Reich. Die heidnischen 
Religionen und der Islam haben sich damit ab- 
gefunden und dasselbe sanktioniert. Auch die an- 
tike Philosophie hatte dagegen nichts einzuwenden. 
Und doch liegt das Urrecht des Menschen der Ver- 
nunft so nahe, daß es unbegreiflich erscheinen 
muß, wie dasselbe für die Sklaven gar keine An- 
wendung finden konnte. Erst das Christentum 
hat Hand angelegt an dieses furchtbare Institut 
und hat den Sklaven das angeborne Recht auf 
Persönlichkeit wieder zurückgegeben. Durch das 
Christentum wurde das Institut der Sklaverei erst 
Person. 
  
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innerlich, im Prinzip gebrochen. Mit dem 
christlichen Prinzip, daß vor Gott kein Unterschied 
besteht zwischen Sklaven und Freien, daß die christ- 
liche Liebe allen, auch den Sklaven, sich zuwenden 
müsse. konnte das andere Prinzip, daß der Sklave 
rechtlos und eine bloße Sache sei, nicht mehr zu- 
sammen bestehen. Außerlich freilich konnte das 
Institut der Sklaverei erst allmählich beseitigt 
werden. Es war mit der antik heidnischen Gesell- 
schaftsordnung derart innerlich verwachsen, daß 
eine plötzliche Freierklärung aller Sklaven gleich- 
bedeutend gewesen wäre mit dem Umsturz der 
ganzen bestehenden Gesellschaftsordnung. Erst als 
im Laufe der Zeit der christliche Geist in der Ge- 
sellschaft mehr und mehr erstarkte, gelang es auch, 
das Institut der Sklaverei in seinem äußern Be- 
stand allmählich zu beseitigen. 
3. Weitere angeborne Rechte sind das Recht 
auf persönliche Freiheit und das Recht auf per- 
sönliche Gleichheit. Das Recht auf persönliche 
Freiheit ist das Recht auf Selbständigkeit in 
Bezug auf das eigne persönliche Tun und Lassen. 
Gerade darin offenbart sich ja die Persönlichkeit, 
daß ein persönliches Wesen nach eignem Ermessen 
über sein Tun und Lassen verfügt, während ein 
unpersönliches Wesen der Willkür eines andern 
anheimgegeben ist. Ist also der Mensch ein per- 
sönliches Wesen, so muß er auch das Recht haben, 
nach eignem Ermessen über sein Tun und Lassen 
zu verfügen, so daß er in dieser Beziehung nicht 
der Willkür anderer anheimgegeben ist. Widrigen- 
falls würde er wiederum zur bloßen Sache herab- 
sinken. Freilich darf aber diese persönliche Frei- 
heit, worauf der Mensch als Person ein Recht 
hat, nicht als eine absolute, als eine unbeschränkte 
betrachtet werden. Sie ist vielmehr wesentlich be- 
schränkt vor allem durch die Gesetze der göttlichen 
und menschlichen Ordnung, unter welchen der 
Mensch steht, denen zu gehorchen er verpflichtet ist. 
Auch durch das soziale Zusammenleben der Men- 
schen wird die persönliche Freiheit eingeengt. Soll 
nämlich ein solches Zusammenleben möglich sein, 
so ist der einzelne in seinem persönlichen Tun und 
Lassen durch gar viele Rücksichten gebunden, über 
welche er sich nicht hinwegsetzen darf. Ubrigens 
kann und darf der Mensch seine persönliche Frei- 
heit erst dann zur Geltung bringen, wenn er zu 
einer derartigen geistigen Reife gediehen ist, daß 
er sich vernünftig zu leiten vermag. Im Stand 
der Unreife, der Unmündigkeit, oder wenn er gar 
nicht im Gebrauch seiner Vernunft stünde, würde 
ihm der freie Gebrauch des Rechts auf persön- 
sönliche Freiheit vielmehr zum Schaden als zum 
Nutzen gereichen, während jedes Recht wesentlich 
für ihn den Charakter eines Gutes hat, daher auch 
sein Bestes fördern muß. 
Unter dem Recht auf persönliche Gleichheit 
versteht man das Recht des Menschen, sich als 
menschliche Persönlichkeit mit allen übrigen Men- 
schen auf gleiche Stufe zu stellen und von allen 
als in dieser Beziehung ihnen gleichstehend be-
	        
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